Pov. Julian
Tatsächlich gingen die letzten Ferientage schneller vorbei als gedacht, und bald war auch schon der letzte Sonntag der Ferien angebrochen.
Gerade, als ich morgens zum Briefkasten ging, um die Post zu holen, sah ich Marco und Leonie durch die Einfahrt auf mich zukommen.
„Hey", begrüssten mich die Beiden, was ich erwiederte.
„Wir wollten dich nur kurz fragen, ob du morgen mit uns zur Schule fahren willst.", begründete Marco schliesslich ihre Anwesenheit.
„Gerne.", antwortete ich lächelnd.
Auch auf Leonies Gesicht war ein fröhliches lächeln zu sehen, während sie mir den Ablauf des Morgens erklärte: „Wir hohlen dich um sieben hier ab, dann können wir um zehn nach den Bus nehmen, okay?"
Ich nickte, bevor mir noch etwas einfiel: „Ist es okay, wenn mein Bruder Jannis auch mitkommt?", diesmal antwortete wieder Marco: „Klar, Eric kommt auch mit."
„Eric ist sein Bruder.", warf Leonie dazwischen, bevor Marco weitersprechen konnte: „Dann kann er sich gleich um ihn kümmern, schliesslich sind sie in der gleichen Klasse."
Wieder nickte ich und bedankte mich bei den Beiden, bevor wir uns schliesslich mit einem: „Bis morgen!", voneinander verabschiedeten.
Gut gelaunt lief ich mit der Post in der Hand wieder nach drinnen.
So verging auch dieser Tag, obwohl wir nicht wirklich viel machten, ziemlich schnell vorbei und bald war auch schon wieder Abend geworden.
Während ich nach dem Abendessen schliesslich Schreibzeug und einen Block - mehr Material hatte ich für die neue Schule noch nicht - einpackte, klopfte es an meiner Tür.
„Ja?"
Jannis betrat das Zimmer.
Er wirkte leicht blass, als er sich auf mein Bett sinken liess, und mir dabei zusah, wie ich den Reissverschluss meiner Schulstasche zu machte und mich schliesslich neben ihn setzte.
„Jannis? Alles gut."
Er nickte zwar, trotzdem wusste er aber, dass ich genau sehen konnte, um zu wissen wie viele Sorgen er sich während des ersten Schultags machte.
„Jannis, wenn Marcos Bruder genau so nett ist wie er selbst, dann hast du doch wenigstens schonmal eine Person, mit der du dich unterhalten kannst, bis du die Anderen einigermassen kennst."
„Ich weiss.", seufzte Jannis, „trotzdem, bin ich nervös."
Ich legte ihm einen Arm auf die Schulter: „Ich auch, aber das wird schon, glaub mir.", mir war völlig bewusst, dass meine Worte nicht sonderlich überzeugt klangen, und auch nicht wirklich aufmunternd waren, trotzdem schien Jannis sich wieder etwas zu entspannen.
Seine Nervosität war relativ ungewöhnlich, normalerweise war er die Ruhe in Person, wenn jeder Andere in seiner Situation schon längst völlig durchdrehen würde vor Aufregung.
„Können wir uns morgen zum Mittagessen treffen?", fragte Jannis schliesslich nach einiger Zeit.
Lächelnd nickte ich.
„Klar, wenn du willst."
Eine knappe halbe Stunde sassen wir noch nebeneinander auf meinem Bett und diskutierten über unseren ersten Schultag an der neuen Schule, bevor wir schliesslich beide beschlossen ins Bett zu gehen.
Bevor ich aber wirklich schlafen wollte, griff ich nach meinen Handy.
Auswendig tippte ich Kais Nummer ein und hielt mir das Mobiltelefon ans Ohr.
„Ja?", ertönte Kais Stimme nach einigen regelmässigen Piep Geräuschen.
„Hallo Kai.", nachdem ich Kais Stimme gehört hatte, fühlte ich mich sogleich unglaublich wohl und geborgen.
Wie an jedem, der letzten Abende erzählten wir uns gegenseitig, wie unser Tag war, bevor wir schliesslich auf den morgigen Tag zu sprechen kamen.
„Es wird mega komisch sein in der Schule ohne dich."
„Hmm", machte ich nur, bevor Kai weiter sprach.
„Ich meine es war schon seltsam, wenn du mal krank warst, aber jetzt, wo ich weiss, dass wir nie wieder gemeinsam zur Schule gehen werden.", der Wehmütige Unterton, der in seiner Stimme mitschwang machte mich fertig.
„Och Kai, du hast doch immer noch Mitch und Sam."
„Ich weiss, ich sollte mich eigentlich nicht beschweren, trotzdem wirst du morgen fehlen."
„Können wir nicht mal wieder über etwas schönes reden? Dass wir nur ständig darüber diskutieren wie sehr wir uns vermissen, macht es doch nur noch schlimmer.", Kai seufzte.
„Du hast ja recht Jule. Sprechen wir besser übers nächste Wochenende wenn du mich besuchen komnst."
Ein Lächeln breitete sich auf meinem Gesicht aus, als ich daran dachte, dass ich in weniger als einer Woche schon wieder bei Kai sein werde.
„Ja, das ist ein besseres Thema.", bestätigte ich.
Wir hatten im vorhinein bereits beschlossen, dass ich Samstagmorgen mit dem Zug zu ihm fahren würde.
Am selben Tag wollten wir uns mit Sam und Mitch treffen um mit ihnen etwas zu unternehmen.
Schliesslich würde ich bei Kai übernachten und Kai und ich den Sonntag schliesslich zu zweit verbringen, bevor ich schlussendlich Sonntagabend wieder nach Hause fahren würde.
„Habt ihr euch denn schon etwas überlegt, was wir Samstag machen wollen?", fragte ich.
„Nee, bisher nicht aber wir werden dich aufjedenfall erst fragen, ob du damit einverstanden bist."
Es war seltsam zu wissen, dass Mitch, Kai und Sam sich weiterhin täglich sahen und alles, was wir normalerweise ganz selbstverständlich zu viert gemacht hatten, jetzt zu dritt weiterführten.
Ohne mich.
Ich kuschelte mich an das Kissen, welches ich von Kai geschenkt bekommen hatte, während dieser das Thema wechselte und mir von einem Film zu erzählen begann, den er unbedingt mit mir schauen wollte.
Hätte mich irgendwer gefragt, um was genau es in Kais Erzählung gegangen war, hätte ich kaum was davon wiederholen können.
Denn statt Kais Worte wirklich wahrzunehmen lauschte ich mit geschlossenen Augen einfach nur dem Klang seiner Stimme und stellte mir vor, er würde direkt neben mir liegen.
„Julian, hörst du mir überhaupt zu?!", fragte Kai nach einiger Zeit.
„Ehm n-natürlich.", stotterte ich in der Hoffnung, dass er mir zuvor keine Frage gestellt hatte, die ich nicht mitbekommen und deshalb ignoriert hatte.
„Natürlich.", wiederholte Kai lachend, „wie konnte ich auch etwas anderes Denken?"
Auch ich begann etwas beschämt zu lachen.
„Ich glaube wir sollten langsam mal schlafen gehen.", fügte er immer noch lachend hinzu, nachdem er mein Gähnen gehört hatte.
„Mhm.", bestätigte ich seine Aussage und kuschelte mich tiefer in mein Kissen.
„Erzähl mir morgen auf jeden Fall von der neuen Schule."
„Mach ich. Gute Nacht Kai."
„Schlaf gut, ich liebe dich."
„Ich liebe dich auch Kai.", mit diesen Worten legte ich mein Handy weg.
Lächelnd zog ich meine Decke über mich und genoss die warme Weichheit meines Betts, während ich langsam in den Schlaf sank.
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Vielen Dank für bereits mehr als 9'000 Reads. 🥰
Ich hoffe das Kapitel hat euch, obwohl im Moment nicht wirklich viel passiert, gefallen.
Das nächste, mit dem ersten Schultag, wird wieder etwas ereignisreicher werden.
Danke fürs Lesen, ich hoffe es hat euch trotzdem gefallen. 🧡
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Bravertz~Why is it so hard to say?
FanfictionWarum muss immer alles so kompliziert sein? Obwohl der 16 jährige Julian weiss, wie tolerant seine Familie und Freunde sind, ist ein Outing doch schwerer, als er es sich vorgestellt hatte. Ausserdem kommen, kaum hat er sein Outing hinter sich, auch...