Kapitel 62 - Friedlicher Anfang

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Der Abend vor Weihnachten ging entspannt zu Ende. Selbst mir entlockte Stefan noch so einige ehrliche Lacher, ehe wir gut gelaunt schlafen gingen. Ich bot Anne an, wieder bei mir zu übernachten, doch sie lehnte dankend ab. Spät in der Nacht, als alle schliefen kam sie jedoch wieder zu mir ins Zimmer geschlichen und legte sich zu mir. Ich legte die Decke über sie und zusammen schliefen wir ohne Albträume bis zum Morgen.

Und dann war Weihnachten. Hätte ich das kommende geahnt, wäre ich vielleicht für immer an diesem Morgen liegen geblieben, der so fröhlich begann mit Zwitschern eines Vogels.

Ich betrachtete Anne neben mir. Sie schlief noch tief und fest und hatte sich einmal mehr vollständig in meine Decke gerollt, dass mir kaum mehr als ein luftiger Fetzen übrig blieb. Doch ich ließ sie schlafen, denn selten zuvor hatte ich sie so entspannt und friedlich gesehen wie in diesem Moment. Ich hätte ewig hier liegen können, die spärlichen Sonnenstrahlen, die durch die Holzbretter schlüpften und ein unregelmäßiges Muster auf den Boden zeichneten. Vögel die draußen trotz der Kälte sangen. Schnee der zu schwer für einige Äste wurde und zu Boden fiel. All das wurde übertönt von Annes zarten, tiefen Atemzügen die eigentlich fast lautlos in der Verschlafenheit des Morgens waren. Ich war hypnotisiert von ihrer Schönheit, von den winzigen Sommersprossen, dem runden, eigentlich noch kindlichem Gesicht, dass - wie ich jetzt wusste - durchaus ernst und böse schauen konnte. Die grünen Augen, die so unschuldig wirkten, ja fast eine ständige Traurigkeit ausstrahlten. Sie haben mir immer das Bedürfnis sie zum strahlen zu bringen, zum lächeln, wie ihre Lippen lächelten. Oh, ihre Lippen... Nur bei dem Anblick erfasste mich ein tiefes Bedürfnis sie zu küssen, aber das hätte sie aufgeweckt und ich wollte das sie so viel Schlaf bekam wie nötig. Doch mein Körper war da anderer Meinung. Er wollte mehr als Anne nur küssen... viel mehr. Und dann konnte ich nicht verhindern mir auszumahlen wie es wäre mich jetzt auf sie zu rollen und sie zu küssen. Erst auf die Lippen, dann auf ihr Kinn, ihren Kiefer hinunter bis zum Hals und dann immer weiter runter bis...

Anne wälzte sich herum und gähnte verschlafen. Müde öffnete sie die Augen und sah zu mir. Sofort begann sie glücklich zu lächeln und streckte sich. „Du hättest mich wecken sollen.", murmelte sie, die Stimme noch rau und unverständlich. Dann entwirrte sie sich aus meiner Decke und deckte mich mit einem großen Stück wieder zu. Ich musste lächeln. Schlaftrunken rückte Anne näher zu mir und kuschelte sich an meine Seite. „Niemals", murmelte ich und gab dem Bedürfnis nach Anne zu küssen. Sie blinzelte und erwiderte den Kuss mutiger als ich gedacht hatte. Ich nahm es zum Anlass den Kuss zu verstärken, ihn leidenschaftlicher werden zu lassen. Mit wenig Kraft schob ich sie auf mich, sodass Anne rittlings auf mich saß und legte meine Hände auf ihre Hüfte. Mein Puls beschleunigte sich und die Hitze, die schon vorhin meine Lenden erfüllt hatte wurde stärker und nahezu alles überschattend. Fast schon schmerzhaft merkte ich wie hart ich war, wie sehr ich Anne in diesem Moment wollte. Doch ehe ich auch noch den letzten Funken Gewissen ob ihres Alters und ihrer Erfahrung diesbezüglich vergessen konnte löste sie sich schwer atmend von mir und sah mich an. Einen langen Augenblick sagte sie nichts, biss sich auf die Unterlippe und sah mich einfach nur an. Ihr Blick war unergründlich. Eine Mischung aus Lust und Furcht vor dem, was nicht mehr allzu fern war. Nur unsere Kleidung trennte uns, doch ich konnte durch sie hindurch auf ihre Wärme spüren. Sie errötete noch mehr. „Oh Gott Derren, was machst du mit mir?", fragte sie hilfloser klingend, als sie wirklich war. Ich lächelte schief, strich mit den Händen in sanften Kreisen ihre Beine hoch und runter. „Du brauchst keine Angst zu haben. Da ist nichts dran wofür du dich schämen musst. Das ist ganz natürlich.", flüsterte ich beruhigend und sah wie sie sachte nickte, scheinbar noch nicht entschlossen was sie davon halten sollte. Vorsichtig wanderte ich höher mit meinen Händen, unter ihr Shirt und strich über ihren Rücken und ihren Bauch. Warme, weiche Haut war unter meinen Fingern. Sie erschauerte leicht und beugte sich wieder zu einem kurzen Kuss hinab. „Aber ich weiß doch gar nicht was ich machen soll.", flüsterte sie an meinen Lippen, was mich wieder zum lächeln brachte. „Wenn du willst, zeig ich es dir.", sagte ich leise und konnte kaum an mich halten. Anne sah mich unsicher an, unentschlossen was sie sagen sollte. Meine Hände wanderten wieder herab zu ihrer Hüfte und so sehr ich auch die Wärme ihrer Haut genoss und sie am liebsten noch viel länger berührt hätte, doch wusste ich doch, dass Anne noch nicht so weit war. Sie war unsicher. „Schon gut. Wenn du nicht willst, dann nicht.", sagte ich in ihr Schweigen. Sie musterte mich eindringlich und nickte dann. „Noch nicht.", gestand sie schließlich, blieb aber trotzdem auf mir sitzen und legte sich dann ganz auf mich. Ihr Kopf bettete sich auf meine Schulter und ich legte die Arme um sie, während mein Körper noch immer pulsierte vor Hitze. Es war schön sie an mir, auf mir, zu spüren, ihren Puls auf meiner Haut und ihren Atem an meiner Schulter. Beinahe zu schön um wahr zu sein, doch auch nach mehreren Atemzügen blieb ich wo ich war.

Ein dominantes Klopfen an der Tür riss aus letztendlich aus unserem zeitlosen Zustand. Anne setzte sich ruckartig auf und floh von mir auf ihre Seite des Bettes. „Es gibt gleich Frühstück. Wenn du nicht willst das Mutter dich einen Kopf kürzer macht solltest du lieber helfen kommen. Ganz abgesehen davon, dass vorehelicher Geschichtsverkehr eine Sünde ist." Stefan stand angezogen und mit einem viel zu offensichtlichen Grinsen in der Tür. Ich zog die Augenbrauen zusammen und seufzte. Anne zog sich die Decke über den Kopf, ich konnte sie verstehen. Genervt warf ich ein Kissen nach Stefan. „Geh raus! Ich komm gleich. Gib mir nur ein paar Minuten.", murrte ich, während das Kissen neben Stefan an die Wand prallte. Er folgte dem Kissen mit dem Blick und sah dann wieder zu mir. „Lass dir nicht zu lange Zeit, der Weihnachtsdrache speit wieder Feuer.", sagte Stefan nur, wandte sich um und verließ das Zimmer. Sobald die Tür sich schloss traute auch Anne sich wieder unter der Decke hervor. Ich seufzte noch einmal. „Der Weihnachtsdrache? Ist das die Alternative zum Truthahn?", fragte sie und sah zu mir auf. Ich fuhr mir mit der Hand durchs Haar. „Der Weihnachtsdrache ist meine Mutter. An den Feiertagen ist sie besonders schlecht gelaunt, weil sie will das alles perfekt ist. Alles ist durchgeplant, wenn wir nicht alle freundlich und zuvorkommend sind, ist sie beleidigt und kocht gar nicht mehr den ganzen Tag. Dann kann man Weihnachten vergessen.", erklärte ich resigniert und zog den Rollstuhl zu mir heran. „Bleib liegen und ruh dich noch ein paar Minuten aus. Ich hol dich wenn alles fertig ist.", meinte ich noch rasch, als ich sah wie Anne Anstalten machte auch aufzustehen. Sie verharrte in der Bewegung und ließ zurück ins Kissen sinken. Ich beugte mich noch kurz zu ihr um ihr einen Kuss auf die Lippen zu drücken, dann setzte ich mich mit Schwung in den Rollstuhl und machte mich auf dem Weg ins Badezimmer.

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