Ein Gespräch am See

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Jay geht über das nasse Gras hinunter zum See. Es ist Anfang April und das Wetter passt dazu. Den Vormittag hat es geregnet, während der Nachmittagsstunden hatte es stürmische Windböen, die an den Fensterläden der Klassenzimmer gezerrt hatten. Jetzt aber scheint die Sonne, der Wind ist eingeschlafen und nur vereinzelte Wolken treiben über den Himmel.

Er sucht einen seiner Lieblingsorte auf. Es ist ein kleiner Steg, sehr nah am Wald. Für was der Steg existiert, das weiß Jay nicht, er hat ihn noch nie für irgendetwas genutzt gesehen, aber es stört ihn auch nicht. So ist hier fast nie jemand und er kann herkommen, um nachzudenken oder einfach etwas Ruhe zu haben. Hier kann er sich vor der Welt verstecken und hoffen, dass ihn niemand findet.

Die Planken des Steges sind vom Vormittag noch nass, wo die Sonne sie nicht erreicht hat, und Jay sucht sich vorsichtig einen trockenen Platz, wo er bequem sitzen kann. Im Schneidersitz schaut er über den See und denkt nach. Seine Gedanken kreisen ins besonders um das nächste Jahr, dass er dann ohne Jill bestreiten muss.

Er mag den Gedanken noch immer nicht, beschäftigt sich aber mehr damit, um sich etwas daran zu gewöhnen, auch wenn es seine Laune nicht unbedingt hebt. Seinem Umfeld ist seine schlechte Laune auch schon aufgefallen und alle möglichen haben ihn darauf angesprochen, Jill, Theo, Dana, selbst Lucien. Aber Jay hat immer abgewunken und gemeint, dass es nur das Wetter oder die Stimmung im Schloss wäre, die dank der Prüfungsvorbereitung so aufgeladen war.

Ob ihm das irgendwer abgenommen hat, dass weiß er nicht, aber sie haben es akzeptiert. Jill meinte, sie wäre da, wenn er darüber reden wolle, und hatte ihn in den Arm genommen. Das nicht mehr zu haben, dass wird nicht schön. Aber Jay weiß, dass er durch aus in einem Alter ist, in dem er es nicht mehr so brauchen sollte. Aber er genießt es einfach zu sehr, die Möglichkeit zu haben, sich in Jills Armen zu verkriechen.

Er ist so in Gedanken vertieft, dass er überrascht zur Seite hüpft, als ihn etwas am Kopf berührt. Wie wild wedelt er mit den Armen, um sein Gleichgewicht zu halten und nicht im Wasser zu landen, bis er zur Seite umkippt und nur sein Arm im Wasser landet, er aber auf dem Steg lieg. Eine Katze schaut ihm ins Gesicht.

Jay kennt diese Art von Katze, denn sie leben wild im verbotenen Wald. Sie alle sind dunkelbraun mit helleren Flecken und sehr langen Beinen und einem langen Schwanz. Doch das auffälligste befindet sich zwischen ihren Pinselohren, den dort haben Männchen und Weibchen ein kleines Geweih. Sie sind eigentlich sehr neugierig, Menschen gegenüber aber lange vorsichtig, bis sie lernen, dass dieser Mensch nicht gefährlich ist.

Sie springt ihm in den Schoß, klettert über ihn und verkriecht sich hinter ihm, als ein lautes, amüsiertes Lachen hören. Jay schaut sich nach der Quelle des Lachens um, denn es hört sich für ihn vertraut an, und entdeckt dann Cedric Diggory, der sich vor Lachen schon an dem Baum neben sich abstützt.

Es dauert ein paar Minuten, dann aber hat er sich beruhigt und kommt zu Jay auf den Steg. Das passt der Katze gar nicht. Sie faucht und schmiegt sich eng an Jay. Cedric bleibt stehen und sieht Jay hilfesuchend an. Der lacht leise. „Lass sie selbst entscheiden, ob du kommen kannst. Wenn du einfach nur da stehen bleibst, wird sie vermutlich eh gleich wieder verschwinden. Wenn sie das tut, lass sie an dir vorbei gehen und schau sie am besten nicht an."

Jay behält Recht. Die Katze faucht, aber Cedric bewegt sich nicht und es scheint die Katze so sehr zu frustrieren, dass sie aufsteht, an Cedric vorbei geht und im Wald verschwindet. Beide sehen ihr nach. „Was genau war das jetzt?" „Du kennst sie nicht? Sie leben im verbotenen Wald, mögen aber nur die wenigsten Menschen. Nur wie sie heißen, weiß ich leider nicht."

„Ich bezweifle, dass irgendwer weiß, was genau alles im Wald lebt. Vermutlich nicht einmal Hagrid oder der Direktor." „Vielleicht hast du da Recht." Cedric setzt sich neben Jay und gemeinsam sehen sie über den See. Irgendwann räuspert sich Cedric und Jay sieht ihn dann doch wieder an.

„Was tust du eigentlich hier draußen so alleine? Du wirkst ziemlich niedergeschlagen, wenn du nicht gerade von einer wilden Katze beinahe in den See geschubst wirst." „Nicht lustig. Wirklich nicht lustig. Und sie hat mich auch nicht geschubst, sondern bloß erschreckt." „Okay. Es ist nicht lustig. Möchtest du mir dennoch sagen, warum du in einer solchen Laune bist? Ich meine, es werden dich genug Leute bereits gefragt haben und du musst es mir auch nicht sagen, aber wenn du es möchtest, dann werde ich dir zuhören."

Jay dreht den Kopf und schaut wieder auf den See, aber Cedric drängt auch nicht auf eine Antwort oder irgendetwas. Er sitzt einfach nur ruhig neben ihm. „Mir ist klar geworden, dass sich im nächsten Schuljahr einiges ändern wird und das viele nicht mehr da sein werden, die bei uns schon seit Jahren das Geschehen im Haus leiten."

„Jill, Lucien und die anderen sind alle in diesem Jahr fertig, dass stimmt und es gibt auch niemand, der ihre Rolle offensichtlich einnehmen wird. Aber durch die Trennung der Häuser oder eigentlich dadurch, dass dies immer weiter verschwindet, sollte das nicht wirklich zum Problem werden." „Ist es auch nicht, aber... ich werde Jill vermissen. Sie ist wie eine Schwester für mich und hat mich immer beschützt und ich habe Angst sie zu verlieren, wenn wir einander nicht mehr so häufig sehen."

„Ich kenne Jill bei weitem nicht so gut wie du, aber ich weiß, dass sie dich niemals im Stich lassen würde. So wie du sie als Schwester siehst, sieht sie dich als Bruder. Selbst wenn du keinen Kontakt mehr zu ihr wolltest, würde sie alles versuchen um Kontakt zu dir zu halten. Und ich denke, dass du das auch eigentlich weißt." Jay kann nur überwältigt nicken.

„Du denkst nicht, dass es kindisch ist, Angst vor so etwas zu haben?" „Nein. Die allermeisten hatten irgendwann einmal Angst davor von ihren Familien allein gelassen zu werden. Es braucht nur Größe, um das zuzugeben."

Probleme im Haus der SchlangenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt