Beweiß es mir

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Jill ist aufgeregter als sonst, als sie in der Kutsche schickt, die Lucius geschickt hat, um sie abzuholen. Es ist ein Date, von dem sie einmal mehr nichts weiß, außer, dass sie feine Kleidung tragen soll, aber irgendetwas fühlt sich anders an und dieses Gefühl macht sie so hibbelig. Immer wieder streicht sie über den Rock ihres Kleides oder spielt mit ihrem Schmuck.

Die Kutsche hält und die Tür wird für sie geöffnet. Doch es ist nicht Lucius, der ihr hinaushilft, sondern der Kutscher. Jill muss zugeben, niemals zuvor ist sie in einer Kutsche mit sichtbarem Kutscher gefahren und die Erfahrung findet sie doch etwas befremdlich. Sein Leben so in die Hände eines ihr fremden Menschen zu legen.

„Bitte gehen sie hinein. Sie werden bereits erwartet." Jill blickt auf und muss es sich verkneifen, den Mund zu öffnen, um zu staunen. Das schneeweiße Schloss vor ihr ist von hunderten von Kristalllichtern erleuchtet, die bunte Muster auf die weiße Fassade malen und sie wie Feenflügel wirken lassen.

Es wirkt wie aus einem Märchentraum mit der ausladenden Treppe, die hinauf zu dem weit geöffneten Tor führt und den in den Lichtern glitzernden goldenen Akzenten. Jill fühlt sich wahrlich wie eine Märchenprinzessin und nicht nur wie die Tochter einer adligen Familie, die sie nun einmal ist.

Als sie dem Tor näher kommt, kann sie die Musik hören, die aus dem Inneren klingt. Sie kennt sie Musik, es ist typische Musik zum tanzen auf den fröhlicheren Bällen, die in den Frühlings- und Sommermonaten stattfinden. Sie kann sich nicht helfen und ein verzaubertes Lächeln setzt sich auf ihren Lippen fest, als sie sich an all die schönen Momente zurück erinnert, die sie auf diesen Bällen hatte.

Die Musik begleitet sie die letzten Stufen hinauf und durch das Tor. Der Weg wird ihr klar durch den dunkelroten Teppich, die leuchtenden Lichter und die Musik angezeigt, die sie durch das Schloss zu führen scheint. Jill folgt dem Weg, der ihr so klar vorgegeben wird, und dieser führt sie wenig überraschend in den Ballsaal des Schlosses.

Dort spielt das kleine Orchester in klassischen weißen Anzügen, doch Jills Blick wird sofort von Lucius gefesselt, der alleine mitten auf der Tanzfläche steht, eine einzelne Blume in der Hand. Als er sie entdeckt, kommt er ihr entgegen und bietet ihr seine Hand an. Jill legt ihre Hand auf seine und er hebt sie zu seinen Lippen.

Irgendwo tief in sich weiß Jill, dass die gesamte Szene kitschig ist, doch ein bisschen genießt sie diesen Aufwand, der hier für sie betrieben wird. Lucius steckt ihr die Blume ins Haar und wortlos, aber sanft, zieht er sie in einen Tanz. Jill weiß, wie gut Lucius führen kann und genießt es, von ihm über das Parkett dirigiert zu werden.

Sie fühlt sich, als würde sie schweben und sie bemerkt nicht einmal, als die Lieder wechseln. Als Lucius stockt, weiß sie nicht, wie viel Zeit vergangen ist und sieht Lucius einen Moment lang orientierungslos an. Er lächelt, legt eine Hand an ihre Wange und haucht ihr einen Kuss auf die Wange, ehe er sie aus dem Ballsaal führt.

Auf einem der Balkone, der über den wundervollen Blumengarten des Schlosses blickt, steht ein Tisch, der für sie beiden gedeckt ist. Lucius verhält sich wie der perfekte Gentleman, der er ist. Er richtet ihr den Stuhl und achtet auf sie, wie sie es nun schon von ihm gewohnt ist.

Jill fällt auf, dass sämtliche Gerichte und auch der Wein ihre absoluten Favoriten sind. Sie sagt dann nichts, als Lucius sie nach dem Essen zum Geländer des Balkons bringt, von diesem aus sehen sie über den Garten. Jill genießt die Nachtluft und die angenehmen Stille, die zwischen ihr und Lucius herrscht.

Als dieser sich räuspert, dreht sie sich zu ihm und sieht ihn fragend an. „Ich habe in den letzten Jahren viele Veränderungen in meinem Leben durch machen müssen. Ich habe meine Frau verloren und erfahren müssen, dass mein Sohn nicht biologisch mit mir verwandt ist. Ich habe erfahren müssen, dass man mich zu einem Patenonkel machte und mich nicht mal informiert hat.

Ich habe erfahren müssen, dass man mein Patenkind misshandelt hat und habe ihn zu mir genommen, habe ein Kind in meinem Haushalt aufgenommen und hatte mit einem Mal drei Kinder in meinem Haus, von dem nicht eines biologisch meines war. Ich habe meine politische Macht nutzen müssen, um die Kinder unter meinen Schutz sicher zu halten.

Während all dieser Veränderungen warst du an meiner Seite, hast mich unterstützt und mir Kraft gegeben. Ich habe mich auf dich verlassen und habe das niemals bereut. In den letzten Tagen habe ich festgestellt, dass ich deine Gesellschaft nicht mehr missen möchte. Vor wenigen Tagen habe ich deine Familie besucht um deine Hand in einem Courting zu bitten."

Er stoppt und nimmt dann die kleine Schatulle vom Geländer und öffnet sie in Jills Richtung. „Dennoch möchte ich auch dich fragen und dich nicht vor vollendete Tatsachen stellen. Erlaubst du mir, dir in einem traditionellen Courting zu beweisen, dass ich ein guter Ehemann für dich sein kann?"

Jill kann es kaum fassen, in ihren Augen bilden sich Tränen und sie kann gar nichts sagen, sondern nickt einfach nur überwältigt. Lucius nimmt das schlankere Band heraus und schiebt es Jill über das linke Handgelenk. Sie sieht sich das silberne Band ein. Ein ganz klassisches mit einem herzförmigen Diamanten.

Mit einem Lächeln nimmt sie das andere Band aus der Schatulle und fast es um Lucius Handgelenk. „Dann beweise es mir."

Probleme im Haus der SchlangenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt