Nataschas Bruder

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Jay hält das Gesicht in die wärmende Maisonne. Er ist mit Theo, Nevio und Dana auf dem Gelände, wo sie eine bunte Decke ausgebreitet haben, die Dana dabeihat. Wie die allermeisten sind sie bei dem guten Wetter aus dem Gemeinschaftsraum geflohen, denn die Fünft- und Siebtklässler sind extrem reizbar, jetzt wo die Prüfungen näherkommen.

Dementsprechend sind einige Leute auf dem Gelände, doch es ist groß genug, dass sich niemand in die Haare bekommt. Die meisten sind näher am See, als die Gruppe des Slytherins. Sie haben sich den leeren Platz gesucht und das ist auch so geblieben.

„Wenn man das so sieht, dann kann man sich kaum vorstellen, wie gereizt alle drinnen sind." meint Theo irgendwann, sein Buch offen in seinem Schoß liegend und zum Schloss sehend. „Eine Mauer kann nun einmal alles verbergen, was man dahinter verbergen will. Oder auch, was man nicht verstecken will, sondern eben nur immer dahinter tut." antwortet Jay und sieht in den Himmel.

„Deswegen hat man nun mal Wände. Damit nicht alle sehen, was man tut." kommt es von Dana, die in einer angesagten, europäischen Jugendzeitschrift blättert, die von vielen jungen Hexen und Magiern quer durch Europa gelesen wird. „Schon klar, aber es ist dennoch verwunderlich." „Wie auch immer. Ich bin auf jeden Fall froh, dass wir Wände haben. Wäre komisch ohne."

„Es ist aber nur komisch, weil wir an Wände gewöhnt sind. Ich meine, es ist ja auch kein Problem, sich an Gemeinschaftsräume und Badezimmer zu gewöhnen. Würden wir in einer Gesellschaft aufwachsen, in der es keine Wände gäbe, dann wäre es komisch, auf einmal welche zu haben." schaltet sich nun Nevio in das Gespräch zwischen Dana und Theo ein und Jay hört nicht mehr so genau hin.

Er beobachtet die Vögel, die über ihm am Himmel kreisen. Nach einer kleinen Weile hört das Gespräch auf und Jay wirft einen Blick zu den dreien, doch die scheinen alle zufrieden mit ihren eigenen Dingen zu sein. Nevio scheint gegen sich selbst Schach zu spielen. Jay schüttelt leicht amüsiert den Kopf. Er kennt einfach zu viele, die das gerne tun, um sich noch groß darüber zu wundern.

„Diesen Sommer sind Quidditschweltmeisterschaften hier bei uns. Geht ihr hin?" Dieses Thema kommt nun doch ziemlich überraschend von Dana, weshalb auch alle drei ihre Köpfe zu ihr drehen. „Ich denke schon. Lucien ist ein Fan, Draco auch und ich denke schon, dass wir gehen werden. Wie sieht es bei euch aus?"

„Ich weiß nicht, vielleicht. Ich denke, es kommt darauf an, wer spielen wird." meint Theo. „Ich weiß, ich gehe nicht. Meine Mutter hasst Quidditsch und würde uns niemals zu einem Spiel gehen lassen. Zudem werden wir die Ferien auf ihrer Segeljacht verbringen, also die ganze Zeit segeln."

„Du wirkst nicht so begeistert." lacht Jay. „Die gesamten Ferien mit meiner Familie auf einem kleinen Boot. Ja, das klingt nach Spaß. Besonders, weil meine Geschwister alle samt nicht stillsitzen können und nicht verstehen, das Stille und Ruhe zu Ferien gehören und so weiter. Ja, meine Ferien hören sich nach Spaß an." faucht Nevio und Jay stoppt das Lachen.

„Okay, das hört sich irgendwie komisch an." „Komisch ist nicht das richtige Wort, Jay. Aber was sollst. Warum hast du überhaupt gefragt, Dana? Gehst du?" „Sicher. Meine Mum war ja selbst Spielerin, bevor sie mit mir schwanger war und macht heute noch manchmal die Kommentare im Radio. Also ja, wir werden sicher ein paar Spiele sehen. Ich habe gefragt, weil ich wissen will, wen ihr als Sieger seht?"

„Definitiv nicht England. Unser Sucher ist zu schlecht. Die Japaner spielen gut, aber natürlich auch die Spanier und die Iren." „Ich stimme dir mit Japan und Irland zu, Nevio, aber Spanien? Nein. Ihre Hüterin und ihre Sucherin sind beide nicht dabei, weil schwanger. Und ohne die beiden fehlt Spanien das Rückgrat, also, nein. Die werden nicht so weit kommen." meint Lana.

„Ich frage, weil hier gerade Bulgarien als einer der Topfavoriten vorgestellt wird. Hängt wohl mit ihrem Starsucher Victor Krum zusammenhängt. Den stellen sie hier in einem Portrait vor. Gut sieht er meiner Meinung nach nicht wirklich aus, aber wenn die mit ihren Statistiken richtig sind, dann ist er ein beeindruckender Spieler. Das sind Zahlen, die einfach nur beeindruckend sind."

„Ist das Nataschas Bruder? Da gab es doch richtig Ärger zwischen Antonia und Tascha." „kann schon sein, Theo. Ich weiß es nicht, weil Tascha ja nichts gesagt hat. Sie war ja nur verdammt sauer. Aber, es hört sich so an, findest du nicht?" „Doch, deswegen habe ich ja gefragt."

„Also ich kann sagen, dass er eine kleine Schwester hat. Das steht hier in jedem Fall, also kann es sehr gut sein, dass es Nataschas Bruder ist." schaltet sich Dana wieder ein. „Aber eigentlich ist es ja auch egal. Ich denke nicht, dass irgendjemand Tascha nutzen sollte, um an ihren Bruder heranzukommen. Also, was solls. Lassen wir Tascha ihren Bruder haben und diesen jungen Mann gut spielen. Ist eh nicht wahrscheinlich, dass wir ihn treffen werden."

Jay lehnt sich wieder nach hinten auf seine Arme und schließt die Augen. Keiner sagt etwas zu seinem Kommentar und Jay nimmt das als Zustimmung zu seiner Aussage. Er weiß, wie es ist, wenn alle nur etwas über den Bruder oder die Schwester wissen wollen und weiß, dass es keine schöne Situation ist.

Deshalb kann er es durchaus verstehen, dass Natascha nicht will, dass es bekannt wird, dass ihr Bruder berühmt ist. Er hätte einiges dafür gegeben, dass sein Bruder nie berühmt gewesen wäre. Auch wenn dann nun vermutlich so viel anders wäre, wenn er dann vermutlich nicht mit diesem Kreis an Freunden hier sitzen würde, es war dennoch da. Er würde nur zu gerne wissen, wie es wäre, wenn alles anders wäre.

Probleme im Haus der SchlangenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt