This ain't for the best

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Hallöle,
Wie ihr merkt, nutze ich meine freie Zeit absolut sinnvoll. Mein Freund ist eben in die Nachtschicht abgehauen...😢 (böse böse), d.h. Ich muss mich ja auch irgendwie unterhalten. Was bietet sich da mehr an, als euch mit Kapiteln zu füttern...
😁😁

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,,Sind wir etwas eingebildet?", frage ich.
,,Nur ehrlich."
,,Und woher weißt du, was mir gut tut?"
,,Woher ich das weiß...?"
,,Ja, Herr Hetkamp, das ist meine Frage."
,,Frau Hofman, das ist ganz offensichtlich."
,,Bin ich so leicht zu lesen?"
,,Leider überhaupt nicht. Ich wünschte manchmal, ich würde wissen, was du denkst.", sagt er leise.
Besser nicht.
,,Es ist gut so, wie es ist.", sage ich und beiße in mein Brötchen, um nichts sagen zu müssen.
,,Wahrscheinlich." Er schüttet sich Kaffee ein und lässt mich dabei nicht aus den Augen.
Was mich ziemlich nervös macht.

Nach dem Essen gehe ich wieder duschen, diesmal mit warmen Wasser und genieße, dass ich angesichts Alex' Abwesenheit einmal kurz entspannen kann.
Also nicht weil ich seine Anwesenheit unangenehm finde, sie wird nur für meinen Kopf immer... fordernder.
Ich schließe die Augen und genieße das Wasser.
Versuche, meine Gedanken zu sortieren.

Das mit Alex muss aufhören. Du wirst ihm nur weh tun. Und dir auch. Denk nur an deinen ersten Traum heute Nacht. Du bist echt nachhaltig geschädigt. Sowas wie im Traum mit Alex wäre in echt nicht möglich, du würdest vorher schreiend wegrennen.

Mein Bad ist Neuerdings ohne Tür- woran das wohl liegt... und ich hab die Einzelteile an die Wand gelehnt.
Ich schlüpfe in kurze Hose und hochgeschlossenes T-Shirt.
Ich möchte ja nicht so aussehen, als ob ich irgendwas provoziere.
Bevor ich aus meinem Zimmer trete, atme ich tief durch.
Es fühlt sich echt fast an, als ob ich gleich in einen Kampf gehe.

Er sitzt mit Laptop auf dem Sofa.
,,Ich würd dann jetzt mal endgültig mein Auto holen.", sage ich.
,,Was war unsere Abmachung?", sagt er streng.
,,Ich bin doch nur kurz weg."
,,Vergiss es."
,,Alex. Ich fühl mich gut und bin keine zwei Jahre mehr alt. Soll ich mein Auto da jetzt ewig an der Straße lassen?"
,,Josephine. Das war nicht Teil der Abmachung."
Er hat zwar Recht, aber trotzdem.
,,Jetzt sei nicht so anstrengend.", sage ich und Rolle die Augen.
Er seufzt.
,,Gut."
Ungläubig schaue ich ihn an.
,,Ja?"
,,Ja." Er klappt seinen Laptop zu.
,,Ich komme mit.", sagt er.
,,Oh bitte nicht..."
,,Was?"
,,Nix."

Wir spazieren also zu meinem Auto und fahren dann zurück.
Die nächsten zwei Tage halte ich den Ball flach. Und meide jeden vermeidbaren Kontakt mit ihm.
Obwohl ich mich wirklich danach sehne, wieder bei ihm im Arm zu liegen.
Er respektiert es und scheint sich auch nicht weiter zu wundern, jedenfalls fragt er mich kein einziges Mal, was los ist.
Fast bin enttäuscht, weil er es vielleicht gar nicht bemerkt, dass ich mich distanziere, dann fällt mir auf, dass das eigentlich genau das sein sollte, was ich will.

Das Blöde ist: Ich will das gar nicht. Obwohl mir mein Kopf sagt, dass es das Richtige ist. Und je mehr ich den Kontakt meide, desto mehr habe ich das Gefühl, dass er das auch tut. Und irgendwie, ganz tief in mir, verletzt mich das.

Ein paar Tage später dann darf ich endlich wieder arbeiten.
Die letzten Tage hat es geregnet, was nicht zu meiner Laune beigetragen hat, aber als ich mich um 6.00 Uhr auf den Weg zur Wache mache, ist der Himmel klar und die Sonne geht auf.
Ich fahre mit Marion und meines Wissens nach ist der Notarzt vom 1/Nef-1 heut Paula Martinson.
Keine Gefahr also für mich, Alex zu begegnen.

Marion und ich checken gerade zusammen den RTW, als ich eine Bekannte Stimme höre.
,,Guten Morgen zusammen."
Ich drehe mich so schnell um, dass ich meinen Kopf am Weinmann- Beatmungsgerät anhaue.
,,Au. Fuck."
In den geöffneten Türen des RTWs steht Alex in RD -Kleidung.
,,Ähm?", bringe ich nur heraus.
,,Ich fahre heute bei euch mit. Um so ein bisschen die Abläufe kennen zu lernen, wenn ihr Einsätze ohne Notarzt fahrt. Und zu optimieren.", erklärt er uns die Situation. Na herzlichen Glückwunsch. Soviel zu Abstand.
,,Wieso ausgerechnet das Auto?", frage ich.
,,Wieso nicht?", sagt er und verzieht keine Miene.
Ich seufze und packe die Medikamente, die abgelaufen sind, in eine Nierenschale.
,,Dann können Sie sich ja direkt sinnvoll mit einbringen.", sagt Marion grinsend.
,,Aber klar."
Ich ziehe mich unauffällig aus der Affäre und gehe die Medikamente entsorgen.

Die  Einsätze sind allesamt unspektakulär, alles nur Bagatellen. RAZ hier, Bauchschmerzen da... um 16 Uhr hab ich keinen Bock mehr. Alex ist in den Einsätzen einfach nur da. Könnte auch Dekoration des Autos sein. Er sagt nix, macht sich zwischendurch Notizen und trägt ansonsten nur das Material.
Ich streite mich mit Marion kurz, wer fährt, weil ich gern würde, aber da sie RS ist, muss sie voll fahren und ich bin hinten.
Bei Alex.
Ich konzentriere mich auf die Patienten und meine Arbeit und versuche Alex keine Angriffsfläche zu bieten, der meine Handgriffe einfach nur kühl mustert.

Als wir wieder auf der Wache und beide in der Küche sind, fange ich ihn ab.
,,Was soll der Affenzirkus?", frage ich sauer.
,,Was?"
,,Heute auf meinem Auto."
,,Rechtlich gesehen bin ich Transportführer.", sagt er.
,,Am Arsch. Du fährst heute als mein  Praktikant.", fauche ich.
,,Vorsichtig.", sagt er leise.
,,Ach ja? Soll ich dir mal was sagen?", lege ich los. Da geht der Melder.

INT_ALARM Luftnot

Ich seufze und rausche aus der Küche. Als Marion ankommt, sitze ich schon hinterm Steuer. Nur auf der Rückfahrt wird sie fahren müssen- aber auf der Hinfahrt hab ich meine Ruhe.
Wir knallen durch die Innenstadt und ich stelle eine neue Bestzeit auf.
Zufrieden drücke ich uns in die 4 und wir gehen mit Material hoch.

Es stellt sich heraus, dass die 28- Jährige Frau Lungenkrebs hat, es sich aber mit der Luftnot akut verschlimmert hat.
Ich kultiere sie aus und stelle fest, dass sie auf einer Seite ein abgeschwächtes Atemgeräusch hat. Die Sättigung ist auch schlecht.
,,Ich fordere nach.", sage ich.
,,Ich bin doch da.", sagt Alex und steckt seinen Notizblock weg.
Er hört die Patientin ebenfalls ab.
,,Lungenkrebs in der Vorgeschichte?"
,,Ja, aber eigentlich rückgängig." Die Patienten ist dem psychischen Zusammenbruch nahe.
Er sagt nix und checkt die Sauerstoffgabe.
Atemnot deutet eigentlich auf eine Verschlechterung hin.
,,Wann war der letzte Check?", fragt er sie.
,,Vor... 4 Wochen."

Plötzlich fällt mir was ein.
,,Pneumothorax.", sage ich.
,,Quatsch. Ist doch ziemlich eindeutig hier. Lungenkrebs."
,,Aber Differentialdiagnostisch steht ein Pneumothorax im Raum. Und damit eine Thoraxdrainage, die die Situation verbessern könnte."
,,Könnte.", wiederholt er.
,,Wird."
Er setzt an, um etwas zu sagen, dann flüstert Marion mir ins Ohr:
,,Nicht vor dem Patienten."
Ich nicke und gebe mich geschlagen.
Die Patientin wird trotz hoher Sauerstoffgabe immer schlechter und wir fahren mit Alarm.
Bei der Übergabe fragt Debbi Fischer uns, Ob wir einen Pneumothorax ausgeschlossen hätten.
Ich räuspere mich und Alex verneint.
,,Das war angesichts der Vorgeschichte kaum nötig.", sagt er.

Marion und ich lassen uns etwas mehr Zeit mit der Desinfektion, um die Ergebnisse des Röntgen noch mit zubekommen.
Plötzlich kommt Steffi vor die Tür:
,,Ist ein Pneumothorax.", sagt sie.

Ich warte gespannt auf Alex Reaktion. Er nickt nur. Ich kann meinen triumphierenden Gesichtsausdruck kaum verbergen.

Auf der Wache setze ich mich an den Laptop, um den Papierkram zu machen.
Alex kommt zu mir. Der letzte, den ich grad sehen will. Ich erinnere mich kurz an den Abend zurück, als ich meinen Unfall hatte. Von meinen Gefühlen ist grad gar nix mehr zu spüren. Ich bin pissig und verletzt. Halt- das heißt ja, dass ich Gefühle hab, sonst könnte ich nicht verletzt sein. Scheiße.

,,Josephine, angesichts dessen, dass die Ursache für deinen Beinahe-Unfall noch ungeklärt ist, möchte ich Dir davon abraten, weiterhin selbst RTW zu fahren."
,,Abraten?", wiederhole ich entgeistert.
,,Untersagen."
,,Du vermischst hier gerade Privates und Berufliches.", sage ich zornig.
,,Fakt ist, dass es noch nicht ausgeschlossen ist, dass die Ursache dafür aber ein Internistisches Problem sein könnte. Es wäre fatal, wenn sich das im Dienst wiederholt."
,,Fakt ist, dass das komplett bescheuert ist."
,,Jetzt mal schön sachlich bleiben.", sagt er gefährlich leise.
,,Sollte das nochmal vorkommen oder sollte ich den Eindruck haben, dass es dir nicht gut geht, muss ich dich komplett suspendieren. Aber am Arbeitsmedizinischen Dienst kommst du nicht vorbei.", fährt er fort.
,,Ich erwarte nicht, dass du mich bevorzugst, weil wir uns ganz gut kennen, aber dass du mich benachteiligst, das ist unfair.", antworte ich.
,,Ich würde das bei jedem Mitarbeiter machen."
,,Du kennst aber niemanden anders privat. Würdest du nicht bei mir wohnen, hättest du das nie mitbekommen."
,,Hab ich aber jetzt."

Er steht auf, verlässt den Raum und lässt mich mit einem Gefühlschaos zurück.

ASDS- auch Retter müssen mal gerettet werden Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt