I'm a mess but I'm the mess that you want

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Etwas entgeistert schaue ich ihn an.
,,Hier? Jetzt?"
,,Wann denn sonst." Er grinst und zieht mich schon an sich.
Innerlich stöhne ich auf. Auf der einen Seite bin ich froh, dass ich gleich nicht völlig nackig im Salat stehe, auf der anderen Seite sehe ich schon, dass ich mich neben Alex völlig inkompetent fühlen werden.

Nach nur fünf Minuten überwiegt die zweite Befürchtung.
Ich fühle mich völlig inkompetent. Mir schwirrt der Kopf von allen möglichen Infos und Schritten und Drehungen.
Ständig trete ich Alex auf die Füße oder Stolper gegen ihn. Entnervt entwinde ich mich.
,,Da fehlt mir wohl einfach das Gen für das nötige Feingefühl.", seufze ich.
Er zwingt mich, ihn anzuschauen.
,,Du kannst Viggos legen?", fragt er.
,,Ja."
,,Endotracheal intubieren?"
,,Korrekt."
,,I.O.- Bohren?"
,,Was willst du?"
,,I.m. Medikamente injizieren?"
,,Was...."
,,Das nötige Feingefühl fehlt dir nicht. Nur der Wille.", sagt er sanft.
Ich bin etwas geknickt.
Er ergreift wieder meine rechte Hand und legt seien an meine Taille.
,,Von Vorne. Nur den Walzer müssen wir hinkriegen."

Als wie kurze Zeit später wieder zurückkehren, bin ich zufrieden. Mit etwas mehr Konzentration habe ich es tatsächlich geschafft, Wiener Walzer, Discofox und Rumba hinzubekommen. Als wir uns zurück in den Saal schleichen, wird gerade das Essen aufgetragen.

,,Wunderbar." Alex reibt sich grinsend die Hände und eilt zu unserem Tisch.
,,Dieses Timing...", Murmel ich.

Das Essen ist tatsächlich sehr lecker und definitiv auch gesünder als unser McDonals Besuch zuvor.
Aber Bei dem Gedanken daran, dass ich gleich tanzen muss, krieg ich kaum noch einen Bissen runter.
Schließlich wird mein Albtraum wahr. Wie in Zeitlupe bemerke ich, wie Alex mich auf die Beine zieht und in die Mitte des Raumes zieht- mit vielen anderen Leuten.
,,Mach dich locker.", flüstert er mir ins Ohr.
Erst jetzt bemerke ich, dass ich meinen Körper anspanne ein Brett.
Er legt meine Hand auf seine Schulter.
,,Entspann dich." Er lächelt mich an.
Die Musik beginnt.
Alex rechter Fuß vor,mein linker zurück. Rechter Fuß zur Seite.

Stell dir vor, du läufst um einen Bierkasten.

Ich erinnere mich an Alex' Ratschlag und tatsächlich funktioniert es ganz gut. Nach einer gefühlten Ewigkeit frage ich mich, wann die Musik endlich mal vorbei ist. Der Schweiß steht mir auf der Stirn und ruiniert mir bestimmt mein Make Up.
,,Du siehst süß aus, wenn du so angestrengt bist.", sagt Alex leise.
,,Ich opfere mich hier auf.", keuche ich.
,,Und wirst noch fürstlich entlohnt werden.", antwortet Alex.
Interessiert horche ich auf.

Nach weiteren vier Tänzen merke ich an, dass die Belohnung nicht nur fürstlich, sondern königlich sein müsse, angesichts dessen, was ich hier durchstehe.
Irgendwann hält mir ein Kellner einen Aperol Spritz unter die Nase, den ich dankend herunterstürze.
,,Langsam.", lacht Alex.

Das ist ja sonst kaum zu ertragen.

Nun standen Ehrungen auf dem Plan. Ich ließ mich dankend auf einen Stuhl fallen und streifte meine Schuhe unauffällig ab. Griff nach dem nächstbesten Getränk- 43 er mit Milch.
Gerade, als ich Alex fragen wollte, nach welchen Kriterien man denn geehrt würde, verkündete der Vorsitzende Alex' Namen.
,,Alexander Hetkamp, geehrt für sein vorbildliches Engagement in Kriegsgebieten, um Kindern dort den Zugang zu einer adäquaten medizinischen Versorgung zu bieten."

Alex steht auf. Geht zur Bühne. Eine Welle von Stolz überrollt mich, als er die Ehrung entgegen nimmt.
,,Möchten Sie uns etwas über Ihr Projekt erzählen?"
Der Vorsitz drückt Alex das Mikro in die Hand.
Er nimmt es an und schweigt erstmal.
Die Frauen vor mir unterhalten sich darüber, wie attraktiv er sei und dass sie ihn gleich mal ansprechen wollen.
Ich halte schon fast meinen Schuh in der Hand, um ihn diesen an den Hinterkopf zu schmeißen, da räuspert Alex sich.

,,Dieses Projekt zu realisieren hat mich gezwungen, eine Entscheidung zutreffen, die ich im gleichen Moment, nein eigentlich auch schon davor zutiefst bereut habe- zu gehen.
Wobei ich sagen muss, dass der Gedanke an meine Rückkehr und dem Wiedersehen jeden Tag meine Motivation war, dort alles zu geben. Der Gedanke an Sie war jeden Tag meine Motivation- sie bald wiederzusehen."

Er schaut zu mir rüber. Das war anscheinend nicht genau das, was der Vorsitzende hören wollte- aber anscheinend genau das, was Alex sagen wollte.
Applaus ertönt.
Und dann erzählt Alex - zur Erleichterung des Vorsitzenden- noch ein paar Eckdaten zum Projekt und verlässt nach einem weiteren feuchten Händedruck die Bühne.
Als er wieder zu mir kommt, mir einen Kuss gibt und ein ,,Danke" flüstert, mustern uns die Damen aus der Reihe davor sehr böse.
,,Zeit zu verschwinden, oder?", fragt Alex.
,,Jetzt schon?"
,,Es ist halb eins." Alex zieht mir meinen 5. Cocktail aus der Hand und stellt ihn wieder auf den Tisch.
Eigentlich bin auch echt müde und der spannende Teil des Abends- wenn es denn einen gab- ist definitiv vorbei.
Ich nicke, Streife meine Schuhe wieder über die Füße und stelle mich hin.
Schneller als ich gucken kann, bin ich zur Seite gefallen und wurde von Alex wieder aufgefangen.
,,Das war ein bisschen viel, nicht?"
Ich zucke mit den Schultern.
,,Aber das war wirklich eine Belohnung eben. Deine Worte.", sage ich schüchtern.
,,Ach so, lieb von dir. Aber das meinte ich gar nicht. Komm mit."
Er greift nach meiner Hand und zieht mich aus dem Saal, Richtung Aufzug.
Anstatt im Aufzug einen Knopf zu drücken, zieht er einen Schlüssel aus Jackett, steckt ihn über den Tasten ein und dreht ihn.
,,Was machen wir?", frage ich.
Er legt mir einen Finger auf die Lippen.
,,Abwarten."
Aufgeregt wie ein kleines Kind warte ich ab. Wir fahren lange Aufzug, nach Gefühl geht es nach oben.
Schließlich öffnen sich die Aufzugtüren und wir steigen aus. Ein kleiner Raum, mit Marmorboden.
,,Bereit?", fragt Alex und legt die Hand an den Türknauf.
,,Wofür?", flüstere ich und schaue ihn erwartungsvoll an. Seine Augen funkeln belustigt.

Dann öffnet er die Tür und schiebt mich raus.
Ich bin sprachlos.

Wir befinden uns auf einer kleinen Terrasse, auf dem Dach des Hotels.
Die Terrasse bietet fast einen 360 Grad Rundblick. Über die Dächer Kölns und noch viel weiter in alle Richtungen.
Ich laufe langsam Richtung Brüstung. Überall diese flimmernden Lichter, von den Straßen, Häusern, vom Rhein. Vom Flughafen. Ich kann mich gar nicht sattsehen.
Ich spüre, wie Alex von hinten an mich rantritt, seine Hände um meine Taille legt und mir einen Kuss in den Nacken drückt.
,,Wunderschön.", hauche ich.

Er dreht mich zu sich rum.
,,Ich liebe dich. Immer noch. Und mehr als je zuvor.", sagt er und man merkt an seiner Stimmlage, dass er längst nicht mehr so sicher ist, wie er es sonst ist.
,,Ich dich auch.", hauche ich.

Inmitten in der Stadt, die wohl wie viele anderen Großstädte auch niemals schläft, stehe ich also und habe in diesem Moment das Gefühl, dass wir gerade der Mittelpunkt dieser Welt sind.

______
Huhuuuu,

Ich hab's geschafft. Diese letzten zwei Kapitel haben sich beim Schreiben für mich gezogen wie Kaugummi. Keine Ahnung wieso...
Ich hoffe und glaube auch, dass das für die nächsten und leider auch letzten paar Kapitel besser wird!
Josi und Alex scheinen ja grad im 7. Himmel zu sein- wie lange das wohl so bleibt?
Keine Angst, ich möchte sie eigentlich nicht mehr voneinander trennen... die haben auch das Recht mal ein bisschen zusammen glücklich zu sein.
Aber das heißt ja nicht, dass nicht doch noch was passieren kann...

Laura ❤️

ASDS- auch Retter müssen mal gerettet werden Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt