Can't breathe without you but I have to

4.1K 153 47
                                    

Irgendwann muss ich mir eingestehen, dass es wohl keinen Sinn macht, hier noch länger nach dem Unbekannten zu suchen.
Auf dem Weg nach Hause frage ich mich, ob es wirklich er war. Wenn ja, weiß ich aber auch gar nicht, ob ich mich darüber freuen soll.

Wieso hat er sich dann noch nicht gemeldet?

Dumme Frage. Weil ich ihm gesagt habe, dass ich nicht auf ihn warte. Ganz klar.

Und trotzdem wünsche ich es mir irgendwie...

Nach meinem gestrigen Hoch ist meine Laune jetzt wieder auf dem Tiefpunkt. Und ich muss mir eingestehen, dass ich immer noch nicht ganz von ihm los bin. All meine Bemühungen, die ganzen Tränen, Wutausbrüche in den letzten Monaten... das kann doch nicht sein, das alles für nichts?

Die Tage vergehen und mit jedem Tag keimt in mir die Hoffnung weiter auf, dass er vielleicht heute vor meiner Wohnungstür steht. Oder mir schreibt. Jeden Abend, wenn ich die Wohnungstür abschließe und ins Bett gehe, sage ich mir:

Morgen vielleicht.

Dann stehe ich am nächsten Abend wieder an der Türe, schließe ab und sage mir:

Morgen. Ganz bestimmt.

Ich habe längst den Glauben aufgegeben, dass ich über ihn hinweg bin.
Und auch gelernt, dass es nicht der richtige Weg ist, mich zu bestrafen, wenn ich es merke. Oder versuche, die Gedanken an ihn zu unterbinden. Ich lasse es einfach zu.
Ich lasse zu, dass ich mich, wenn ich unterwegs bin, immer nach ihm umschaue.
Ich lasse zu, dass ich, wenn ich mit dem RTW am Krankenhaus bin, hoffe, dass er der behandelnde Arzt ist.
Ich lasse zu, dass ich abends beim einschlafen an ihn denke, mir vorstelle, wie es wäre, in seinem Armen einzuschlafen.

Das Schlimme ist, dass ich in den letzten Monaten so darauf aus war, alles von ihm zu vergessen, dass ich es zum Großteil wirklich getan habe. Ich versuche mich so sehr zu erinnern, wie seine Stimme klingt, wie er riecht. Aber ich schaffe es nicht.
Auch sein Gesicht wird immer blasser vor meinen Augen, immer unklarer.
Jetzt will ich mich wieder erinnern, und es geht einfach nicht mehr.

Mit jedem Tag jedoch kommt auch mehr der Gedanke, dass ich mich vielleicht getäuscht habe. Dass dieser Mann gar nicht er war.
Und das macht mich genauso verzweifelt wie die Tatsache, dass ich langsam erkenne, dass meine Illusion von einem Neuanfang eben nur...eine Illusion war.

Der Juni vergeht, der Juli vergeht. Viele fragen mich, was mit mir los ist.
Lena macht sich Sorgen. Meine Lebensfreude sei wieder weg, sagt sie.
Doch ich merke für mich, das ist etwas, womit ich alleine klar kommen muss. Da kann mir niemand helfen.

Weil ich nicht glauben kann, dass jemals jemand so empfunden hat wie ich.

Ende August jedoch verspüre ich wieder etwas Freude, nachdem ich mich mühsam durch die letzten Wochen, Tage und Schichten gequält habe.
Schützenfest steht an. Ich habe mich für alle Dienste eingetragen, dass obwohl ich eigentlich etwas krank bin. Irgendwie habe ich mir eine dicke Erkältung gefangen.

Am Freitagabend, bevor wir am Samstagmorgen nach Neuss aufbrechen, packe ich nach meinem Dienst meine Einsatzkleidung zusammen, damit ich morgen früh nicht alles suchen muss.
,,Hey..." Flo steht am Türrahmen vom Spindraum gelehnt.
,,Hey du." Ich streiche mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
,,Bist du sicher, dass du mitwillst?", fragt er.
Er sieht ernst aus.
,,Ja, klar, wieso?"
,,Du siehst echt fertig aus. Vielleicht gehörst du eher ins Bett.", sagt er.
,,Quatsch. Mir gehts soweit gut. Die Nase läuft ein bisschen.", winke ich ab.
,,Aber sonst bist du danach komplett fertig."
,,Nene. Der Dienst wird mir gut tun, wirklich Flo. Ich freue mich darauf."

Damit habe ich ein Argument, dass er kaum entkräften kann. In den letzten Wochen hat er so sehr versucht, mich zum Lächeln oder Lachen zu bringen... und wenn ich dann sage, dass ich mich auf etwas freue, wird er wohl kaum noch versuchen, es mir auszureden.

,,Das ist gut, Kleine. Das freut mich zu hören."
Er klingt aber überhaupt nicht danach und sie ziemlich nachdenklich aus.
,,Was ist denn?", will ich wissen.
Er verhält sich generell sehr komisch in letzter Zeit. Fragt mich in den letzten Wochen dauernd, wie es mir geht. Ob ich Alex vermisse. Wie ich mich verhalten würde, wenn er jetzt wieder da wäre.
,,Nix nix.", sagt er schnell. Ich beobachte ihn misstrauisch.
,,Ich glaube dir nicht, sorry Flo. Wieso willst du nicht, dass ich zum Schützenfest mitkomme?"
,,Ich bin nur besorgt.", antwortet er schnell.
Ich versuche ihn ernst anzugucken, aber es gelingt mir nicht.
,,Nur dass du es weißt. Ich glaub dir kein Wort."
Er schaut mich genauso ernst an.
Dann müssen wir beide lachen.

Schützenfest beginnt für mich sowie auch meine Kollegen mit der Versammlung bei uns an der Wache. Angelina ist (leider) unsere Führungskraft. Ob sie Einsatzleiterin ist, weiß ich nicht, ich hoffe nicht.
Tatsächlich hatte ich eigentlich gehofft, die paar wenigen Tage einfach mal Dienst machen zu können, ohne dass sie mir drei mal am Tag vor der Nase rumspringt.
Es bleibt wohl bei einem Wunsch.
Ihren Worte (sie ist mit dem Talent gesegnet, viel zu reden, ohne dass das Gesagte einen Inhalt hat), lausche ich nur halbherzig.
Gott sei dank darf ich mit Flo RTW fahren und muss sie nicht im NEF kutschieren.
Heute ist sie vor allem noch anstrengender als sonst. Hüpft noch mehr hysterisch rum. Klingt noch schriller. Und ist noch aufgetakelter als sonst.
Ich bin froh, als ihre Ansage beendet ist und wir uns auf die Autos verteilen.
Flo und ich streiten uns um die Schlüssel und spielen schließlich Schnick- Schnack- Schnuck.
Ich hab Stein. Er Schere.
,,Ha! Meine! Gib her!"
,,Bis drei.", sagt er.
,,Vergiss es. Her mit den Schlüsseln."

Er überreicht mir widerwillig die Autoschlüssel.
,,Wenn es dich glücklich macht.", sagt er grummelnd.
,,Ein wahrer Gentlemen.", antworte ich grinsend.
Er wirkt sehr nachdenklich, während der ganzen Fahrt. Aber auch ich hänge in meiner eigenen Welt.

Vor genau einem Jahr saß ich auf der Strecke neben Alex.
Was würd ich drum geben...

____
Ihr Lieben,
Bleibt gespannt... was wohl in Neuss beim Schützenfest passieren wird?
Ich hatte jetzt zwei Tagesdienste hintereinander, da war das Schreiben was schwer, aber ich Kriegs immer irgendwie zwischen geschoben.😁☺️
Nächste Woche wird in meinem Bundesland (NRW) Abitur geschrieben- ich wünsche allen viel Glück! Natürlich auch allen anderen!

Freunde,
Ich hab mittlerweile eine Konkrete Idee für mein nächstes Werk, Titel steht auch schon.☺️

Laura

ASDS- auch Retter müssen mal gerettet werden Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt