Vergnügt laufe ich zurück nach Hause.
Das Gespräch mit Michaela war überhaupt nicht, wie erwartet.
Ich fühle mich unerwartet... befreit. Als wäre eine große Last von meinen Schultern genommen. Und dabei haben wir eigentlich nur über meinen Alltag, meine Kindheit und meine Träume und Wünsche für die Zukunft geredet. Und ein bisschen über Alex.
Gar nicht über das... Geschehene selbst. Oder Patrik.
Dabei dachte ich vorab, dass ich dazu ausgefragt werden würde.Ich hatte ein völlig falsches Bild über Psychologen.
Natürlich, sie hat mir gesagt, dass noch viele Treffen folgen werden, aber im Großen und Ganzen freue ich mich fast darauf.
Alle Menschen, die mir entgegen kommen, schauen mich angesichts meines breiten Grinsens etwas verwirrt an.Es gibt Hoffnung für mich. Ich werde es wohl nie vergessen, aber vielleicht gut damit leben können. Und das ist ein gewaltiger Fortschritt.
Ich greife nach meinem Handy, um Alex davon zu berichten.
Dann aber stecke ich es wieder zurück.
Vielleicht besuche ich ihn einfach in der Klinik?Aber welchen Grund willst du den anderen dafür sagen?
Kurzentschlossen steige ich Zuhaus in mein Auto und fahre dann doch zur KaS.
Merkwürdig, mal auf dem Besucherparkplatz parken zu müssen und nicht mit Alarm in die RTW-Einfahrt brettern zu können.
Trotzdem gehe ich kurz daran vorbei.
Der 1/RTW-3 steht drin und Phil steht am 6/NEF-1. Benjamin und Franco desinfizieren grade die Gurte der Trage.,,Hey ihr!"
,,Josi! Ich würd dich ja gern umarmen, aber wir hatten grad einen Patient mit... naja, du siehst es ja."
Ich werfe einen Blick in den RTW. Bluterbrechen.
,,GI-Blutung?", frage ich.
,,Ja, und frag nicht nach Sonnenschein. So schnell konnten wir gar nicht absaugen."
,,Ich hab auf jeden Fall den Appetit auf meinen Döner verloren.", grummelt Benjamin verärgert.
,,Du bist nur noch nicht abgehärtet genug.", witzelt Franco.
,,Ich geb dir gleich abgehärtet."Phil beobachtet die beiden grinsend. Ihn hab ich lang nicht mehr gesehen.
,,Wo hast du dich rumgetrieben, Phil? Biste übergelaufen?"
,,Urlaub nennt man das, Zwerg."So nennt er mich immer. Dabei bin ich gar nicht Mal soooo klein.
,,Wo ging's hin? Ins schöne Mecklenburg?"
,,Schleswig- Holstein.", korrigiert er mich.
,,Ist ja fast dasselbe. Wars denn schön?"
,,Ja, wir haben da ja ein Ferienhaus in Sankt Peter-Ording. Hach." Er schließt träumerisch die Augen. Mit ,,wir" meint er seine Frau Katharina, die wirklich mega nett ist.
,,Irgendwann schmeiß ich den Job und Wander da hin aus.", schwärmt er.
,,Es nennt sich umziehen. Du kannst nicht innerhalb von Deutschland auswandern.", korrigiere ich ihn.
,,Ach Josi. Sei doch nicht so...."
,,So?"
,,Ja. So halt. Wie du bist.", sagt er und grinst vorwitzig.
,,Du magst mich eigentlich.", antworte ich selbstsicher.
Er seufzt.
,,Ja. Ich weiß auch nicht, wie das passieren konnte.",,Kleine!", ruft Franco.
,,Darauf höre ich nicht!", rufe ich zurück.
,,Sie hört nur auf Zwerg!", wirft Phil ein.
,,Ihr seid doch alle blöd.", antworte ich gespielt beleidigt.
,,Zwerg. Was machst du hier?", fragt Franco.Damit hab ich gerechnet.
,,Nachuntersuchung." Ich deute auf meinen Bauch. Die Verletzung ist zwar gut abgeheilt, aber ich brauche ja einen halbwegs plausiblen Grund um Alex zu besuchen.
,,Ach."
,,Ja, ich muss jetzt auch.", sage ich.
,,Na klar. Hey, hast du Lust, morgen Abend zum Grillen zu kommen?", fragt Phil.
,,Aber immer. Wer kommt den noch alles?"
,,Alle, die können. Aus dem KH, der Wache und auch ein Paar von der Polizei."Auch Alex?
,,Klar, gern. Was soll ich mitbringen?"
,,Dich selber, Hase. Und jetzt lauf.", er stupst mir mit dem Zeigefinger auf die Nase.Durch die Notaufnahme durch laufe ich Richtung Aufzüge.
Hoffentlich ist Alex grad nicht beschäftigt. Aber die Notaufnahme sieht sehr leer aus.
Ich begegne Paula, die allerdings zu vertieft in einer Patientenakte ist, um mich zu beachten.
Zaghaft klopfe ich an die Tür seines Büros.,,Ja bitte?"
Er ist da. Freudig öffne ich die Tür.
Das Büro ist sehr geschmackvoll eingerichtet. Helle Möbel, ein schöner, hellgrauer Teppich, eine Sofagarnitur und ein Glasschreibtisch, an dem er vor seinem Computer sitzt.
Er schaut auf und lächelt.,,Guten Tag, schöne Frau. Haben Sie sich verirrt?", sagt er charmant.
Gott, ich schmelze dahin.,,Ja, ist alles sehr verwirrend hier. Ich kenne mich mit sowas gar nicht aus. Vielleicht können Sie mir ja helfen?"
,,Da muss ich jetzt schwer überlegen. Kommen Sie doch mal bitte her."
Ich durchquere das Büro zu ihm. Er trägt mal wieder das obligatorische Hemd, Ärmel hochgekrempelt, die Haare leicht gegelt.Daran werde ich mich nie satt sehen können.
Ich stelle mich an seinen Schreibtisch, gegenüber von Alex.
,,Sie müssen schon auf die andere Seite kommen. Sonst kann ich nicht helfen.", sagt er.
,,Schwingen Sie doch ihren Arsch.", antworte ich und schaue ihm fest in seine Augen, komme dann aber doch zu ihm.,,Nicht so frech gegenüber dem Chefarzt bitte."
Er zieht mich auf seinen Schoß und drückt mir einen Kuss auf meine Lippen.
Ich schaue gespielt empört. Er grinst überheblich.
,,Chefarzt kriegt immer was er will. Und was machst du wirklich hier?"
,,Offiziell bin ich zur Nachuntersuchung meiner Schnittwunde am Bauch."
,,Da die schon verheilt ist, denke ich, dass der Grund ein anderer ist.", stellt er fest.
,,Exakt. Ich... wollt dich sehen.", sage ich kleinlaut. Er mustert mich prüfend.
,,Was hast du angestellt?", fragt er.
,,Ich war bei Michaela. Für ein Gespräch.",platzt es aus mir heraus.
Er sagt er gar nichts. Dann steht er mitsamt mir auf, wirbelt mich im Kreis und stellt mich dann wieder auf den Boden hab.
,,Das ist toll! Ich bin stolz auf dich." Er strahlt mich an.
,,Danke, jetzt ist mir schlecht."
,,Kotz bitte in den Mülleimer. Der Teppich ist grad neu."
,,Gönnst dir ja richtig auf den Nacken der Klinik."
,,Auf den anderen hatte bereits jemand erbrochen.", klärt er mich auf.
,,Oh." Ich muss lachen.
Er schaut mir in die Augen.
,,So mag ich dich. Unbeschwert glücklich."
Er hebt seine Hand und streicht mir über die Wange.
Ich lächele verlegen.
Er zieht mich an sich und gibt mir wieder einen Kuss, diesmal etwas fordernder.
Ich erwidere das, vergrabe meine Hände in seinen Haaren. Seine liegen an meinem Rücken, streichen über meine Taille, meine Seite. Irgendwann drückt er mich Richtung Sofa, als meine Kniekehlen das Möbelstück berühren, lasse ich mich darauf fallen. Er stützt sich rechts und links von mir ab.
Mein Herz galoppiert. Er küsst mich weiter verlangend. Ich fühle mich wie im siebten Himmel.Wo soll das hier hinführen, Josi?
Plötzlich klingelt sein Telefon.
Er löst sich von mir und geht entnervt dran.
,,Ja?... Ne... kann das nicht... ja ist gut." Er legt auf. Seine Wangen glühen.
,,Verzeihung, Pflicht ruft."
Ich ziehe sein Hemd zurecht.
,,Du siehst aus als ob...", setze ich an.
,,Als ob was? Ich habe eine Nachuntersuchung durchgeführt und den Weg erklärt.", sagt er schulterzuckend.
,,Natürlich. Ich wollt dich noch fragen- hat Phil dich auch wegen des Grillens bei ihm gefragt?"
,,Ja."
,,Gehst du hin?"
,,Ich geh überall hin, wenn es was zu essen gibt. Und du da bist."
,,Wunderbar."Er läuft Richtung Tür.
,,Du solltest dir... deine Haare vielleicht vorher noch was machen. Das passt nicht so ganz ins Verletzungsmuster.", sagt er grinsend.
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ASDS- auch Retter müssen mal gerettet werden
FanficJosephine arbeitet mit den Spezialisten im Rettungsdienst der Stadt Köln. Doch es wird nicht einfach für sie, denn irgendwann ist jeder mal gezwungen seine Vergangenheit aufzuarbeiten. Abgesehen davon kommt sie mit dem neuen Notarzt- Alexander Hetk...