It's nice to have a friend

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Die komplette Nacht liege ich wach. Als ich irgendwann die ersten Vögel zwitschern höre, irgendwann die ersten Sonnenstrahlen auf meiner Haut spüre, liege ich immer noch in unveränderter Position im Bett und starre an die Decke.
Ich habe Alex noch ewig in seinem Zimmer rum räumen  gehört, bin aber nicht hin. Noch einen Abschied hätte ich nicht ertragen.
Irgendwann dann, gegen 6 höre ich, wie er leise die Wohnungstür zuzieht.
Ich widerstehe dem Drang, zum Fenster zu sprinten und ihn noch einmal, ein letztes Mal, anzuschauen.

Und als er dann weg ist... schon da erdrückt mich die Stille der Wohnung. Vorher, wenn ich alleine war, wusste ich, dass Alex am nächsten Abend oder Morgen von der Arbeit kommen würde.
Dass er entweder, wenn ich dann abends auf der Couch saß, reinkommt, mich anlächelt, mir einen Kuss gibt, und sich zu mir setzt, oder sich, wenn er morgens von der Arbeit kam, vorsichtig zu mir legt, um mich nicht zu wecken.
Mich sanft in seinen Arm zieht und wenn ich dann doch aufwache, fragt, wie ich geschlafen habe.
Irgendwie hatten wir jetzt nur einen Sommer zusammen, aber ich habe mich doch so sehr dran gewöhnt... als ob wir seit Jahren zusammen leben.

Der schönste Sommer, den ich je hatte. Und jetzt kommt der schrecklichste Winter meines Lebens.

Ich habe ernsthaft überlegt, ob ich mir Urlaub nehme, oder mich krank melde- aber dann werde ich mir bewusst, dass ich meine gewohnte alte Struktur beibehalten muss, um das hier zu überstehen.
Und so stehe ich am ersten Montagmorgen des Oktobers pünktlich um halb sechs auf, um um halb sieben auf der Arbeit zu sein.
Vier Tage ist das jetzt her mit Alex.
Vier Tage, in denen mich unzählige Anrufe und Nachrichten meiner Kollegen und Freunde erreicht haben.

Vier Tage, in denen Franco, Flo, Linda und Jacky quasi vor meiner Wohnungstür gecampt haben, obwohl ich ihnen sagte, dass ich für mich allein sein möchte.

Vier Tage, die ich fast schlaflos verbracht habe. In denen ich mich zwingen musste, etwas zu essen und zu trinken. Duschen zu gehen, Zähne zu putzen.

Vier Tage, in denen ich das erste Mal gemerkt habe, wie viel Schmerz ich eigentlich empfinden kann- wobei ich damals schon bei Patrik dachte, es ginge nicht schlimmer.

Alex ist der einzige Mensch gewesen, der mich hätte wirklich verletzten können. Weil ich ihn in mein Leben gelassen und gewisser Weise von ihm abhängig gemacht habe.
Auch wenn er mich nicht aus Boshaftigkeit verletzt hat- er hat es.

Und es tut so weh...

Eigentlich hat Alex all seine Sachen mitgenommen, alles sieht aus wie vor seiner Ankunft.
Und trotzdem erinnert mich alles hier an ihn.
Mein Bett, mein Balkon, die Couch...
Alles.

Weswegen es vielleicht auch gar nicht mal schlecht ist, wenn ich jetzt mal hieraus komme.

Ich packe meine Sachen zusammen und ziehe mir dicke Jacke und Schal an.
Er scheint, als ob mit Alex auch das gute Wetter gegangen wäre. Vom goldenen Herbst spüre ich auf jeden Fall nichts.

Als ich auf der Wache ankomme, kann ich kaum aus dem Auto aussteigen und bin schon von meinen Kollegen umringt.

,,Hey, willst du wirklich arbeiten?", fragt mich Marion.
,,Ja. Will ich. Bitte Leute, verhaltet euch einfach normal. Das würde mir am meisten helfen.", sage ich direkt.

Ich fahre heute mit Flo. Ein kleines Stück Normalität. Als ich mir gerade einen Kaffee ziehe, kommt er angedackelt.
,,Hey... von denen Leuten, die dir wichtig sein sollten, kam kein einziges böses Wort über Alex und dich. Sie gönnen es dir.", sagt er leise.
,,Das ist lieb, Florian. Aber das ist jetzt auch egal.", antworte ich.

Der Tag zieht an mir vorbei. Ich könnte am Ende des Tages nicht mehr sagen, was wir für Fälle hatten.
Auch wenn ich mich bemüht habe, mich zu konzentrieren, einen Großteil war mit meinem Kopf woanders. Trotzdem waren die Patienten gut versorgt, die Arbeitsabläufe habe ich schließlich seit Jahren drin.
Doch auch auf der Wache schrie alles nach Alex.
Das Sofa, auf dem ich kollabiert bin, nachdem er mir einen Zugang gelegt hab.
Die Küche. Der Rettungswagen.
Ebenso beim Krankenhaus.

So langsam beschleicht mich der Verdacht, dass ich auswandern müsste, um Alex zu entkommen.
Und dann wäre er immer noch in meinem Kopf.
Da ich aber nicht vorhabe, auszuwandern, werde ich mich wohl arrangieren müssen.

Lena war die Erste, der ich die komplette Story erzählt habe, vorgestern Abend noch.
Es hat ziemlich lange gedauert, gut, ich wurde auch Zwischendurch von Heulkrämpfen unterbrochen.
Und ich konnte sie nicht davon abbringen, ihren Aufenthalt abzukürzen und zurückzukommen.

Auf dem Heimweg nach Hause verspüre ich das erste Mal wieder einen klitzekleinen Funken Freude.
Man, was hab ich sie vermisst.
Als ich auf das Haus zufahre, sehe ich schon ihren VW Golf vor der Haustüre stehen.

Schnell parke ich und stürme die Treppen hoch. Auf halber Strecke kommt sie mit entgegen und wir begrüßen uns so stürmisch, dass sie mit ihren Kopf gegen das Treppengeländer knallt.
,,Oh." Ich muss beschämt lachen.
,,Wir können ja schon wieder lachen.", sagt sie und strahlt mich an.

Mein Gott, was hab ich sie vermisst.

Lena besteht quasi aus guter Laune, Energie und Lebensfreude. Manchmal sehr anstrengend, aber gerade tut es einfach sehr gut.
,,Ich denke mal, du bist hungrig?", fragt sie und zieht mich die restlichen Treppen zur Wohnung hoch.
,,Aber sowas von."

Erst jetzt macht sich die Appetitlosigkeit der letzten Tage so richtig bemerkbar.
Sie hat Bruschetta zur Vorspeise, zwei Riesenpizzen und ohne Ende Kuchen als Nachtisch gekauft.
Ich schlage die Hände über dem Kopf zusammen.
,,Wen willst du denn verpflegen?", frage ich lachend.
,,Also ich hab Hunger für einen drei- Mann - Bauarbeiter Trupp.", sagt sie fröhlich, nimmt mir meine Sachen ab und drückt mich Richtung Sofa.

Den Rest des Abends verbringen wir mit Essen, Wein und Netflix.
Während ,Stolz und Vorurteil' breche ich immer wieder in Tränen aus. Sie tröstet mich mit einer Mischung aus in den Arm nehmen, in die Seite Boxen und komischen Sprüchen.
Irgendwann dann verlangt sie von mir, dass ich Alex beschreibe, denn immerhin hat sie ihn nicht kennen gelernt.
Das tut zwar weh, aber so wird mir irgendwie bewusst, dass auch er nur ein Mensch ist. Und nicht perfekt.

Auch wenn ich ihn abgöttisch liebe.

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Hellooooo zusammen!

Alsoooooo....
Ein paar Dinge würd ich euch gern sagen.

1.
jaaaa ich weiß ich bin gemein. Weil diese cuts, und dann so offene Enden bei den Kapiteln und soweiter...
Aber so bleibts ja auch spannend!

2.
Wir neigen uns doch langsam einem Ende zu. Auch wenn ich noch ein bisschen was mit euch vorhabe.

3. Neeein, die Gala habe ich natürlich nicht vergessen!

4. !Spoilerwarnung!

Ich denke, ihr müsst hier meine Einstellung zu Büchern ertragen, denn:
Ich lese, oder ich schaue Filme, weil ich happy Endings möchte. Die man im echten Leben nicht immer hat, aber happy endings im Buch lassen einen kurz in eine Welt flüchten, in der es nur happy endings gibt.
Und hoffen, dass es im eigenen Leben auch eins gibt. Gerade, wenn man sich mit den Figuren oder der Story identifizieren kann.

Und ich kann mich mit Josi identifizieren. Sie ist charakterlich und insgesamt gesehen so relativ mein Abbild. Sie zeigt meine Macken, meine Stärken, meine Sorgen, meine Ängste, meine Hoffnungen.

Also ich denke, ihr wisst jetzt, was das für die Geschichte heißt.

ASDS- auch Retter müssen mal gerettet werden Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt