Schützenfest ist damit für mich beendet. Die Verletzung sieht schlimmer aus, als sie ist, muss aber aufgrund der glatten Wundränder trotzdem genäht werden.
Tim hat auch Glück gehabt- die Arteria Femoralis in seinem Oberschenkel ist nicht getroffen.
Auf die viel gestellte Frage, wieso Alex entgegen aller Regeln einfach gefahren ist, antwortet er jedes Mal nur abweisend:
,,Ich habe ein Interesse daran, alle meine Leute heile nach Haus zu bringen."
Somit steht für alle hoffentlich außer Frage, dass er das für jeden von uns getan hätte.Unser Patient hat nicht überlebt, er hatte sich eine Überdosis Heroin gespritzt. Das Heroin war außerdem gestreckt- er hatte es von den anderen Männern angedreht bekommen.
Gegen die läuft nun ein Verfahren wegen mehrerer Verbrechen.
Tims und meine Aussage wird aufgenommen, aber ist fraglich, ob wir zu einem Gerichtstermin erscheinen müssen- was ich begrüße, da ich diesen Vorfall einfach so schnell wie möglich vergessen möchte.Zurück in Köln geht der Alltag wieder los.
Arbeiten, schlafen, essen, arbeiten.
Alex und ich versuchen viel Zeit miteinander zu verbringen, aber meistens bleibt uns noch nichtmal eine Nacht zusammen, da unsere Schichten so blöd gelegt sind.
Wenn er Zuhaus ist, bin ich weg, und andersrum.
Das macht mich zwar traurig- ich sehne mich nach seiner Nähe und seinen Berührungen, aber es gibt mir auch den nötigen Abstand, um rational über alles zu denken.
Es ist mir klar, dass es für mich nicht mehr zu Diskussion steht, mich zu fragen, ob ich das mit Alex will, sondern eher wie ich das mit Alex will.
Dass da etwas zwischen Alex und mir ist, ist auch offensichtlich- es ist aber keine richtige Beziehung. Es ist eher ein Verhältnis. Ohne Verpflichtungen.Er ist immer noch ein freier Mann und kann machen, was er will.
Und ich auch.Auch wenn ich genau weiß, dass ich keinen anderen Mann mehr als Alex angucken- aber das ist auch nicht neu.
Ich kann mir auch nichts mit einem anderen Mann vorstellen- genau genommen ist Alex auch der erste Mann seit Jahren, mit dem ich mir überhaupt etwas vorstellen kann.
Auch wenn ich weiß, dass es mehr Wunschdenken ist. Das hier wird enden, und ich kann nur hoffen, dass es mir nicht allzu sehr um die Ohren fliegen wird.
Aber: Carpe Diem- genieße den Moment.Und das tue ich, in vollen Zügen.
Es ist 20 Uhr, als ich den Schlüssel und die Melder vom RTW übergebe.
Mal wieder Überstunden gemacht- und nur durchgefahren, ohne Pause.
Alex hat Nachtschicht.
Als ich zum Parkplatz laufe, hält neben mir ein Auto mit quietschenden Reifen.
,,Darf ich bitten?",fragt Alex, nachdem er das Fenster runtergefahren hat.
,,Musst du nicht arbeiten?", frage ich.
,,Ich habe meine Schicht weggetauscht.", sagt er.
,,Wieso?"
,,Steig ein.", fordert er mich erneut auf.
Ich schaue mich um, ob grad jemand aufm Hof ist, der mich kennt und steige dann ein.
,,Wohin geht's?", frage ich.
,,Erstmal nach Haus."
Er fährt los.
,,Erstmal?"
,,Ja. Und da wirst du dir etwas Schickes anziehen."
,,Wieso das?"
,,Tu es einfach."
,,Schick im Sinne von Kleid oder Bluse?"
,,Wie du magst."
,,Soll ich meine Haare auch machen, oder mich schminken?"
,,Das darfst du entscheiden. Meiner Meinung nach ist das bei dir absolut nicht nötig."
,,Alex, was hast du vor?" Ich versuche ernst zu klingen, aber es gelingt mir nicht.
,,Du darfst alles Essen, aber nicht alles wissen."
,,Nein, Kiwi nicht, dann sterbe ich."Zuhause stehe ich absolut ratlos vor meinem Kleiderschrank. Ich habe sehr viele sehr elegante Klamotten, früher, Vor dem Rettungsdienst, habe ich im Büro gearbeitet. Aber ich hatte die Sachen ewig nicht mehr an.
Ich entscheide mich, dem Sommer angemessen, für eine weite, roséfarbene Hose aus Webstoff und eine weiße Chiffonbluse.
,,Was für Schuhe?", rufe ich.
,,Egal. Was du magst."
Da die Hose sonst den Boden berührt krame ich ein Paar rosafarbener High Heels raus.
Ein wenig Concealer, grauer Lidschatten mit rosa-lila Akzenten dabei, Wimperntusche und Rouge. Meine Augenbrauen kämme ich nur durch.
Meine langen, blonden Haare sehen nach diesem Arbeitstag offen nicht mehr schön aus. Ich binde sie zu einem hohen Pferdeschwanz und ziehe vorne ein paar Strähnen raus, damit es nicht zu streng aussieht.,,Fertig."
Ich nehme noch einen Blazer aus dem Schrank und trete ins Wohnzimmer.
Er dreht sich zu mir um.
,,Du siehst toll aus."
Ich erröte unter meinem Blush nun wirklich.
,,Danke."Den Weg kenne ich zur Genüge- ich weiß nur nicht, wohin es geht.
Über die Zoobrücke und dann weiter auf der A4.
,,Was hast du vor?"
Er sagt nichts und grinst nur.
Erst jetzt fällt mir auf, dass auch er ziemlich schick gekleidet ist.
Also- ist er immer, mit Hemd eben- aber nun hängt hinten im Auto auch noch ein Sakko, und er trägt anstelle von Sneaker nun Businessschuhe.
,,Du bist doof.", sage ich und verschränke die Arme.
,,Du wirst deine Meinung gleich ändern."
Wo will er hin? Irgendwann fährt er ab.
,,Hier hast du mal gewohnt, oder?", sagt er.
,,Ja..." Ich muss lächeln- ewig war ich nicht mehr hier.Fast sehe ich mich wieder auf der Straße Kettcar fahren oder im Sandkasten buddeln.
Das waren noch Zeiten...Wir fahren weiter und irgendwann, als wir die Schlossstraße hochfahren, checke ich es.
Aber glauben kann ich es nicht.,,Alex... verarsch mich nicht.", sage ich ungläubig.
Er strahlt wie ein Junge unterm Weihnachtsbaum.,,Tu ich nicht."
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ASDS- auch Retter müssen mal gerettet werden
FanficJosephine arbeitet mit den Spezialisten im Rettungsdienst der Stadt Köln. Doch es wird nicht einfach für sie, denn irgendwann ist jeder mal gezwungen seine Vergangenheit aufzuarbeiten. Abgesehen davon kommt sie mit dem neuen Notarzt- Alexander Hetk...