Bodyguard

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Er hat mir seine Jacke um die Schultern gelegt.
,,Danke.", hauche ich.
,,Geht's denn insgesamt was besser? So Kopfschmerzenmäßig und so?", fragt er.
,,Ja, insgesamt schon."
Ein leichter Duft geht von seiner Jacke aus. Sein Aftershave.
Stille.
,,Danke für die... Krankschreibung.", sage ich und muss lächeln.
,,Klar. War aber eine Ausnahme. Ich komm in Teufels Küche wenn das rauskommt. Du musst mir noch deine Krankenkassekarte geben, damit ich das alles halbwegs richtig aussieht."
,,Ja, kriegst du. Aber dann hätte ich mir die Ausnahme wohl eher für richtig krank sein aufheben sollen."
,,Wieso? Dann bekommst du auch eine richtige AU. Und außerdem... sahst du gestern aus als wärst du richtig krank."
,,Ja, aber bei einer AU wird man direkt für einen Woche krank geschrieben. Das vermeide ich deshalb immer."
,,Rettungsdienstler....", schnaubt er.
,,Und Ärzte sind viel besser?", sage ich lachend.
,,Nein. Man muss einen an der Waffel haben um das zu machen.", sagt er trocken.

Wieder Stille. Ich schaue krampfhaft aufs Wasser weil ich ihn sonst die ganze Zeit anstarren würde.
,,Was ist los bei dir?", fragt er dann ganz unverblümt.
,,Bitte?"
,,Was ist los?"
Ich hatte es schon beim ersten Mal verstanden- aber mir fiel auf die Schnelle nix besseres ein.
,,Was soll los sein?", frage ich etwas zu scheinheilig.
,,Das ist doch nicht normal.", sagt er vorsichtig.
Ich beiße in mein letztes kaltes Stück Pizza, um nichts sagen zu müssen. Es schmeckt immer noch verdammt gut.
,,Letzte Nacht. Das war doch nicht nur ein Albtraum. Ich dachte echt, ich müsste RTW und NEF holen."
Ich schlucke.
,,Es war eben ein sehr realistischer Traum."
,,Hast du das häufiger?"
,,Mein Gott, hast du nie Albträume?", frage ich. Es geht ihn nix an. Wirklich nicht.
Er sieht auf einmal sehr nachdenklich aus.
,,Doch. Doch, habe ich.", sagt er sehr leise und nestelt an einem Lederarmband an seinem Handgelenk rum.

Und einen kurzen Moment lang hab ich den Eindruck, dass ich hier nicht die Einzige mit einem Problem bin.

Er räuspert sich.
,,Wie bist du zum Rettungsdienst gekommen?", fragt er betont locker.

Hab ich wohl einen wunden Punkt getroffen mit der Frage.

,,Durch Flo. Wir kennen uns schon lange."
,,Wie habt ihr euch kennen gelernt?", fragt er und klingt interessierter als es wohl seine Absicht war.
,,War ein unangenehmer... Zufall.", sage ich.
,,Und du? Ich mein, so eine Position....", schiebe ich schnell hinterher.
,,Ich seh schon, Du willst nicht drüber reden."
Er lächelt leicht und ein bitterer Zug ist um seine Mundwinkel zu erkennen.

,,Ich will eigentlich schon, aber ich kann's nicht.", rutscht es mir raus.
,,Jeder hat doch Dinge die einen an etwas Unschönes erinnern.", schiebe ich schnell hinterher.

,,Wieso rechtfertigst du dich?"
,,Ich, weil... keine Ahnung."
Du bringst mich so durcheinander, Alex.
Also nicht mal nur die Fragen. Die Anwesenheit.
,,Ich hatte wohl einfach nur viel Glück in meinem Leben.", sagt er auf meine Frage.
Und dabei klingt er, als ob er das Gegenteil meint.
Ich widerstehe dem Drang, seine Hand, die nur ein paar Zentimeter neben mir liegt, tröstend zu drücken.
,,Woher kommst du?", frage ich.
,,Gebürtig Kölner. Hab ein paar Jahre in München gelebt."
,,Was hat dich hingezogen?"
,,Das Studium."
,,Ich hab mich auch beworben- aber mit 1.3 er Abi bin ich nirgendwo reingekommen- einzige Möglichkeit wären Privatuni oder Bundeswehr gewesen. Aber naja- so bin ich hier gelandet und damit bin ich auch eigentlich glücklich. Ich weiß nur, dass ich mit steigendem Alter wohl langsam mal Ausweichoptionen suchen muss."

Beim Wort ,Bundeswehr' ist er merklich zusammen gezuckt- zumindest hatte ich den Eindruck.
,,Was wäre, wenn du den Praxisanleiter machst und Dozentin wirst?"
,,Ich mag die Notfallrettung eigentlich..."

Und so entwickelt sich doch ein lockeres Gespräch über meine Zukunftsoptionen.

Als die nahe Kirchturmglocke 1 Uhr läutet, wundern wir uns ein wenig, dass es schon so spät ist.
,,Wir sollten langsam mal schlafen.", sage ich und erhebe mich.
,,Ja."
Er stöhnt kurz auf.
Ich erschrecke mich total.
,,Meine Beine sind eingeschlafen.", sagt er und winkt entwarnend ab.

Der Rückweg ist dunkler als gedacht- wir laufen durch einen kleinen Park, der kaum beleuchtet ist. Ohne Alex würde ich vor Schiss das Weite suchen. Trotzdem fühle ich mich unwohl- die Erinnerung an meinen Traum lässt mich dauernd meine Umgebung absuchen. Auch wenn es eigentlich Quatsch ist.
Wir gehen so nah einander, dass sich unsere Hände andauernd streifen.
,,Was ist los? Ist da jemand?", fragt Alex.
,,Nene- alles gut."
Plötzlich legt er seine Hand vorsichtig in meinen Rücken. Sie ist warm und deckt gefühlt meinen ganzen Rücken ab.
,,Ich lass schon nicht zu, dass man dich klaut.", sagt er und lacht leise.

Und an dieser Aussage habe ich auch keinerlei Zweifel.

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Hey ihrs,
Wie es der Titel verrät, fehlt mir noch die Idee für einen Titel- ich änder das so schnell ich kann, wollte euch das Kapitel aber nicht vorenthalten.
Danke für euer fleißiges Lesen- ich hab noch so viele Ideen....
Also ich müsst noch viele Kapitel in Zukunft ertragen 🤪
Laura

Update: hab's geändert- inspiriert von euren Ideen!

ASDS- auch Retter müssen mal gerettet werden Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt