Ich spüre es in meinen Knochen. Auch anhand der Vorfreude der Männer kann ich genau erkennen, dass es nicht mehr lange dauern wird, bis wir Festland erreichen und ich dieses Schiff verlassen werde. Es wird mir schwer fallen. Sehr sogar. Nicht nur, da es sich anfühlt, als hätte ich einen Teil meiner Familie wiedergefunden, was ich nach den Wochen auf der Black Hell nicht geglaubt hatte. Auch die Tatsache, dass zwischen Jason und mir die Wogen geglättet sind tut seinen Beitrag dazu. Was nicht bedeutet, dass es wie damals zwischen uns ist. Seit unserem Gespräch in seiner Kabine sind wir uns nicht mehr begegnet, was vielleicht auch besser so ist. Es wird mir den Abschied leichter machen, der früher kommen wird als ich dachte.
Es war wie eine Routine, die ich wieder aufgenommen habe. Das Kochen mit Joe. Die Gespräche mit Smith. Das Klavier spielen. All das hat mich an früher erinnert und es wird mir wie beim letzten Mal genauso sehr fehlen.
Da Smith vermutlich am Steuer ist sitze ich allein in seiner Kajüte, mal wieder an seinem Klavier und spiele eine Melodie, welche mich an eine erinnert, die mir Jason vor vielen Jahren beigebracht hat. Sie hat sich in mein Gedächtnis gebrannt und fließt problemlos durch meine Finger auf die Tasten. Die untergehende Sonne im Hintergrund verleiht eine besondere Stimmung, die die Musik noch spürbarer macht. Ich kann sie in jeder Zelle fühlen.
In den letzten Tagen habe ich mich auch entscheiden können, wohin mich mein Weg führen wird. Zurück nach Valencia. Es wird Zeit, dass ich wieder mehr Verantwortung übernehme. Dass ich an einem Ort bleibe, mir vielleicht ein Leben aufbaue. Und wer weiß wie sehr sich dieser Ort in den letzten Jahren verändert hat. Es hat mich einst überrascht und ich bin mir sicher, dass es das wieder tun wird. Die Melodie findet ihren Weg aus meinem Mund, harmoniert perfekt mit den Klängen des Klaviers, bringen mich zum Lächeln. Meine Augen schließen sich, konzentrieren sich auf jeden Ton, jedes Wort, lassen meinen Körper entspannen. Es kann ein Abschied sein. Doch wenn, dann einer, den ich bis zur letzten Sekunde auskosten will und werde.
Langsam beenden meine Finger die Melodie und meine Augen öffnen sich. Seufzend sehe ich auf die Tasten vor mir, bevor ich den Schutzdeckel des Klaviers nach unten ziehe und somit mein letztes Mal auf diesem wunderbaren Instrument abschließe. Mein Körper schreit nach Ruhe, welchem ich ihn auch geben werde. Von dem kleinen Hocker aufstehend gehe ich auf die Kommode zu, in welcher sich meine Kleidung befindet, und hole diese hervor um sie in meinen Beutel zu tun. Je früher ich dies hinter mich bringe, desto leichter sollte mir der Abschied fallen. Zumindest hoffe ich es.
Mit der Schüssel und dem warmen Wasser vor mir reinige ich meinen Körper, ehe ich mir ein Nachthemd überziehe, das ich auf dem Markt Tortugas ersteigert habe. Meine Füße tragen mich in das große bequeme Bett, wo ich mich in das dicke Fell einhülle, und merke wie die täglichen Arbeiten gepaart mit meinem inneren Gefühlschaos ihren Tribut zollen und meinen Körper in völlige Ruhe setzen. Doch selbst in meinen Träumen verfolgen sie mich. Das Schiff, welches über die Weltmeere segelt. Die Männer, welche mit breiten Grinsen lachen und sich auf den nächsten Kampf freuen. Er, wie er mir dieses Lächeln schenkt, was ich damals Tag für Tag sehen durfte. Mein Name aus seinem Mund, wieder und wieder.
Dass Letzteres jedoch kein Traum ist wird mir erst klar, sobald ich wach werde und etwas Warmes an meiner Wange spüre. Blinzelnd öffne ich meine Augen, erkenne, dass er tatsächlich vor mir steht - oder eher kniet. Ein kleines Lächeln schleicht sich auf meine Lippen, auch wenn es das vielleicht nicht sollte. "Was tust du hier, Jason?", frage ich mit verschlafener Stimme, genieße dabei die Wärme seiner Hand, die noch immer auf meinem Gesicht ruht.
Er zuckt mit seinen Schultern, dennoch weicht sein Lächeln kein Stück. "Ich konnte nicht schlafen und wollte dich sehen." Seine Hand wandert von meiner Wange in mein Haar, durch welches er wieder und wieder streicht. Ein Seufzen entweicht meinem Mund, bevor ich einen Blick aus dem Fenster sehe und bemerke, dass es mitten in der Nacht ist. "Wenn es dir hilft können wir ein wenig reden. Vielleicht kannst du danach besser schlafen." Ich lasse bewusst seine Worte außen vor, denn es wäre töricht von mir zu viel in diese Worte zu legen. Bevor er antworten kann setze ich mich auf, warte dann aber auf seine Reaktion. Er stellt sich wieder auf meine Beine, streckt mir seine Hand entgegen. "Aber bei mir."
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Bloody Seduction
VampireSophia Suarez ist der wahr gewordene Traum eines Mannes - langes schwarzes Haar, sinnliche Lippen und ein Körper zum niederknien. Ihrer Wirkung ist sie sich mehr als bewusst - schließlich erleichtert ihr dies ihr Leben als Vampir schon seit fast 300...