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Seitdem Anna und Vincenco einen Tageslichtring haben merke ich genau, wie sich ihre Leben gewandelt haben. Man hat es bei Vincenco viel mehr gespürt, aber auch an Anna kann man jetzt erkennen, wie sehr sie es vermisst hat am Tag ins Sonnenlicht gehen zu können. Allein die Tatsache, dass sie den ganzen Tag kaum aufzufinden ist, sondern mit ihrem Mann und ihrem Sohn draußen und ihre Stimmung noch besser ist als sonst hat es gezeigt - die Sonne bringt immer das Gute in einem hervor, wenn nicht noch mehr als ohnehin schon.

Allerdings merke ich auch, dass Marcel sich seitdem mehr an sie wendet, was mich stutzen lässt. Wenn ich sie darauf anspreche bekomme ich jedoch keine konkrete Antwort, weder von ihrem Mann noch von meiner besten Freundin. Auch Valeria hat wieder mehr Kontakt zu Marcel, was sich allerdings auch damit erklären lässt, dass sie immer noch für ihn schwärmt. Ich bin nur froh, dass sie nicht wieder denkt, dass sich etwas zwischen mir und ihm entwickeln würde. 

Besonders die letzten Tage scheint viel los zu sein. Auch, wenn es eher unauffällig durchgeführt wird, was auch immer sie tun, habe ich sie gesehen. Männer, die blutüberströmt vor dem Morgengrauen zurückkehren und versuchen so unbemerkt wie möglich wieder in den Untergrund zu gelangen. Und bis auf wenige gelingt es ihnen sicher gut, doch haben sich meine Sinne durch meine Zeit auf See noch mehr geschärft, sodass es mir nicht entgangen ist. Was mich aber mehr als beunruhigt ist die Tatsache, dass auch Vincenco und Anna in den letzten Tagen sehr beschäftigt gewesen sind. Da ich mir einfach nicht erklären kann was in dieser Zeit vor sich geht beschließe ich direkt zur vermutlichen Quelle zu gehen.

Daher stehe ich nun direkt vor Marcel's Heim und klopfe an seiner Tür, die mir im nächsten Moment geöffnet wird. Er schaut leicht verwundert zu mir und als ich ihn genauer betrachte merke ich, dass er offensichtlich das Haus verlassen wollte. Stellt sich nur die Frage für was. „Sophia, was kann ich für dich tun? Ich werde leider erwartet, meine Zeit ist knapp." 

Seine Stimme ist höflich, doch die Eile ist in ihr trotzdem zu hören. „Das kann ich sehen. Keine Sorge, das wird nicht lange dauern."
Ich schiebe mich an ihm vorbei und höre ihn hinter mir leise lachen. Einerseits ist es schon riskant von mir ihn so zu behandeln, aber wenn man Jahrzehnte auf einem Schiff verbracht hat und dort das Kämpfen mit und ohne Schwert zu genüge gelernt hat, denke ich, muss ich mir nicht all zu viele Gedanken machen. Ganz davon abgesehen, dass er mich offensichtlich braucht. In seinem Wohnzimmer setze ich mich auf das Sofa, streiche mein Kleid glatt während Marcel sich vor mich stellt und mich abwartend mustert.

„Ich verlange Antworten", komme ich direkt auf den Punkt und er verschränkt daraufhin seine Arme voreinander, wodurch seine Muskeln sich deutlich anspannen. „Und auf welche Fragen?"
Ich hebe eine Augenbraue, seufze aber auf, als er nicht weiterspricht. „Was geschieht nachts? Ich sehe die Männer, die mit Blut an ihren Körpern wieder zurückkommen. Sie haben nicht wirklich die Begabung sich gut genug umher zu schleichen."

„Schlaues Weib", murmelt er leise, dennoch kann ich es hören und stehe nun ebenfalls auf, da mir die Konstellation, dass ich sitze und er steht, nicht grade zusagt. „Meine beste Freundin und ihr Mann sind die letzte Zeit mit irgendwelchen Tätigkeiten beschäftigt und sprechen kein einziges Wort darüber. Meine Schwester schleicht wieder mehr bei dir umher und das gefällt mir nicht."

„Ist da etwa jemand eifersüchtig?", fragt er neckend und ich verdrehe meine Augen. „Keinesfalls. Tut mir leid das sagen zu müssen, aber Sie, Mr. Cringston, entsprechen nicht unbedingt meinem Geschmack."
„Das verletzt mich zutiefst", erwidert er amüsiert und löst seine Arme, um sich nun statt mir auf das Sofa zu setzen. „Bist du sicher, dass du das wissen willst, Sophia? Es gibt Dinge, von denen du nichts weißt."

„Und genau deswegen bin ich hier. Mich kann nichts so leicht verschrecken, dessen solltest du dir vielleicht bewusst geworden sein. Außerdem sind wir Vampire. Etwas, was Menschen als Legenden ansehen. Was soll mich da noch überraschen?"

Bloody SeductionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt