Bloody Seduction

•32•

„Scheisse man!", höre ich jemanden fluchen, doch meine Gedanken kreisen sich nur noch um das, was Jason gesagt hat.

"Ich habe schon einmal jemanden gesehen der so kämpft wie du Sophia."
"Ich habe deinen Vater kämpfen sehen."

Meine Augen finden sofort seine als er mich in seine Arme zieht und uns von den Augen der anderen wegdreht.
„Bring uns so schnell es geht nach Tortuga!", schreit Jason über mir zum Steuermann, bevor ich seine leise Stimme an meinem Ohr höre.
„Er müsste noch dort leben Sophia."
Ich spüre wie er mir einen Kuss auf die Stirn haucht.
„Er ist nicht tot, so wie ihr es all die Jahre gedacht habt."

Ohne Gegenwehr lasse ich mich von ihm zu seiner Kajüte ziehen, wo er die Tür hinter uns schließt und sich auf das Bett setzt, neben sich klopft, dass ich zu ihm kommen soll. Zögernd komme ich seiner Bitte nach und setze mich neben ihn auf sein Bett.
„Ich...", fange ich an, verstumme jedoch wieder. Bin nicht imstande einen klaren Gedanken zu fassen. Mein Vater war immer die wichtigste Person in meinem Leben. Die mich in allem unterstützt hat, sich alle meine Sorgen angehört und mir einen guten Rat gegeben hat. Der alles für seine Familie gegeben hat und die glaubte, er wäre vor Jahren gestorben.

Was wäre, wenn wir gewusst hätten, dass er noch lebt. Hätte es etwas geändert? Wie wäre unser Leben weiter verlaufen? Wäre meine Mutter nicht zu einer Hure geworden und hätte sich mehr um ihre Kinder gekümmert?

Meine Gedanken geben mir keine Ruhe, selbst als ich meine Augen schließe und versuche tief durch zu atmen. Dass mich diese Tatsache so umwirft hätte ich nicht gedacht und doch sitze ich hier, weiss nicht, was ich sagen soll. Als ich meine Augen wieder öffne sehe ich neben mich in Jason's Augen.
„Wie kann das möglich sein? Ich verstehe das nicht.", flüstere ich, schüttle ungläubig meinen Kopf. Er greift nach meiner Hand und hält sie fest als er anfängt zu sprechen.
„Ich weiss, dass es schwer zu glauben ist."

Der Blick, mit dem er mich ansieht, ist tröstend und beruhigend zugleich, sodass sich meine Anspannung ein wenig löst.
„Vor gut sechs oder sieben Jahren habe ich ihn gesehen. Einer der beeindruckensten Kämpfer, die ich kenne. Er war auf einem der Marine Schiffe, welche mehrere Piratenschiffe angegriffen haben und ich bin schliesslich mit meiner Crew ebenfalls an Board der Marine Schiffe gegangen. Wir haben sie fast alle umgebracht."

Ich schlucke bei der Vorstellung, wie mein Vater gegen Vampire kämpft, und meine Hand, die in seiner liegt, versteift sich ein wenig.
„Habt....warst du auf seinem Schiff? Habt ihr ihn angegriffen?", frage ich direkt und hoffe innerlich, dass seine Leute nicht diejenigen gewesen sind, die das Schiff, auf dem mein Vater gewesen ist, angegriffen haben. Aber selbst wenn, kann ich es ihnen verübeln? Aktion - Reaktion. Sie haben sich nur verteidigt, wieso sollte ich sie also deswegen verachten oder hassen?

„Ich war auf seinem Schiff ja, aber keiner von uns hat ihn angegriffen. Die East India Training Company hat ihre Waffen gegen die spanische Flotte, auf der dein Vater war, gerichtet und dann haben die Piraten ihre Chance ergriffen. Wir haben lediglich die Company versenkt."
Kurz stockt er um mich wieder anzusehen.
„Dein Vater hat beeindruckend gekämpft, trotz der Wunden, die er hatte. Er war einer der letzten Überlebenden Spanier und ich wusste, dass ihn jemand am Leben hält. Jeder normale Mensch wäre gestorben, aber er hatte so viel Kraft, wie ich zuvor noch nie gesehen habe."

Ein kleines Lächeln bildet sich auf meinen Lippen.
„Ja, er beeindruckt einen immer wieder. Jedes Mal, wenn er von einem Kampf wiedergekommen ist, ist das erste, was er getan hat, mich und meine Mum zu umarmen und uns minutenlang nicht loszulassen. Und wenn er gehen musste, sagte er immer, dass er für uns kämpft und alles auf sich aufnehmen würde um wieder zu uns zu kommen."
Ich kann seine Stimme genau hören, als ich noch kleiner war, und die Erinnerung daran entlockt mir eine Träne, die ich schnell wegwische.
„Aber wieso ist er auf Tortuga? Ich meine, es muss doch einen Grund geben, wieso er nie zurückgekommen ist."