Kapitel 10

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Grace' PoV

Nach der Reihe kamen die Spieler aus der Halle und verabschiedeten sich von mir, manche gründlicher als andere. Ohira lächelte mich freundlich an, Goshiki winkte mir sogar als er schon Meter weit weg war über die Schulter noch ein letztes Mal zu und auch Shirabu, der gegenüber den Jungs die ganze Zeit über konzentriert und ernst gewesen war, konnte sich zum Abschied ein Lächeln nicht verkneifen. Ich fühlte mich wohl, willkommen, die meisten gaben mir mit ihrer freundlichen Art ein gutes Gefühl.

Tendo war der einzige der mich nicht einmal ansah, als er in der Dunkelheit verschwand. Er rief mir nur im Vorbeigehen eine kurze Abschiedsfloskel zu, riskierte aber nicht einmal ein Augenzwinkern über seine Schultern in meine Richtung. Es kam mir irgendwie widersprüchlich vor, war er doch auf dem Spielfeld mit seiner extrovertierten und lebendigen Art einer der auffälligsten Spieler gewesen.

Als Wakatoshi dann endlich aus der Halle kam, konnte ich vor lauter Erleichterung beinahe gar nicht mehr an mich halten. Ich war ihm unendlich dankbar für seine Bemühungen mich gut zu integrieren, dieser Nachmittag hatte meine Nervosität und die Ängste, die mich, wenn auch nur unterschwellig, seit Tagen plagten, lindern können.

Es war nicht so, als hätten meine Knie bei dem Gedanken auf die Shiratorizawa zu wechseln vor Angst geschlottert. Ich muss jedoch zugeben, dass ich Respekt vor dem hatte, was da auf mich zukam. Immer hin handelte es sich trotzdem um eine Eliteschule, auf der jeder einzelne hart arbeitete und immer sein Bestes gab. Sobald man das Schulgelände betrat, war die Luft schwer von dem Fleiß und dem Biss, den jeder einzelne mitbrachte. Die Atmosphäre raubte einem Neuankömmling wie mir beinahe den Atem, alles atmete Blut, Schweiß, Tränen und einen altehrwürdigen Ruf, der nicht nur gehalten und gepflegt, sondern auch erweitert und ausgebaut werden wollte.

Dazu kam, dass ich trotz allem nur zur Hälfte Japanerin war, vorzugeben die Kultur, die damit verbundenen Lebensweisen und Rhythmen, die das Leben in diesem Land mit sich brachte, zu kennen, wäre eine Anmaßung meinerseits gewesen, die ich nicht im Geringsten rechtfertigen hätte können. Es war für mich nie schwer gewesen mich anzupassen, auch wenn ich ein kleiner sturköpfiger Individualist bin/war. Eigentlich war ich sogar recht gut darin, mir eine Tarnkappe überzuwerfen und mich in einer neuen Gesellschaft und ihren Strukturen einzufügen. Meine Mutter hatte mir das bald unterbewusst beigebracht und durch die vielen Aufenthalte in verschiedenen Nationen rund um den Erdball hatte ich mir diese positive Eigenschaft nicht nur angeeignet, sondern auch perfektioniert. Die japanische Kultur ist in beinahe allem von Grund auf verschieden zur europäischen, beide haben sowohl Vor- als auch Nachteile, das will ich gar nicht bestreiten, die Angst etwas falsch zu machen, hatte mich jedoch mehr als nur ein paar Stunden wach gehalten. Von mir wurde erwartet zu funktionieren, egal zu wie viel Teilen ich aus diesem Land stammte, ich hatte mich so zu verhalten und gebärden, so zu sprechen und zu geben, wie eine waschechte Japanerin.

Meine Mutter hatte mir auf der Autofahrt zur Schule noch gesagt: "Ab jetzt bist du nicht mehr die britische 'Teatime', aufgesetzt und pseudo-prestigeträchtig. Ab jetzt musst du so denken, handeln und sein wie die japanische Teezeremonie höchstpersönlich. Würdevoll, alt, ehrwürdig, beständig und geradlinig. Und wenn du das nicht schaffst, tust zu zumindest so." Auch wenn es ich es nicht ausstehen konnte wie sie über England und seine Traditionen sprach, als wären sie minderwertig, lächerlich und unecht, ich musste ihr recht geben. Ab jetzt musste ich anders denken, meine Tarnkappe wieder benutzen, zumindest solange, bis sich die Japanerin in mir mit der Umgebung angefreundet hatte und sich an die neue Situation gewöhnt hatte. Tokyo, versprach meine Mutter, würde einfacher werden als Sendai...

Als er aus dem flimmernden Licht der Leuchtstoffröhren der Sporthalle trat, nickte er mir zu und setzte schon zum Gehen an, da blieb ich noch für einen Moment länger stehen und sagte: "Wakatoshi, ich möchte dir danken." Er wandte sich um, lächelte mich an und erwiderte:" Wofür denn?"

Sakura - A Haikyu!! FanFictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt