Kapitel 57

516 40 9
                                    

Satoris PoV

Ich starrte aus dem Fenster. Draußen war es strahlend schön, es hatte an die 25°, keine einzige Wolke war am Horizont zu sehen, das Wetter schlug mir auf die Stimmung. Mir kam es fast vor, als würden sich die singenden Vögel, die scheinende Sonne und das angenehm sommerliche Klima über mich und meine Situation lustig machen - ich hasste jede Sekunde, in der ich dieses kitschige Wetter ertragen musste.

In zwei Stunden würde ich zum Training müssen, mir von Washijo Moralpredigten und Schimpftiraden anhören, und so tun, als wäre zwischen Wakatoshi und mir nichts vorgefallen, als wäre das mit Sakura nie gewesen. Bei dem Gedanken drehte sich mir der Magen um.

Morgen würden wir eine Klausur in Englisch schreiben, ich hatte dafür heute noch mit ihr und den anderen lernen wollen, nur zu gerne hätte ich nach ihr gesehen. Ich wusste, dass sie sich eine schwere Erkältung eingefangen hatte, und seit Freitagabend nur im Bett lag. Ich wusste auch, dass ihr der Rest der Mannschaft morgen nach der Schule einen Besuch abstatten wollte, als Semi den Vorschlag unterbreitet hatte, hatte Wakatoshi mich eindringlich und auffordernd angesehen. Natürlich sagte ich hab, hatte ihnen eine weitere Lüge aufgetischt, es tat mir so weh sie nicht sehen zu können, sie nicht halten zu können. Die Nachrichten, die wir einander geschrieben hatten, las ich mir oft durch, obwohl ich genau wusste, dass ich mir so selbst nur noch mehr Salz in meine Wunde streuen würde. Ich konnte es einfach nicht lassen. Der Gedanke an sie, alleine in ihrem Bett, mit Fieber und einem gebrochenen Herzen, für das ich verantwortlich war, brachte mich beinahe um den Verstand.

Was mir jedoch am schlimmsten zusetzte, war der Umstand, dass ich mit niemandem reden konnte und so tun musste, als ob nie etwas gewesen wäre, als hätte der vergangene Freitagnachmittag nie stattgefunden. An Wakatoshi war nicht zu denken und die Reaktion des restlichen Teams wollte ich mir gar nicht vorstellen. Ich dachte viel an Sakura, wie es ihr ging, was sie nun vorhatte, und wie es zwischen uns in Zukunft sein sollte. Es gab so vieles, das ich ihr noch gerne gesagt hätte, wie sehr ich sie mochte, was mir an ihr lag, dazu hatte ich nur leider nun keine Gelegenheit mehr.

Nakamura kam zur Tür herein, als ich noch immer in Gedanken versunken mit dem Kinn auf meinen Unterarmen ruhend vor dem Fensterbrett saß. Zuerst bemerkte ich ihn gar nicht, erst als er sich räusperte, schreckte ich auf und wandte mich zu ihm um. "Was willst du?", fragte ich genervt.

"Du blockierst den Schreibtisch, ich will lernen", erwiderte er trocken und stützte seine Hände in die Hüfte. Ich seufzte nur und erwiderte: "Musst du das unbedingt hier machen? Siehst du nicht, dass ich dieses zum Kotzen hässliche Wetter bestaune?" Keine Antwort. Irgendetwas stimmte nicht, normalerweise ließ er so eine Angelegenheit nicht auf sich beruhen.

"Sag mal bist du krank oder so? Es ist total geniales Wetter draußen und du nennst es 'zum Kotzen hässlich'? Was ist denn in letzter Zeit mit dir?"

"Seit wann interessiert es dich was mit mir los ist oder wie es mir geht? Du bist doch nur angefressen, weil ich jetzt wieder öfter hier bin. Und jetzt lass mich in Ruhe...."

"Ganz unrecht hast du nicht, immerhin hab ich die Zeit in Ruhe und Frieden genossen.... Aber wenn dir was zustoßen sollte, bin ich als dein Zimmergenosse die erste Anlaufstelle, und ich will mit deinen Problemen nun wirklich nicht näher zu tun haben, also rede entweder jetzt oder beruhig dich wieder."

Immer noch mit dem Kopf zum Fenster gewandt, verdrehte ich die Augen. Dieser Spinner ging mir so unglaublich auf die Nerven, dass ich ihn am liebsten auf seinem Drehstuhl geradewegs nach draußen auf den Gang geschoben hätte. Auf keinen Fall wollte ich mich vor meinem Zimmergenossen, dem ich im Grunde genommen sowieso egal war, weiter rechtfertigen, also beschloss ich in die Bibliothek zu gehen um, man höre und staune, zu lernen. So schnappte ich mir meine Sachen und ging zur Tür, ohne ein weiteres Wort zu verlieren. Kaum stand ich vor der Tür, klopfte es an letztgenannter. Verdutzt wandte sich Nakamura zu mir um und fragte: "Erwartest du jemanden? Bist du deswegen so aufgekratzt?" Ich winkte ab und öffnete.

Vor mir stand Haruka, eines der Mädchen mit denen Sakura befreundet war, und forderte mich auf: "Ach sehr gut, zu dir wollte ich! Kommst du mal kurz mit raus?" Nakamura kicherte im Hintergrund und rief mir nach: "Oijjoijjoij, hast du etwa eine Freundin und kriegst jetzt eins hinter dir Löffel?" Gereizt fauchte ich ihm ein "Klappe, du Idiot" über die Schulter zu. Schnurstracks gingen wir in Richtung der Treppen. In einer der seitlichen Nischen blieb sie stehen, drehte sich zu mir um und fragte mich mit einem unangenehm bohrenden und wütenden Blick: "Darf ich mal fragen, was du mit Grace gemacht hast? Sie ist am Boden zerstört, das Fieber und die Erkältung sind momentan ihre geringsten Probleme!"

"Woher weißt du davon?"

"Sie hat es mir erzählt, alles. Ich weiß was vorgefallen ist, und ich will wissen warum du so schändlich mit ihr umgehst! Sie hat dich so gerne, deine Worte haben ihr so sehr wehgetan! Was hast du dir dabei gedacht? Hast du dich nur mit ihren Gefühlen gespielt?"

Ich wusste nicht was ich antworten sollte. Die Wahrheit? Tatsächlich wäre alles, was ich in diesem Moment gesagt hätte, falsch gewesen, es war eine ausweglose Situation.

"Hör mir zu: Es tut mir so leid, was ich ihr angetan habe, und wenn sie wüsste, wie sehr sie mir fehlt, und ich es bereue sie so rüde von mir gestoßen zu haben dann-.."

"DANN SAG IHR DAS DOCH DU HIRNI! Grace hat sich in dich verliebt und leidet wie ein Hund an dem was passiert ist! Ich verstehe nicht warum du sie so sehr verletzt! Lässt du dir wirklich von Ushijima sagen, was du zu tun und zu lassen hast?"

"Das Ganze ist nicht so einfach-..."

"Könnest du mich dann bitte aufklären was dein verdammtes Problem ist?"

"Ich kann es dir nicht so einfach erklären...."

"MEINE GÜTE! Warum bauscht du das ganze so auf und lässt all das Desaster zu? Magst du sie denn?"

"Ich bin verrückt nach ihr."

"Und warum lässt du sie dann so einfach gehen?"

Die Antwort kannte ich, aber ich konnte es ihr nicht so einfach sagen.

"Tendou könntest du mir antworten?"

Immernoch überlegend in welches verbale Kostüm ich die Erklärung kleiden sollte, winkte sie ab und fügte hinzu: "Weißt du was? Vergiss es einfach! Ich kann dich einfach nicht verstehen, du scheinst Grace wirklich gern zu haben, und sie dich ebenso, es ergibt einfach keinen Sinn warum du jetzt so mit ihr umgehst! Du bist mir immer schon suspekt gewesen, aber jetzt kann ich dich nicht einmal mehr ansehen, nachdem du ihr das angetan hast!" Mit diesen Worten zog sie ab und ließ eine Tür hinter sich zuknallen. Ich blieb zurück, und fühlte mich alleine gelassen, nicht nur von Haruka.

Ich vermisste Sakura so sehr, jetzt schon.

Sakura - A Haikyu!! FanFictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt