Kapitel 32

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Grace PoV

Die darauffolgende Woche zog sang- und klanglos an mir vorbei. Die ersten Zwischenprüfungen standen an, für die es ordentlich zu pauken galt.
Mitte der Woche rief ich meine Mutter an, um ihr ein wenig zu erzählen, hauptsächlich aber wegen der Prüfungen die ich ablegen sollte und denen, die ich bereits geschrieben hatte. Wir redeten bei weitem nicht regelmäßig, da ich mir beinahe gänzlich sicher war, dass sie eher mit Wakatoshi Kontakt hielt um sich von meinem tugendhaften Benehmen und der Kontinuität meiner guten Leistungen zu überzeugen. Einmal hatte sie mir bis jetzt eine E-Mail geschrieben, in der die Prospekte der Universitäten und die Aufforderung alsbald Bewerbungen für diese zu verfassen enthalten war, mehr nicht. Tatsächlich waren wir stillschweigend beide der Auffassung, dass das auch mehr als ausreichend war, es hätte ihr ohnehin nicht gestanden auf einmal die gute und fürsorgliche Mutter zu spielen, das war nicht ihr Stil. Mit dieser Tatsache hatte ich mich relativ früh abgefunden, und mittlerweile plagte mich ihre Kälte und ihr Desinteresse an meinem tatsächlichen Willen und Wohlbefinden nicht mehr. Genaugenommen war ich immer primär die Tochter meines Vaters gewesen, mit dem ich viel mehr Interessen teilte. Sich mit ihm zu unterhalten, war ganz anders als es mit meiner Mutter war. Bei ihr schwang immer der diplomatische Unterton mit, und zeitweise hatte man das Gefühl sie wollte sogar anhand der Diskussion am Esstisch ob es nun Pizza oder Nudeln geben sollte ihre Verhandlungsfähigkeiten und ihr natürliches diplomatisches Geschick unter Beweis stellen. Alles ging sie kühl, durchdacht und berechnend an. Einerseits muss ich zugeben, dass ich ihr in dieser Hinsicht gar nicht mal so unähnlich war, da mir alles, was ich nicht kontrollieren konnte, von Grund auf unheimlich und unsympathisch war. Andererseits bin ich ein gefühlsbetonter Mensch, sensibel für jede Andeutung einer Empfindung, sei sie auch noch so winzig klein und für andere kaum spürbar, ich fühle sie. Manchmal hatte ich das Gefühl, an meinem Kopf waren hauchdünne Fühler angebracht, die nur ich spüren konnte, deren Existenz die Außenwelt aber nicht einmal ansatzweise wahrnehmen kann. Mit denen ertastete ich dann die Emotionen und die innerlich wie Berglandschaften zerklüfteten Seelen aller um mich herum.

Diese Fühler konnten auch die wachsende Nervosität der Jungs spüren, umso näher wir dem Ende der Woche kamen. Am Sonntag war das erste Spiel des Vorentscheids für sie, da sie das erste das Interhigh Oberschul-Turnier, und obwohl sie das wohl beste Team der Präfektur waren, hüteten sie sich davor zu entspannt in die Sache reinzugehen. Sie wussten alle wie stark sie waren, und wozu sie auf dem Feld fähig waren, das merkte man. Trotzdem war da eine euphorisch-aufgeregte Erregung an ihnen bemerkbar, wie ich sie bis dato nur bei Profisportlern erlebt hatte, die sich auf das Zusammentreffen mit einem neuen und interessanten Gegner vorbereiteten. Jeden Tag trainierten sie bis zum Umfallen, gingen nachher meistens noch eine große Runde laufen, um dann total übermüdet ins Bett zu fallen. Ich bewunderte ihre Ausdauer und ihren Ehrgeiz.

Während der Woche sahen Satori und ich uns ausschließlich im Unterricht und nach den Trainingseinheiten der Mannschaft. Ich konnte, da die Prüfungen anstanden, nicht jeden Tag dabei sein, sondern besuchte sie nur insgesamt drei Mal. Doch jedes Mal, wenn ich draußen vor der Tür auf Wakatoshi wartete, war Satori der erste, der aus der Umkleide kam. Jedes Mal zog er mich in eine innige Umarmung, der er noch einen Kuss auf meine Stirn nachsetzte, und mir leise zuflüsterte: "Du siehst heute wirklich gut aus, Sakura." Ich konnte, mein Gesicht an seine Brust gelegt, seinen Herzschlag hören und spüren, das Geräusch und das sanfte Wummern seines Pulses gegen meine Schläfen hatten eine ähnlich Wirkung auf mich wie Tranquilizer. Immer, wenn ich die Gelegenheit hatte, schnupperte ich an seiner Volleyballjacke, die nach seinem Aftershave, dem Deo, und ganz leicht, wie die Herznote eines guten Parfums, die man erst nach dem Verschwinden der Kopfnote wahrnehmen kann, nach frischem Schweiß roch. In dieser Position verharrten wir für einige Momente, gerade so lange, bis es riskant wurde erwischt zu werden. Es waren innige Augenblicke, in denen ich mir wünschte, einfach Hand in Hand mit ihm ins Wohnheim gehen zu können, und mich nicht weiter darum kümmern zu müssen, ob uns jemand dabei sah.

Sakura - A Haikyu!! FanFictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt