Kapitel 50

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Wenn man Netflix öffnet und in der Suchleiste nach romantischen Filmen sucht erscheint eine Auswahl an (mehr oder weniger) sehenswerten Filmen. Diese Auswahl beträgt, zumindest in meiner Ansicht, 32 Filme. 32 Filme, das macht 32 Romanzen, 64 Individuen die durch eine cinematographische Verarbeitung zweier sich kreuzender Schicksale zueinander finden. Natürlich entspringen diese Romanzen den gewitzten Köpfen von schreibtüchtigen und (zumindest Großteils) begabten Autoren, die mit ihren Aufbereitungen und Niederschriften versuchen den Geist der Zeit zu treffen, und entsprechen daher meistens nicht der Realität. Was jedoch eine unumstößliche Tatsache ist, und das kann niemand widerlegen, ist, dass wir uns von den Schicksalen, die in diesen Filmen portraitiert werden, inspirieren lassen unsere eigene Liebesgeschichte zu schreiben, und so mit einem der Charaktere auf der Leinwand zu verschmelzen. Jeder dachte sich schon einmal nach einem Date "Hach wie schön, das war wie im Film!", und zumindest jeder zweite hat sich schon einmal mit einer Person aus einem Film identifiziert, oder zumindest versucht sein Schicksals, seine Geschichte und sein Leben in die Form einer Personage zu zwängen. Wir wollen ein Stück filmische Perfektion in unserem Leben haben, uns so fühlen, als hätte man auch für unser Leben ein Drehbuch geschrieben und denjenigen finden, der unser Romeo, unsere Julia, unser Mr. Darcy, unsere Elizabeth, unser Johnny, unsere Baby ist: wie für uns gemacht, ein Seelenverwandter, der uns vom ersten Augenblick an in du auswendig kennt.

Solche Filme spielen nur leider nicht im wahren Leben, denn in der Realität, baut eine Beziehung auf Vertrauen. In einigen Ausnahmefällen ist von Anfang an ein gewisses Fundament vorhanden, oder zumindest etwas, das einen in die Richtung der Person zieht, ansonsten sind Beziehungen etwas, das viel Arbeit, Zeit und Energie benötigt. Das Vertrauen fängt im kleinen an, wenn man sich verabredet und sich, logischerweise, darauf verlässt, dass der andere auch wirklich auftaucht, und geht bis ins große, nehme man das Beispiel eines gemeinsamen Kindes, eines gemeinsamen Hauses oder eine Versicherung. Etwas, wofür man ebenso eine ziemliche Portion Vertrauen braucht, ist Sex. Für manche ist diese spezielle Art des Vertrauens einfach da: Schnipp! (Dieses Phänomen bezeichne ich ganz gemein als One Night Stand). Andere wiederum, sind diesbezüglich zaghaft, brauchen Zeit und ein gewisses Maß an vorhergehender Nähe um sich richtig darauf einlassen zu können. Zur letzten Kategorie kann ich im übrigen Satori ebenso stecken, er brauchte zwar seine Zeit um mit der Situation warm zu werden, war jedoch durchaus kompromissbereit und aufgeschlossen.

Sonntagabend - nach dem Volleyballtraining. Den Nachmittag hatte ich zu einem großen Anteil an meinem Schreibtisch hinter Büchern und mit Brille auf der Nase zugebracht. Erst gegen vier Uhr konnte ich mich guten Gewissens von meinen Büchern lösen, dann warf ich mich in salonfähige Kleidung, Mom-Jeans, weiße Wickelbluse und Sneaker, und machte mich guten Mutes auf zur Volleyballhalle. Die Mannschaft trainierte seit mittlerweile an die sechs Stunden, sie hatten um halb zehn mit dem Aufwärmen begonnen und waren dann, bis auf eine kurze Mittagspause, immerzu in der Halle gewesen. Die Nationalmeisterschaften rückten näher, sie sollten bestens vorbereitet hinfahren, Washijo wollte kein Risiko eingehen und drillte sie beinahe noch krasser her, als er es ohnehin schon zu tun pflegte. In den letzten Tagen hatten vermehrt Hochschulmannschaften an der Schule gastiert um gegen die Jungs zu spielen, all das für die kommenden Spiele.
Was sie jedoch allesamt aus ihrem Blickfeld verloren hatten, waren die anstehenden Klausuren, weswegen ich mich, auf Wakatoshis Initiative hin, bereit erklärt hatte ihnen am Sonntag ein paar meiner Unterlagen, Notizen und Übungsaufgaben vorbei zu bringen. Außerdem wollte ich aus meinem Zimmer raus, die vier Wände um mich herum schienen von Stunde zu Stunde näher an mich heran zu rücken, und ein bisschen frische Luft hatte noch niemandem geschadet.

Als ich in der Halle ankam, waren sie gerade mitten in einem Spiel gegen eine der Hochschulmannschaften, die aus Tokyo stammte. Die Studenten schienen sogar unsere harten Nüsse auf dem Spielfeld ins Schwitzen zu bringen, und so stahl ich mich gänzlich unauffällig auf die Tribüne um ja den Fluss der Spieler zu stören. Ihre Konzentration war trotz der langen Zeit, die sie schon auf dem Spielfeld standen, unermüdlich auf die Geschehnisse des Spielfeldes fokussiert und jeder der Spieler schien seine Energie zu bündeln und sein Bestes zu geben. Normalerweise bemerkten sie mich wenn ich durch das Portal der Halle trat und grüßten mich freundlich, die einzigen beiden, die mich an diesem schönen Nachmittag zur Kenntnis nahmen, waren Saitou und Shirabu. Erster nickte mir zur Begrüßung kurz zu, letzterer empfing mich in der ersten Reihe der Tribüne mit einem deutlich hörbaren "Hallo, Grace!". Nichts, keine Reaktion, niemand auf dem Feld schien sich auch nur ansatzweise für mein Erscheinen begeistern zu können, nicht einmal Satori schien mich wahrzunehmen. Das bewies, dass der Gegner, den sie da vor sich hatten, ziemlich stark sein musste, da Satori sogar bei dem Spiel gegen die Aoba Johsai immer wieder mal Zeit gefunden hatte um einen Blick in meine Richtung zu riskieren. "Sie spielen schon den sechsten Satz, es steht vier zu zwei für die Gegner. Das sind wirklich gute und erfahrene Spieler...", erklärte er mir. "Du würdest auch gerne mitspielen, hab ich nicht recht? Das sieht man dir von weitem an, außerdem könntest du auch lernen, aber du bevorzugst es wohl zu beobachten, hm?", fragte ich ihn. Shirabu giggelte leise in sich hinein und antwortete mit ernster Miene: "Ja, du hast vollkommen recht. Ihr Setter ist echt der Wahnsinn, seine Technik ist einfach brilliant, so würde ich auch gerne spielen." Darauf gab ich keine Antwort mehr und beobachtete gemeinsam mit meinem Sitznachbar weiter das Spiel. Zwei Stunden und zwei weitere Sätze später, machten sie dann endlich Feierabend. Bevor sie zum Dehnen und Aufräumen übergingen, kam Wakatoshi gemeinsam mit Semi, Ohira, Satori und Yamagata zu mir um mich zu begrüßen, hatten sie mich doch tatsächlich erst kurz vor Beginn des siebten Satzes bemerkt.

Sakura - A Haikyu!! FanFictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt