Kapitel 28

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Um zehn Uhr Abends meldete sich mein Handy: Nachricht von Satori.

Satori:

Könntest du mal nach draußen auf den Gang schauen und sicherstellen, dass mich niemand sieht?

Sakura:

Klar, ich schreibe dir, wenn die Luft rein ist.

Mittlerweile hatte ich mich, zum fünften Mal an diesem Tag, umgezogen und seit einer viertel Stunde den Minutenzeiger auf der Uhr in meinem Wohnzimmer wie eine Gottheit angebetet. Ich schlich mich also in Richtung meiner Zimmertür, unterbewusst annehmend, es könnte mich sogar hier jemand ertappen, und spähte durch einen kleinen Spalt auf den Gang. Draußen standen noch einige Zweitklässler, die miteinander plauderten. Heimlich still und leise pfauchte ich sie an: "Könnt ihr das nicht morgen bereden ihr Quasselstrippen? Meine Güte wie die Waschweiber stehen sie da... Himmel Hallelujah, seid ihr dann endlich fertig mit eurem Teekränzchen?" Dann endlich, um zehn nach zehn, verschwanden sie in ihren Zimmern. Ich wartete noch weitere fünf Minuten, nur um ganz sicher zu sein, dann schrieb ich Satori die Nachricht:

Sakura:

Die Luft ist rein, beeil dich aber!

Kaum hatte ich die Nachricht abgeschickt, vernahm ich das Öffnen und Schließen einer Zimmertüre am anderen Ende des Ganges. Wenige Sekunden später, stand der rothaarige Mittelblocker vor meiner Tür. Noch ein letztes Mal den Gang und die gegenüberliegenden Türen prüfend öffnete ich sie, und zog ihn am Ärmel seines schwarzen Kapuzenpullis in mein Zimmer. Ich konnte den Hinkelstein, der seit einer halben Stunde mit seiner Last drohte mein Herz einen Infarkt erleiden zu lassen, zu Boden rauschen hören, dann atmete ich erstmal tief durch - der halsbrecherische Teil war vollbracht. Nachdem ich meinen Puls wieder einigermaßen unter Kontrolle gebracht hatte und den Gang noch ein letztes Mal auf eventuelle Spezialagenten und Meisterspione überprüft hatte, wandte ich mich Satori zu: "Meine Güte war ich aufgeregt... Das war ja die reinste Fol-..." Weiter kam ich nicht, da er seine Lippen schon mit den meinen zu einem leidenschaftlichen Begrüßungskuss verbunden hatte. Er war gierig und zärtlich zugleich, es war für mich ein Wunder, diese beiden Adjektive einmal für einen Kuss verwenden zu können. Anfangs benutzte er nur wenig Zunge und stupste nur hin und wieder mit der Spitze gegen meine Unterlippe, erst als wir den Kuss schon einige Augenblicke lang gehalten hatten, schien er sich wohl genug zu fühlen um sie langsam aber sicher erwachen zu lassen. Seine linke Hand hatte er stets an meiner Wange rotglühenden Wange, die seine langen Finger immerzu streichelten, die andere rechte ruhte an meiner Taille.

Erst nach einigen Minuten fühlte ich mich emotional bereit mich von ihm und aus dem Kuss zu lösen - jedes Mal, wenn er mich küsste, prickelte es auf meiner Haut, die Gänsehaut wanderte wohlig-irritierend meinen Körper auf und ab, und alles in mir schien zum Leben zu erwachen, mein Körper erlebte jedes Mal ein kleines Frühlingserwachen.

Dann sah er mich mit schiefgelegtem Kopf und großen Augen an, bevor er laut losschrie: "Ach Mensch Sakura ich freu mich so, dass das heute geklappt hat! Du, mein kleines nervöses Prinzesschen auf der Erbse konnte heute vor lauter Aufregung keinen Moment lang still sitzen was?" Sofort hielt ich ihm meine Hand vor den Mund und mahnte: "Spinnst du? Gegenüber ist Shirabu und neben mir ist Goshiki! Wenn die dich hören sind wir geliefert du Vollpfosten! Und nenn mich nicht immer Prinzessin!" Satori kicherte nur belustigt vor sich hin, schraubte aber sein Stimmvolumen herunter und sah mich fragend an. "Ich dachte du magst es, wenn ich dich Prinzessin nenne? Jedenfalls hast du dich bis jetzt noch nie darüber beschwert.... Wie soll ich dich sonst nennen? Pummelluff vielleicht? Wobei bei deinem großen Schnabel würde Enton auch recht gut passen! Oder doch lieber Honigbärchen? Wie wäre es mit Babywombat?", mittlerweile durchsuchte er doch tatsächlich das Internet nach passenden Kosenamen für mich. Ich rollte mit den Augen, innerlich war ich aber erleichtert - Satori benahm sich jetzt endlich auch mir gegenüber wie Satori. Deswegen hörte ich ihm zu, und kommentierte seine Auswahl hin und wieder, während ich ihn beobachtete und für keinen Moment aus den Augen ließ. Er war einfach zum Niederknien knuffig, mein kleines großes Volleyball-Monster...

"Was sagst du zu Schatzi?"

"Auf keinen Fall!"

"Schnecke? Perle? Knutschkugel? Täubchen?"

"Nein, nein, sowas von nein, und nur in deinen kühnsten Träumen..."

"Sweetie? Babe? Honey?"

"Ach packst du jetzt dein furchtbares Englisch aus? Bitte nicht!"

"Immerhin spreche ICH akzentfreies Japanisch...", ich beantwortete seine spitze gegen meinen britischen Unterton während ich Japanisch sprach mit einem Kissenschlag in sein Gesicht. "Das wirst du bitter bereuen, Schnuffelchen", war das einzige was er dazu sagte, ehe er in aller Ruhe sein Telefon weglegte und sich anschließend mit einem Kissen in der Hand in meine Richtung schmiss.

Kurz und knapp: Wir veranstalteten eine halbstündige Kissenschlacht, schwer bemüht damit, nicht allzu viel Lärm zu machen. Als wir beide am Ende unserer Kräfte waren, lag ich inmitten eines riesen Haufens aus Decken und Kissen auf meiner linken Seite am Boden, und Satori mir gegenüber. Schwer schnaufend, jedoch aus vollstem Herzen lachend (natürlich in Zimmerlautstärke) sahen wir uns an. Dann legte er seine linke Hand wieder auf an meine Wange und robbte näher zu mir. Seine linker Fuß schlang sich nun um meine Beine, er sah mich an und flüsterte: "Ich denke, ich nenne dich weiterhin einfach Sakura. Ich brauche keinen Spitznamen, wenn du so einen wunderschönen Namen hast, außerdem darf nur ich dich so nennen, außerdem brauchen wir keine Spitznamen um uns zu zeigen, wie wichtig wir uns gegenseitig sind, wir wissen beide gut genug wie gern wir uns haben." Satori zog mich an seine Brust, nun konnte ich seinen Herzschlag hören, und gab mir einen hauchzarten Kuss auf die Stirn.

Eine Weile blieben wir so liegen, und erzählten uns alles mögliche. Er fing an über Manga zu reden, dann über Volleyball und dann über die Schule. Ich erzählte von England, meiner Familie, meinen Freunden und meinen Interessen, die sich ganz ehrlich gesagt auf Lesen, Yoga, Geschichte und, wie könnte es anders sein, Shoppen beschränkten. Als ich ihm offenbarte, dass ich mich aufrichtig für Geschichte interessierte, machte er große Auge und setzte einen beinahe überraschten Gesichtsausdruck auf und hackte nach:"Du interessierst dich für Geschichte? Das wusste ich gar nicht. Für welchen Teil denn genau?" "Eigentlich für alles, ob europäische, asiatische, amerikanische oder was auch immer, es hat alles seinen ganz eigenen Reiz."

"Interessant, hätte ich dir gar nicht zu getraut.."

Spielerisch boxte ich ihn in die Seite, worauf er mich auf seinen Schoß zog und mir einen leichten Kuss auf die Nasespitze drückte. Dann fragte ich: "Wollen wir jetzt endlich einen Film schauen?" Satori grinste, bestimmt hatte er nicht damit gerechnet, dass ich um diese Zeit und nach unserer Kissenschlacht, die uns beiden wirklich alles abverlangt hatte, noch das Durchhaltevermögen besaß um mir noch einen Film anzusehen. Alles was er sagte war: "Wenn das kleine Dornröschen nicht zu müde ist, können wir gerne noch einen Film sehen." Kaum hatte er die Worte ausgesprochen, holte er von der Ablage im Flur die DVDs die er mitgebracht hatte. Schlussendlich entschieden wir und für einen Klassiker: 'Pulpfiction'. Sofort nachdem ich die DVD-Hülle mit der zigaretteschmauchenden Uma Thurman erblickt hatte, nahm ich das Cover in meine Hände und fragte: "Wie wärs mit dem hier?"

"Du willst 'Pulpfiction' sehen? Meine Güte was hab ich mit dir nur für einen Glücksgriff gemacht!"

"Was meinst du damit?"

"Ich kenne außer dir kein anderes Mädchen, dass sich freiwillig eine kultige Gangsta-Komödie ansehen will, ehrlich gesagt habe ich den Film nur mitgenommen um dich gewissermaßen zu testen."

"Und hab ich den Test bestanden?"

"Mit 110 von 100 Punkten, Perle."

Dann legte er den Film in das Laufwerk meines Laptops ein, und wir setzten uns auf mein Bett. Eine Weile später konnte ich langsam das wachsende Unbehagen, das meine Sitzposition mir bereitete spüren, und so ging ich auf Ganze, drängte mich zwischen Satoris Arme und legte mich auf seinen Bauch. "Nanu? Ist da jemand müde?", neckte er mich spielerisch. Ich brummte nur irgendetwas zur Antwort, wenige Minuten später schlief ich in seinen Armen ein.

Sakura - A Haikyu!! FanFictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt