Kapitel 18

1.5K 84 4
                                    

Tendos PoV [Beginnend als Grace ihn und Goshiki stehenlässt]

Weg war sie. Nicht mal eines letzten Blickes hat sie mich gewürdigt, standen wir uns vor wenigen Augenblicken doch noch so nah gegenüber. Hat sie es auch gespürt? Oder habe ich mir das leichte Erdbeben, das wir in einander auslösten nur eingebildet? Wäre Goshiki nicht aufgetaucht, wer weiß was dann noch passiert wäre, ich bin fürchterlich sauer auf ihn. Warum muss dieser Doofkopf von einem Erstklässler auch genau in dem Moment aufkreuzen, in dem es tatsächlich interessant zu werden schien.

Sakura.....

Sakura...

Der Name passt zu ihr, blühte sie doch selbst so wunderschön, und stellte dabei jede Blume, jeden Kirschbaum in den Schatten. Egal was sie sagte, ich hing an ihren Lippen. Egal welches Ding sie in ihre Hände nahm, um jeden Preis wollte ich an seiner statt in diesen liegen, ihre Finger auf meiner Haut spüren und fühlen, wie sich ihr Griff um meine Konturen schmiegt. Ihre Stimme, das Japanisch mit dem englischen Akzent das sie sprach, das ihr diesen Touch des Fremden und Unbekannten gab, der sie so unerreichbar und gleichzeitig so würdig der Begierde machte. Immer wenn ich an sie dachte, fing ich sogar in Gedanken an Süßholz zu raspeln, es in Worte zu fassen schien unmöglich. Und wem sollte ich es erzählen? Wir wussten alle gleich gut, dass sie für uns trotz ihrer aufgeschlossenen Art, ihrem Charm und ihrem Charisma, das sie scheinen ließ, als wäre sie so wie jedes andere Mädchen, dennoch in weiter Ferne war. Es war das letzte Jahr, das ich an dieser Schule verbrachte, das vermutliche letzte Turnier, sollten wir nicht bis zum Frühlingsturnier bleiben, es gab bei weitem Wichtigeres als sich jetzt in eine Schwärmerei für ein Mädchen hineinzusteigern, das so ganz anders war als ich. Sie wirkte immer abgeklärt, trotz ihrer fröhlichen und zugegeben etwas tapsig wirkenden Art, fuhr eine gerade Linie und war so konsequent, spitzzüngig und wortgewandt, dass es beinahe an ein Verbrechen grenzte einen ihrer gut ausgeklügelten Konter auf eine Spitze gegen sie zu verpassen. Nicht nur ihre Äußeres war über die Maßen anziehend, sondern auch ihre Art, die ich als ausgesprochen bewundernswert empfand. Ich hatte zwei Seiten: Die die alle kannten, mit der ich mich auch für den Großteil der Zeit identifizieren konnte, und die, die ich bis jetzt noch beinahe niemandem gezeigt hatte. Gegenüber Wakatoshi war ich öfter ruhiger und etwas überlegter, ich bewunderte ihn und seine Kraft, nicht nur die körperliche, sondern auch die geistige. Grace stand ihm jedoch in nichts nach, im Gegenteil. Sie erschien mir wie jemand, dem ich vertrauen konnte.

Abgesehen von meiner heimlichen Bewunderung für sie, die ich jedoch schlecht verbergen konnte (laut Eita), zog mich aber etwas anderes, was ich nicht genau benennen kann, von Anfang an zu ihr hin. Seit sie an diesem Samstag Nachmittag durch den Eingang der Volleyball-Halle getreten war, Wakatoshi ins Wort gefallen war und es vorgezogen hat für sich selbst zu sprechen, zog mich etwa zu ihr hin. Diese merkwürdige Gravitation der besonderen Art zog mich so sehr in ihre Richtung, dass es sich beinahe schon wieder anfühlte, als würde es sie mich weiter weg von ihr stoßen.

Ich war in Gedanken versunken und schaute ihr nach, da tippte Goshiki mich an: "Tendo? Alles in Ordnung? Du wirkst irgendwie.... naja, gar nicht wie Tendo."

Schnell besann ich mich wieder meiner gegenwärtigen Situation und versuchte meine Verwunderung so gut es ging zu verbergen: "Ich? Ach nein Tsutomu ich habe nur gerade gedacht, dass es ja gar nicht mehr lange bis zum ersten Vorentscheid ist! Morgen ist doch wieder Training oder?"

"Ähm, ja soweit ich weiß schon.... Weißt du was das gerade von Grace war? Sie kam mir total ausgewechselt vor? Warum seit ihr zwei eigentlich alleine unterwegs, ich dachte Semi geht mit euch gemeinsam in eine Klasse?"

"Semi hat zu tun... Ich glaube sie hat einfach nur noch viel zu tun, immerhin ist sie nicht nur an der Schule neu, sondern genaugenommen auch in Japan..."

"Du könntest Recht haben...."

Wir verabschiedeten uns, meine Entschuldigung waren Hausaufgaben, tatsächlich wollte ich aber für die Zeit bis zum Abendessen mit meinen Gedanken allein sein. Dieses Mädchen hat es geschafft in nur zwei Tagen meine komplette Gefühls- und Gedankenwelt zu okkupieren und mich weder ruhig schlafen noch einen klaren Gedanken fassen zu lassen. Das Schlimmste an der ganzen Sache war aber, dass ich sie einfach ansehen MUSSTE, egal wie sehr ich mich anstrengte mal etwas anderem Einlass in mein Blickfeld zu gewähren. Sobald sie auch nur irgendwo in der Nähe herumgeisterte, konnte ich einfach nicht anders. Immer hatten alle gedacht ICH wäre ein Dämon, Sakura hatte da aber noch niemand miteinkalkuliert. Zugegeben machte es mich wahnsinnig nicht mehr Herr meiner Gedanken zu sein. Genaugenommen war auch der Annäherungsversuch von heute Nachmittag eher eine Affekthandlung und entsprang eher meinen überwältigten Emotionen. Aber immerhin ließ sie es zu, weder schrie sie, noch stieß sie mich weg, nichts dergleichen.

Das Abendessen und alles drumherum musste ich ohne auch nur einen einzigen Moment mit ihr alleine über mich ergehen lassen, sie schien sogar den Eindruck zu machen, jeglichen engeren Kontakt oder Zeit, in der wir auf uns beide als Gesprächspartner beschränkt waren, tunlichst vermeiden zu wollen. Natürlich kam es mir kontrovers zu ihrem bisherigen Benehmen vor, aber ihre Gedanken waren wohl genauso unsortiert wie die meinen, deswegen bemühte ich mich nicht allzu viel hineinzuinterpretieren.

Von den Jungs schien keiner von meinem zunehmend immer größer, und damit auch auffälliger werdenden Interesse für Grace etwas zu bemerken. Einzig Yamagata machte einen kurzen Kommentar, weil ich meine Augen nicht unter Kontrolle hatte und meinen Blick nicht von ihr nehmen konnte. Mein abwehrendes Verhalten musste ihn jedoch beschwichtigt haben, denn Semi war der einzige, der für den Rest des Abends einen prüfenden und gleichzeitig wissenden Blick auf mir ruhen ließ.

Eines stand jedoch fest: Ich musste mir darüber klar werden, was ich wollte und wie ich es erreichen wollte.

Sakura - A Haikyu!! FanFictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt