Kapitel 22

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Wir küssten uns.

Wir küssten uns.

Wir küssten uns.

Es sprühten keine Funken, es flatterten keine epileptischen Schmetterlinge in meinem Bauch umher und auch mein Kopf funktionierte einwandfrei. Nichts war so, wie ich es mir immer vorgestellt hatte, geschweige denn wie es in all den Romanen immer geschildert wird. Kein schnauzbärtiger Violinen-Virtuose, der in einem versteckten Kämmerchen meines Oberstübchens auf seiner alten Fidel eine zum erbrechen romantische Melodie kratzt und mit wilden Gestiken und einer noch viel wilderen Mimik zur Musik die Gefühle, die sie in uns wach rufen soll, mit mimte. Es gab auch keinen Sturm oder Klippen, an denen die Wellen brachen, um unsere ausweglos erscheinende Situation, uns haben zu wollen, aber nicht zu dürfen, und die in sich zerrütteten Seelen der beiden unsterblich ineinander Verliebten aus verschiedenen Welten zu portraitieren (ganz in Jane-Austen-Manier, es lebe die Britin in mir) (das hat sich, unabsichtlicher Weise, gereimt). Es gab nichts dergleichen. Auch die ach so romantische Kirschblüte ließ sich an diesem Abend nicht blicken, und der Regen tangierte uns in keinster Weise, da wir unter Dach standen. Es war nichts weiter, nur zwei Oberschüler die sich mochten und sich küssten.

Und obwohl nichts an diesem Moment für den objektiven Beobachter so besonders schien, war alles in diesem Moment so perfekt, so unantastbar in sich vollkommen, dass es so wirkte, als könnte alles sofort zerbrechen. Wie ein Kleinkind die zerbrechliche Teetasse aus chinesischem Porzellan fest in seinen tapsigen Händchen hält, sie nie aus seinen Kulleraugen lässt und ihre Gewahrsame um nichts in der Welt aufgeben würde, so behutsam gingen wir mit diesem allzu kostbaren Moment um. Aber er war still, der Moment. Er prahlte nicht mit seiner Schönheit, die in seiner Natürlichkeit heller funkelte als ein Bataillon von Sternen, im Gegenteil: ganz subtil und unterschwellig sagte er: "Hey, ich bin jetzt da, aber lasst euch nicht stören."

Ich hörte auf gegen meine innere Gouvernante zu kämpfen, die mich nun schon seit Wochen immer wieder zurechtwies, und ließ mein Herz statt meinem Verstand handeln. Die Weise, in der unsere Lippen aufeinander trafen, ihre Einkerbungen, Ecken und Konturen ineinander griffen, ließ mich glauben, sie wären füreinander geschaffen worden, der goldene Schnitt war ein schlechter Witz dagegen.

Als wir uns nach einigen Minuten von einander lösten, uns aber immer noch haltend und tief in den Augen des Gegenüber schwimmend ansahen, war es immer noch still. Satori grinste schief und sagte: "Ich mag dich auch, Grace. Aber es ist spät, und du musst ins Bett." Ich nickte und löste mich ganz von seinem Körper. Das ließ er aber nicht zu, er nahm meine Hand und verschränkte seine Finger mit meinen. Schweigend stiegen wir die Treppen nach oben. Als wir oben angekommen waren, blieben wir in der Miete des Ganges, wo die Treppe ihr Ende findet, stehen. Satori sah sich kurz um, nur um sich zu vergewissern, dass niemand da war, der uns sehen hätte können. Dann legte er seine Arme um mich, zog mich zu sich und drückte mir einen Kuss auf die Stirn.

"Sakura, wir müssen..."

"Ich weiß was du sagen willst, und ich gebe dir Recht. Aber jetzt brauche ich erst Mal Schlaf, reden wir morgen nach der Schule?"

"Ja, geht klar..... Gute Nacht, meine kleine Prinzessin, schlaf gut", sagte Satori und löste sich von mir.

"Gute Nacht, Satori."

Nachdem die Tür hinter mir ins Schloss gefallen war, blieb ich noch einige Minuten im Flur stehen, und ließ mir alles erneut durch den Kopf gehen. Es würde so wahnsinnig kompliziert werden, und ich hatte keine Ahnung, was aus uns werden sollte. Das Schweigen war zwar gebrochen, die eigentliche "Arbeit" fing aber gerade erst an. Wir kannten uns eher dürftig, mussten einander erst kennenlernen, und, was noch viel wichtiger war, uns etwas bezüglich meines Cousins einfallen lassen. Er war ein ähnlich unüberwindbares Hindernis, wie ein Mix aus Berliner Mauer und Hadrianswall, eine gefährliche Kombination.

Aber ich wollte nicht so einfach kapitulieren.

Authors Note:

Hallo liebe Leser,

Heute leider ein eher kurzes, dafür intensives Kapitel.

Alles Liebe und einen guten Start in die neue Woche,

G <3

Sakura - A Haikyu!! FanFictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt