Kapitel 61

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"Darcy hättest du die grenzenlose Güte endlich aus dem Taxi auszusteigen?", fragte ich einigermaßen gereizt. Vorsichtig beugte ich mich nach unten und sah, eingerahmt durch die Umrisse der geöffneten Tür des Taxis, meine Freundin auf ihrem Sitz schlafen. Seit ich sie vom Flughafen abgeholt, und mit ihr Gepäck in den Kofferraum des Fahrzeugs verladen hatte, nickte sie ununterbrochen ein. Nun würde sich ihr die wahre Definition des Wortes "Jetlag" offenbaren.

"Häh? Was? Hast du was gesagt? Bin ich schon wieder eingeschlafen?", fragte sie verwirrt und rieb sich verschlafen die Augen. Seufzend reichte ich ihr die Hand und half ihr aus dem Wagen. Als würde sie das erste Mal aus einem Auto aussteigen, so kroch sie vom niedrig liegenden Rücksitz und gähnte herzhaft, als sie es den Kraftakt endlich hinter sich gebracht hatte.

"Ach du meine Güte! Das ist deine Schule? Na aber hallo! Du hast nicht zu viel versprochen!", schlagartig war sie wieder wach und aus ihrem Mund sprudelte es wieder wie aus einer gerade erst entdeckten Quelle. Während ich mit ihrem Koffer beladen schon weiter in Richtung des Internats stiefelte, bewunderte sie noch den Adler, sozusagen das Wappentier der Schule, der auf einer der Säulen des Eingangs thronte. Erst nach einigen Metern hörte ich sie hinter mir her hechten.

Mit großen Augen sah sie sich um und fragte mich immer zu über jedes einzelne Gebäude aus. Für sie war alles an dieser Umgebung zutiefst japanisch, und sie meinte in jedem der Kieselsteine, die auf dem Weg zum Internat lagen, den wahren und einzig wirklichen Geist Japans finden und erkennen zu können.

Es war mittlerweile die vierte der insgesamt fünf Ferienwochen, und ich hatte zuvor meine Mutter abwimmeln müssen. Sie war gerade für zwei Tage bei Tante Ushijima zu Hause, und hätte sich, nach eigener Aussage, "so gefreut mich wieder einmal zu Gesucht zu bekommen". Ich hatte abgewunken und, wahrheitsgemäß, auf Darcys Besuch verwiesen. Lange hatte ich mit sowohl Heim- als auch Schulleitung diskutieren müssen um für sie eine Unterkunft bereitstellen zu können, und im Übrigen konnte ich auf ein Mutter-Tochter-Gespräch à la Mei Ushijima in diesem Moment getrost verzichten.

Sobald wir im Heim angekommen waren, verstauten wir ihr Gepäck. Ich schlug vor einen Spaziergang über das Schulgelände zu machen und anschließend in die Stadt zu gehen, um dort zu Abend zu essen. Begeistert von der Idee, schnappte sich Darcy ihre Tasche und wir brachen von neuem auf.

Der Abend war lau, zeitweise zogen sanfte, kühle Lüftchen umher, die einen daran erinnerten, dass es nicht mehr allzu lange war, bis die Schule wieder losgehen und der Herbst Einzug halten würde. Langsam und gemächlich schritten wir nebeneinander her, während ich Darcy alles zeigte, ihr die Schule und Regeln offenlegte und meinen Aufenthalt in Tokyo wiedergab.

"Geht's dir jetzt, da du in Tokyo warst, wenigstens etwas besser?", fragte sie, während ich ihre vom Malediven-Urlaub wunderbar gebräunten Beine in der Abendsonne bestaunte.

"Halb halb, würde ich sagen.... Es war schon ein tolles Gefühl ganz alleine dort zu sein, eine Stadt zu entdecken und die Nacht zum Tag zu machen, aber mit der Nacht brach nun einmal nicht nur die äußere Finsternis wieder über mich herein...", erwiderte ich. Es stimmte, egal wie sehr ich mich auf meinem Kurzurlaub bemüht hatte, meine inneren Mauern wieder auf zu bauen, wenn die Nacht gekommen war, waren sie brüchig und von den Unmengen an Alkohol und Tränen wieder weg gespült worden.

"Ich verstehe dich, Grace. Es tut dir weh, und ich kann nachvollziehen warum, aber es hilft nichts, du musst dich von ihm und allem was noch an dieser Beziehung hängt lossagen. Wir werden die ganze Woche Zeit haben uns damit näher auseinander zu setzten, ich will dir wirklich dabei helfen. So niedergeschlagen habe ich dich nicht einmal nach Edward erlebt", antwortete sie mir. Edward war mein Ex-Freund, nach dieser Trennung, die damals vor ein wenig mehr als einem Jahr stattgefunden hatte, war ich zwar auch einigermaßen deprimiert gewesen, jedoch lang nicht so tief unten wie nach Satori.

Sakura - A Haikyu!! FanFictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt