Kapitel 42

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Grace PoV

Ich stieg an diesem strahlend schönen Montagmorgen mit einem angenehm bohrenden Hungergefühl in den Bus, der uns zur Sporthalle nach Sendai bringen sollte, und staunte nicht schlecht welch schwere Geschütze für dieses letzte entscheidende Spiel aufgefahren wurden: Ausnahmslos jeder derer, die sich für die Anfeuerungstruppe gemeldet hatte, war nun anwesend, egal ob Erst-, Zweit- oder Drittklässler, ja sogar einige Alumni, die wohl einmal zum Volleyballclub gehört hatten, bereits abgenutzte Westen trugen und mit der Organisation betraut worden waren, konnte ich unter den Organisatoren entdecken. Es wurden mächtige Pauken mit größter Vorsicht und Behutsamkeit in den Rumpf des Busses geladen, und die Cheerleader übten auf dem Platz, an dem wir uns alle versammelt hatten noch ein letztes Mal ihre Choreographie. Auch unser Block wurde ein letztes Mal zusammen getrommelt und wir gingen die Rufe und Sprüche, die während des Spiels wie aus der Pistole geschossen in Richtung Spielfeld gerufen werden sollten, wieder und wieder durch. Die Lehrer und Alumni waren wirklich aufopferungsvoll bei der Sache und gaben sich große Mühe. Alles nur für einen Schulsportwettkampf.

Ich meinte bis dato den Schulsport, seine Veranstaltungen und Wettkämpfe zu kennen, war betraut mit den drittklassigen Fußballmatches, den Basketballturnieren um silbern glänzende Plastikpokale und den Reit- und Golfturnieren der britischen Upper-Class, an denen ich selbst von Zeit zu Zeit auf nicht ganz so astrein freiwilliger Basis zu teilnehmen verpflichtet gewesen war. Seine "etwas" konkreteren und "nur dezent" schärferen Ausformungen waren mir zwar durchaus in der Zeit, die ich bis dahin in Japan zur Schule gegangen war schon mehrmals aufgefallen, aber das letzte Spiel des Vorentscheids hatte vom Aufwand, dem Maß an Motivation auf Schüler-, Lehrer- und Spielerseite, sowie dem unterhaltungsmäßigen Aufgebot und der Atmosphäre her betrachtet ein ganz anderes Kaliber als alles was ich bisher auf diesem Terrain erlebt hatte.
Zu Hause in England waren das reine Zur-Schau-Stellungen von Geld und Einfluss gewesen, die vorwiegend dem Networken dienten um die Familie möglichst weit nach oben zu bringen, und, wenn leicht möglich, lukrative Geschäftskontakte zu knüpfen. Um den Spaß oder gar das ehrliche Streben nach Erfolg rein um des Erfolgs willen, war es tatsächlich nie wirklich gegangen. Natürlich hatte mir meine Mutter die Schulter getätschelt, mein Reitsakko zurecht gezupft und mir aufmunternde Worte wie "Du machst das schon, Darling" oder "Das wirst du ganz bestimmt prima schaffen, Honey, Daddy und ich stehen gleich hier neben den Thomsons und sehen dir zu! Später sehen wir uns das Video gemeinsam an!" auf den Start mitgegeben, aus ihrem Mund hörten sie sich jedoch nie wirklich ehrlich an, ich hatte ihr das nie abgekauft. Es machte für mich immer eher den Eindruck, als hätte sie mich nur bekommen und für den sündteuren Reitunterricht und das Pony bezahlt, um eine neue Basis für Verhandlungen zu haben, da sich durch die Sportwettkämpfe der Kinder für die Eltern komplett neue Möglichkeiten zum Kontakte knüpfen ergaben. Ich war im Endeffekt nur eine Ausrede gewesen, um sich mit den Thomsons neben dem Reitplatz über eine große Investition von deren Firma zu unterhalten, die sie damals in Südkorea tätigen wollten, als meine Mutter für etwa zwei Jahre als Diplomatin in Seoul tätig war. Erst viel später hatte sie mir einmal erzählt welch glückliche "Zufälle" sich ergeben hatten, während ich mich im Dressurviereck mit dem sturen Reit-Pony abmühen musste. Das Video, das sie von mir aufzunehmen vorgab, hatte ich mir mit meinem Vater angesehen: Acht von zehn Minuten sah man den sandigen Boden des Dressurvierecks, die restlichen zwei Minute waren verwackelt.

Aber es war nicht nur die Organisation, Administration und der positive Geist in diesem Vorhaben, die mir imponierten, viel mehr schien es die Gesamtwirkung zu sein, die mich so mitriss. Seit ich aus dem Wohnheim in die warm vom Himmel strahlende Sonne getreten war, umgab mich eine seltsame Aura. Einerseits wirkte sie auf eine ganz eigene und beinahe komische Art bedrohlich, so als würden wir uns einem größeren Ziel, einer höheren Macht nähern, andererseits war die Euphorie, die man auch gut mit "Wettkampf bedingte Ekstase" beschreiben hätte können, alles ergreifend. Sie war so mitreißend und präsent, dass ich beinahe versucht war in die Luft zu haschen und sie mit meinen Fäusten wie einen tropfnassen Lappen auszuwringen, nur um mir ein kleines bisschen von diesem Gefühl in einem Weck-Glas für weniger motivierte und weniger strahlende Tage aufzuheben. Alles und jeder schien in Aufruhr, gleichzeitig war jeder in eine tiefe Meditation verfallen, mit der man, hätte man alle angestrengten grauen Zellen kombiniert, eventuell sogar meine Matheschwäche auskorrigieren hätte können.

Sakura - A Haikyu!! FanFictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt