Kapitel 24

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Tendos PoV

Sie hatte ihren Kopf auf meine Schulter gelegt, blinzelte gegen die Sonne und erzählte mir von ihrem Tag. Ihre weichen Haare lagen auf meinem weißen Blazer, streiften mein Kinn und kitzelten mich leicht. Ihre Beine hatte sie ausgestreckt und ihre Knöchel ruhten im Sonnenlicht, im Schatten war es trotz Sonnenlicht relativ frisch, ihre Haltung und die Weise, in der sie mit mir sprach, mir von ihrem Tag erzählte, vermittelte den Eindruck von gänzlicher Entspannung und grenzenlosem Wohlbefinden.
Was soll ich sagen? Mir ging es nicht anders. Sobald ich Sakuras Lächeln vor Augen hatte, war ich selbst auch unweigerlich besser gelaunt. Die Sonne strahlte durch die Wärme und ihre Frohnatur nur noch heller, und jeder weniger fröhliche Tag wurde durch ihre Anwesenheit schöner. War sie da, wurden die Farben um mich herum satter, das Licht klarer und selbst der Unterricht war, obwohl wir kaum sprachen, einigermaßen erträglich.

Das aufgeweckte Naturell dieses Mädchen, kombiniert mit ihrem entwaffnenden Charme und ihrer bemerkenswert erfrischend ungekünstelten Intelligenz wirkten für mich wie ein Wundermittel gegen die Lethargie, die mich bis vor kurzem des Öfteren durch den einen oder anderen Tag begleitet hatten. Immer wenn sie beim Training zu sah, spürte ich wie eine ganz neue Art des Antriebs in mir erwachte. Früher hatte ich Volleyball vorrangig aus dem Grund gespielt, um allen zu beweisen, dass ich weder ein Unmensch, noch ein Dämon bin . Vor allem aber wollte ich beweisen, dass meine Taktik die Angriffe des Gegner vorherzusehen, ein Talent ist, welche für die Verteidigung eines Teams unentbehrlich sein kann. Was MICH unentbehrlich macht, was zeigt, dass ich trotz meiner eigenen Art ernst zu nehmen bin, und dass ich es weit bringen kann. Sakura wusste so gut wie jeder andere, dass ich vielleicht nicht ganz so bin, wie man sich seinen Freund vorstellt. Sie ließ mich das aber nie spüren, sie fand mich amüsant, witzig unterhaltsam und - entgegen aller anderen Meinungen - liebenswert. Sie spornte mich stets an mich zu verbessern, das Ich von gestern zu übertreffen. Sakura glaubte an mich, das spürte ich.
Ich mochte sie sehr, sehr gerne.

Ich war froh, dass das Schweigen endlich nicht mehr zwischen uns stand. Es ihr zu sagen wäre für mich nie eine Option gewesen, hätte ich nicht gespürt, dass es ihr ähnlich ging wie mir. Zu groß war die Angst sie könnte doch zu Wakatoshi gehen und es ihm womöglich sagen, das wollte ich auf keinen Fall, es hätte fatale Folgen für das Team und für unsere Freundschaft gehabt. Jetzt saß sie im Schatte der Volleyball-Halle neben mir im Gras und ich konnte ihr zuhören, wie sie Belangloses vor sich hinplapperte, ich schwebte auf Wolke sieben. Nach ein paar Minuten nickte sie auf meiner Schulter ein.

Als es meine Uhr schließlich zehn nach drei anzeigte, zuckte ich sanft mit der Schulter um sie zu wecken. Das kleine Dornröschen schlief wie ein Stein und dementsprechend schwer war es sie aufzuwecken. Ich gab ihr einen Finger-Schnipp auf die Stern - besondere Umstände erforderten besondere Maßnahmen.

"Weckt man so eine schlafende Prinzessin auf? Womit hab ich denn das verdient?"

"Ich habs mit Schulterzucken versucht aber darauf hast du Schlafmütze nicht reagiert..."

"Ach und an die Möglichkeit es mit 'Grace, es ist Zeit zu gehen' in Kombination mit einem federleichten Kuss auf meine Stirn hast du natürlich nicht gedacht... Nein, es MUSS ein Schnipper gegen meine arme Stirn sein... Das ist so typisch für postpubertäre Jungs! Dir ist schon klar, dass dieser Kopf für dich wertvoll ist? Immerhin gibt er dir Englisch-Nachhilfe", sie rieb sich die Augen und blinzelte mit schläfrigem Blick gegen die Sonnenstrahlen.

"Naja, die Chancen dass du auf einen 'federleichten Kuss' und ein paar sanfte Worte reagierst, wenn du schon auf mein Schulterzucken keinerlei Antwort gegeben hast, sind eher gering... Also musste ich zu härteren Maßnahmen greifen", ich hatte die Arme hinter meinen Kopf verschränkte und grinste sie mit einem schelmischen Augenzwinkern an. Sakura verstand und gab mir einen spielerischen Stoß in die Rippen. Dann standen wir auf, sie gab mir einen letzten Kuss und verschwand vor mir um die Ecke. Ich schlug den entgegengesetzten Weg ein.

Ich dachte noch viel über Sakura und mich nach. Wir waren immerhin von Grund auf verschiedene Persönlichkeiten, aber auf eine seltsame Weise schien das unserer Zuneigung zueinander keinen Abbruch zu tun. Trotzdem musste ich dieses Mädchen erst kennenlernen, mich auf sie einlassen und ihr und mir Freiraum geben. Wir mussten beide einen Weg finden, nicht nur den Weg zueinander, sondern auch den Weg nach dieser Schule. Im Grunde hätte mir nichts unpassenderes passieren können, als mich in meinem letzten Schuljahr in die Cousine eines Teamkameraden und Freundes zu verlieben. Eigentlich hatte ich dieses Schuljahr ganz anders geplant gehabt, in Ruhe und Frieden, fokussiert auf Volleyball und meinen Abschluss. Was danach kommen sollte, wusste ich selbst nicht ganz so genau.

Als es nur noch ein paar hundert Meter bis zum Internat waren, hörte ich hinter mir eine Stimme: "Hallo Tendo! Hattest du nicht schon vor einer Stunde Schluss?" Ich sah flüchtig auf meine Uhr - halb vier. Dann wandte ich mich um und erblickte Wakatoshi, Ohira und Soekawa am Ende des Schotterwegs auftauchen.

"Nanu unsere Tokyo-Urlauber sind ja wieder da! Na? Wie war die große Stadt? Erzählt doch mal!", ich war tatsächlich neugierig, außerdem scheuchte ich es offen gestanden ihnen jetzt Rede und Antwort stehen zu müssen. Die drei stießen zu mir, ich reihte mich zwischen Wakatoshi und Soekawa ein und legte den beiden freundschaftlich die Hand auf die Schultern. Dann fing Soekwaw an zu erzählen, Ohira ergänzte hin und wieder, nur Wakatoshi war die ganze Zeit über still. Als wir oben angekommen waren, wandte sich Wakatoshi an mich und sagte mit ernster (noch ernster als sonst) Miene: "Kann ich dich bitte kurz sprechen, Tendo?" Ich trat mit ihm beiseite und er fragte in einer beängstigend ruhigen Weise: "Ich hab gehört, dass Grace gestern Abend auf dich gewartet hat und ihr zwei dann alleine zurück ins Wohnheim gekommen seid, darf ich fragen warum?" Damit hatte ich nicht gerechnet.

"Also nun ja, ich war ja derjenige mit dem Schlüssel und sollte abschließen. Grace war so nett und hat gewartet", ich versuchte das so neutral und unaufgeregt zu sagen, als wäre das die normalste Sache der ganzen Welt und ich wäre nicht gestern Abend mit seiner Cousine alleine quer über das ganze Schulgelände einen zwanzigminütigen Weg zurück zum Internat gelaufen und hätte sie dann anschließend geküsst. Nein, das war alles REIN PLATONISCH (Das Treffen von vorhin war sowieso nicht der Rede wert).

"Ach ist das so?"

"Worauf willst du hinaus, Wakatoshi?"

"Hmmm..", mehr als das und den üblichen sturen Wakatoshi-Standard-Blick bekam ich nicht als Antwort. Ich sah ihn schief an und fügte hinzu: "Du wirst doch nicht glauben ich bin so blöd auch nur daran zu denken, oder? Es geht um das Team, um unseren Platz eins und die Vorherrschaft in der Präfektur, das würde ich niemals aufs Spiel setzten", etwa Besseres fiel mich beim besten Willen nicht ein, das Team und alles Drum und Dran sollten normalerweise ausreichen um ihn zu beschwichtigen.

Als er nach einem Moment der Stille seine Hand auf meine Schulter legte, seinen Blick mit einem mit einem seltenen Lächeln senkte und mir "Natürlich. Entschuldige bitte, ich werde wohl schon paranoid" sagte, fühlte ich mich erleichtert und beschwert zugleich. Ich würde meinen Freund, nein, das gesamte Team, in den kommenden Wochen und Monaten mehr anlügen müssen als mir lieb war....

Authors Note:

Weil ich heute voller Elan war und noch Zeit hatte: Hier ein zweites (kürzeres) Kapitel :)

Alles Liebe,

G <3

Sakura - A Haikyu!! FanFictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt