Halbschatten - verwandelt, verlassen, verändert #Buch 1

Kapitel 6

Ich ließ mich in das weiche Grass sinken. Mein Gesicht verbarg ich in meinen Händen. Ich versuchte nicht zu weinen, aber es gelang mir nicht. Ich schaute auf meine Arme und beine: keine einzige Narbe. Nichts.

Ich saß zusammengekauert auf dem Boden und weinte.

Nachdem einige Minuten vergangen waren, hörte ich Schritte. Ich reagierte nicht. Ich wollte mit niemandem reden. Ich wollte alleine bleiben und in Selbstmitleid versinken. Ich brauchte meine Zeit, aber der Jemand, der auf mich zukam, konnte dies wohl nicht akzeptieren.

Die Schritte kamen näher, als sie direkt neben mir waren, wurde es still. Ich schaute auf und sah Louis, der vor mir hockte. "Verschwinde", brummte ich. Meine Augen brannten und immer noch liefen die Tränen über meine Wangen. "Wieso weinst du?", fragte er besorgt. "Verpiss dich!", sagte ich ernster. "Sags mir, Süße"; meinte er. Hatte er mich jetzt ehrlich Süße genannt?

"Ich habe es nicht verdient immer noch zu leben", schluchzte ich. "Das stimmt doch gar nicht", sagte er. Ich stand auf. "Doch", widersprach ich. Ich lief zu den Wald zu, aber bevor ich auch nur drei Meter gelaufen war, war er neben mir und in Sekundenschnelle drückte er mich an einen Baum. Seine Augen leuchteten und fesselten meinen Blick. Sie hatten einen leichten Violettstich. Wahrscheinlich, weil er als Mensch blaue Augen hatte. Sein Gesicht kam meinem immer näher und als seine Lippen nur 8 Millimeter von meinen entfernt waren, schaute er mich genau an. "Das ist unglaublich", murmelte er. "Was ist unglaublich?", fragte ich. "Deine Augen müssten eigentlich rot sein, aber sie sind leuchtend Violett", sagte er. Ich schaute ihn an. Er kam mir wieder näher. Ich atmete erstaunt auf. Wir schauten uns noch einige Minuten bewegungslos an.

"Kannst du mich bitte Los lassen?", fragte ich. Nach langem Zögern ließ er mich frei. Er ging langsam zurück zum Haus, ich blieb am Baum stehen. Als er fünf Meter von mir entfernt war, drehte er sich um. Er schaute mich an.