Ich schaue skeptisch auf den Bildschirm meines Laptops und seufze. Eine Einstweilige Verfügung zu formulieren ist doch wirklich nicht so viel verlangt, verdammt. Es fällt mir normalerweise wirklich nicht schwer, Schreiben auf zu setzen. Wieso ich an diesem dafür schon mehrere Stunden sitze, weiss ich also nicht. Die Geräusche von ausserseits ziehen meine Aufmerksamkeit auf sich, weswegen ich meine Musik ein paar Töne leiser stelle. Ich stelle meinen Laptop weg, um auf stehen zu können und mache mich auf den Weg zu der großen Fensterfront, welche gleichzeitig auch meine Balkontüre ist. Die langen Gardinen, die ich eigentlich nur zum Sichtschutz aufgehangen habe, diesen Punkt aber vollkommen verpassen, schiebe ich zur Seite und betrete dann den kalten Boden. Mein Blick legt sich sofort auf das kleine Kätzchen, welches wieder auf meiner Seite der Terrasse sitzt und mich hilflos anblickt.
"Hey Fee."
Ich gehe in die Hocke, bekomme aber nicht die Gelegenheit, sie hoch zu nehmen. Stattdessen flitzt sie geradewegs an mir vorbei und schiebt sich durch den schmalen Spalt der Türe, geradewegs in meine Wohnung.
"Hey, hallo? Falscher Eingang, Miss."
Schmunzelnd laufe ich ihr hinterher und knie mich neben ihr hin. Die knallblauen Augen wandern durch mein Wohnzimmer, scannen dieses fast schon ab, ehe sie ein paar Geräusche von sich gibt.
"Was machst du immer, hm?"
Vorsichtig hebe ich sie hoch und fahre über ihre weichen Öhrchen. Dadurch, dass sie noch so klein ist, scheint sie sich jedes Mal problemlos durch die Gitterstäbe schieben zu können. Zum Glück nur das, würde sie drüber springen wäre das Ganze schon um einiges gefährlicher.
"Na komm."
Ich schlüpfe in meine Hausschuhe und betrete wieder meinen Balkon. Meine Lippen spitzen sich. Vielleicht sollte ich durch die Eingangstür und dort klingeln. Ich denke, dass das angebracht wäre, oder? Ich zucke mit meinen Schultern und klettere über das Gitter, was sich als wirklich viel zu einfach erweist. Ich meine, ich bin echt nicht groß und es reicht mir gerade mal bis zu den Knien, als Abtrennung dürfte es also eigentlich gar nicht durch gehen.
"Hi."
Zögerlich klopfe ich an der Scheibe und lasse Fee so nah es geht an der geöffneten Tür nieder.
Um nicht aufdringlich zu wirken, rücke ich sofort wieder auf meine Seite der Terrasse und warte noch kurz, bis ich sehe wie Fee schon wieder hoch gehoben wird, nur diesmal nicht von mir, sondern von Isaac.
"Tut mir leid.",entgegnet er sofort, weswegen ich nicke.
"Schon gut."
Das kleine Kätzchen rollt sich etwas umständlich auf die Seite und schmiegt sich verspielt an seinen Hals, was mich schmunzeln lässt. Ich will auch etwas kuscheliges, verdammt, ich meine, wie denn auch nicht? Soetwas Süßes.
"Heute mal früher zurück?"
Sofort blicke ich ihn an und nicke:"hab Arbeit mit nach Hause genommen."
Er lässt sich auf der Außenganitur nieder also setze ich mich auch auf meine.
"Was machst du eigentlich?",will ich wissen als mir auffällt, dass ich gerade mal seinen Namen weiss.
"Studieren."
"Sehr genaue Antwort."
"Psychologie."
"Wirklich?",hinterfrage ich überrascht. Ich schiebe meine Brille wieder ordentlich auf meine Nase, um Isaac noch erkennen zu können.
"Rechtspsychologie, ja, wirklich, Madison."
"Vielleicht sehen wir uns mal. Im Gericht. Bist du überhaupt im Gericht? Bestimmt."
"Manchmal während der praktischen Zeit, aber nicht regelmäßig."
Verstehend summe ich. Gefühlt von Tag zu Tag wechseln die Fälle der Kanzlei, manchmal bin ich mit Diane unterwegs, manchmal mit Matthew, manchmal hat Liam mich den Tag über an der Backe wohingegen ich an manchen tagen schlichtweg allein irgendwo hin muss.
"Welches Jahr?"
"Zweite Semester."
"Also bist du- 20?"
"Nein, neunzehn.",verbessere ich ihn und füge ein:"und du?",hinzu, um gar nicht erst vom Thema ab zu kommen.
"Einundzwanzig."
Ich beobachte ihn und nicke. Er sieht jünger aus. Irgendwie. Wobei nicht direkt. Der Dreitagebart, oder wie auch immer man das nennt, lässt ihn, denke ich, erwachsen wirken. Ziemlich gutaussehend ist er jedenfalls. Mein Blick bleibt an dem kleinen Tattoo an seinem Unterarm hängen. Zahlen, ein Geburtsjahr denke ich, höchstens zwei Finger breit und somit wirklich recht klein. Hinterfragen werde ich die Bedeutung jedoch nicht, immerhin sind wir eigentlich doch Fremde.
Weil ich merke, dass er mich ebenfalls mustert, schaue ich kurz an mir runter und fahre verlegen durch meine Haare.
"Normalerweise seh ich nicht so aus.",beschwichtige ich. Die rosane Schlafshorts hat kleine Aufdrücke in Form von Disneys Daisy Duck und ist leider nicht mit sonderlich viel Stoff ausgestattet und demnach auch nicht all zu vorteilhaft geschnitten. Das dazu gehörige T-Shirt ist ein paar Nummern zu groß geraten, zum Glück muss ich hier dann wohl sagen, zumindest bedeckt es somit die meisten stellen locker. Der Störpunkt ist nur, dass es einen Fleck von meinem Kaffee abbekommen hat und ich offensichtlich nicht gerade erwachsen hiermit aussehe.
Isaacs Lachen zieht meine Aufmerksamkeit wieder auf sich, weswegen ich ihn anschaue.
"Lachst du mich gerade aus?"
"Niemals."
"Ich kann nicht ganz abschätzen, ob du das sarkastisch meinst.",gestehe ich.
"Ironisch."
"Ist doch das Selbe."
"Also eigentlich ja nicht, Madison."
Trocken blicke ich ihn an und verschränke die Arme vor der Brust:"klugscheißer?"
Wieder ertönt sein Lachen, was mir ebenfalls ein schmunzeln entlockt.
"Ist dir nicht kalt?",will er wissen und blickt mich skeptisch an, so, als würde er nach Anzeichen auf seine Antwort suchen.
"Ich wollte unsere Unterhaltung noch nicht beenden."
"Süß."
Er lässt Fee auf dem Boden ab und steht dann selbst auf, also tue ich es ihm gleich.
"Bis- die Tage mal?"
"Wir sehn' uns, Madi."
DU LIEST GERADE
Maybe.
Teen FictionArbeit. Einer der Hauptbestandteile in Madison's Leben. Die junge Jurastudentin steckt voll und ganz in den Vorbereitungen für das nächste Semester, als sie eines Abends das Haustier ihres Nachbarn auf ihrem Balkon auffindet. Das kleine Kätzchen mac...