Abwartend schaue ich Isaac an und ziehe nebenbei die kuschelige Decke etwas mehr über uns, denn aufgewärmt bin ich immernoch nicht, und das, obwohl wir unser Gespräch schon nach drinnen verlegt haben. Meine Beine werden von Isaac ausgestreckt und quer über seinen Schoß gelegt, wofür ich um ehrlich zu sein ziemlich dankbar bin. Ich weiß zwar nicht wieso, aber ganz so angenehm war es mir eigentlich nicht, es mir ebenfalls bequem auf seinem Sofa zu machen.
"Erzähl schon weiter.",fordere ich ihn auf, weil er, statt weiter zu reden, die Schüssel mit Soße zwischen uns stellt, in welche ich sofort einen Nugget tunke.
"Keine Ahnung. Ich will nur sagen- dass so etwas andere triggern kann. Ganz egal, ob man psychisch angeknackst war, oder nicht. Man weiß letztendlich nicht, wie es dem Gegenüber ergeht, also- meiner Meinung nach sind Jokes über den Tod, Depressionen oder was auch immer unpassend.",erklärt er, weswegen ich überrascht nicke. Die Talkshow, die wir ein paar Minuten lang geschaut haben, scheint ihn irgendwo mitgenommen zu haben. Ich meine, er hat recht, man sollte über solche ernsten Themen wahrscheinlich keine Witze machen, dennoch zieht das an den Meisten schlichtweg vorbei.
"Wieso nimmt dich das so mit?",hinterfrage ich einfach. Was solls. Wenn er nicht darüber reden mag, muss er es nicht und das weiss er wohl selbst auch, also ist nichts dabei, seine Aussage zu hinterfragen.
"Tut es nicht. Ich bin eigentlich an dem Punkt wo mir sowas egal ist, aber- okay, also."
Er räuspert sich und trinkt aus dem roten Strohhalm, räuspert sich dann nochmal kurz.
"Vor- ein paar Jahren, zwei, drei, höchstens drei, ja."
Ich nicke aufmerksam, damit er weiter redet. Meine Finger suchen seine, weil ich mir nicht sicher bin, was ich tun soll, und so etwas nun mal eine Geste, aber keine zu große ist.
"Wir waren auf einer Party, mit ein paar Freunden, du weißt schon, das übliche. Irgendso ein Typ hat angefangen zu provozieren, hat dabei den Namen eines Freundes durch den Dreck gezogen, der sich ein paar Tage vorher noch das Leben genommen hat. Suizid. Wie auch immer. Jedenfalls-"
Wieder hält er inne, einen überraschten Blick kann ich mir nicht verkneifen. Gut hört sich das Ganze bis jetzt nicht an. Eher schwierig, aber ich denke, dass er das hier nur erzählt, um den Punkt erklären zu können.
"Wenn du nicht weißt, was Sache ist, was deinen Gegenüber mit nimmt, dann halt bei solchen Themen einfach mal die Klappe."
"Man weiss nie was wirklich Sache ist."
"Gerade deswegen doch, Madison. Ich weiss nicht, was du für Probleme hast, womit ich dich verletzten kann. Wer weiss, für mich eine belanglose Sache, dich macht es vielleicht todunglücklich."
"Bodyshaming."
"Wirklich?"
Ich nicke und zucke mit meinen schultern:"wirklich."
"Wieso?"
"Keine Ahnung, immer schon so. Mach was du willst, aber beleidige mich auf meine Figur oder auf mein Aussehen bezogen und du kannst damit rechnen, dass ich die nächsten zwei Wochen nicht raus geh und mir die Augen aus heule.",erkläre ich nur. Weil Fee auf die Couch springt, wende ich meine Aufmerksamkeit kurz ihr zu und fange an, sie zu kraulen. Er kann wirklich froh sein, sie zu haben. Ich meine, Isaac hat so andauernd Gesellschaft und dazu kommt noch, dass sie wirklich schlichtweg zu süß ist. Zum Glück, ich kann mir vorstellen, dass es sich mit einer kleinen aber schnell aggressiven Katze nicht ganz so einfach leben würde.
"Mobbing?"
"Nein, einfach- Selbstwahrnehmung."
"Aber du bist wirklich schön."
"Akzeptabel. Eine durchschnittliche- sechs würde ich sagen."
Sechs. Eindeutig nicht mehr. Ich bin zu klein, meine Augen sind langweilig Braun und auch wenn ich aktuell zufrieden mit meiner figur bin, hab ich etwas zu viel von allem. Richtig proportioniert, aber dennoch.
"Neuneinhalb, ich steh nicht so auf diese Krallen."
Er hebt meine Hand nach oben und begutachtet die dunkelblauen, recht langen Gelnägel, bevor er den kopf schüttelt und mir ein Schmunzeln entlockt.
"Sind sowieso bald weg."
"Gut."
Mit einem Gähnen lehne ich meinen Kopf gegen seinen Oberarm und schaue auf den Fernseher.
"Bist du jetzt denn traurig oder so?",will ich wissen, weil die Werbepause vorbei ist die Talkshow wieder anfängt.
"Nein. Es regt mich nur auf, so etwas zu hören. Die Einstellung-" ich wollte mir schon das Leben nehmen, ich bin depressiv oder sonst etwas, und deswegen kann ich Witze über diese Themen machen",ist vollkommener Schwachsinn."
"Also hast du Erfahrungen?"
"Wir leben in einer verkorksten Welt, Madison, wer schon nicht?"
Überrascht nicke ich. Wer schon nicht? Unsere Generation ist nunmal schrecklich, und das nicht gerade wenig.
"Jeder hasst Jeden. Wenn du irgendetwas machst, was jemandem auch nur ansatzweise nicht passt, ist Ende.",murmel ich und zucke mit meinen Schultern.
"Im Endeffekt sollte man für sich bleiben, Hass bekommt man allemal ab."
DU LIEST GERADE
Maybe.
Teen FictionArbeit. Einer der Hauptbestandteile in Madison's Leben. Die junge Jurastudentin steckt voll und ganz in den Vorbereitungen für das nächste Semester, als sie eines Abends das Haustier ihres Nachbarn auf ihrem Balkon auffindet. Das kleine Kätzchen mac...