Überfordert blicke ich Hannah an. Meine Freundin ist zwar hauptsächlich damit beschäftigt, sich durch den Ständer mit Schmuck zu arbeiten, meinen Blick scheint sie trotzdem zu bemerken.
"Was denn?",hinterfragt sie und lässt die nächste Kette in unser kleines körbchen fallen. Der Schmuck ist hier aber auch wirklich zu hübsch. Klar, Modeschmuck und nichts hochwertiges, für die Preise macht das aber recht wenig. Meiner Meinung nach zumindest.
"Was hast du deinem Bruder gekauft? Zu Weihnachten, du weißt schon."
"Du kannst mein Weihnachtsgeschenk für meinen Bruder nicht mit einem Geschenk für deinen Nachbarn vergleichen, Madison."
"Wir sind Freunde.",murmel ich nur und laufe langsam weiter, um irgendwann auch mal zur Kasse zu kommen.
"Keine Ahnung. Wie wärs mit- keine Ahnung."
Sie schaut sich nachdenklich um, während ich meine Sachen auf die Theke lege, damit die Kassiererin alles abscannen kann. Das junge Mädchen auf der andern Seite nennt mir den Preis und dreht mir zeitgleich die kleine Anzeige entgegen, auf der ebenfalls nochmal der Betrag steht. Still bezahle ich und rücke etwas zur seite, damit Hannah es mir gleich tun kann.
"Ring, Armband?",schlägt sie nebenbei vor.
"Wüsste nicht was."
"Pullover. Nike, Adidas, Tommy."
Ich seufze und zucke mit meinen Schultern. Wir verbringen die Feiertage zusammen, ich kann nicht ohne irgendetwas ankommen. Vielleicht wäre ich doch besser nach Hause geflogen. Zumindest hätte ich mich dann nicht in so eine schwierige Situation gebracht. Es sind noch vier Tage bis heiligabend und ich hab keine Ahnung, was ich Isaac schenken soll. Ich meine, nur eine Kleinigkeit, aber selbst da findet sich nichts. Wie es letztendlich überhaupt dazu gekommen ist, dass wir beschlossen haben, die Tage einfach zusammen zu versuchen, rum zu kommen, weiss ich um ehrlich zu sein nicht mal. Trotzdem hab ich da echt nichts gegen, immerhin verstehen wir uns wirklich gut, also wieso schon nicht?
Mit der kleinen Tüte in der Hand schluffe ich aus dem Laden raus, dafür in den gegenüber rein. Ich schaue Hannah fragend an und deute auf die Violette Beanie.
"Wer trägt noch Levis?"
"Aber die Farbe ist hübsch.",argumentiere ich sofort und seufze enttäuscht, als mir auffällt, dass Hannah nur nochmal den Kopf schüttelt.
"Die weiße Cap."
Sie deutet drauf, nur diesmal bin ich diejenige, die verneint.
"Wieso nichts anderes?"
"Ich weiss nicht, was er mag und- er trägt wirklich oft irgendwelche Kopfbedeckungen also-"
"Die rosane?"
Sie hält mir die Cap entgegen, von welcher ich mir sicher bin, dass ich den dazugehörigen Pulli in meinem Schrank hab. Rosa und nike. Ich nicke. Ist in Ordnung.
"Nicht in rosa, lieber in beige.",entgegne ich, worauf Hannah nickt und mir diese reicht. Statt zur Kasse schiebe ich mich durch die Gänge, weil der Hoodie der dazu passt, meine Aufmerksamkeit auf sich zieht.
"Du machst dir ganz schön viele Gedanken um ihn.",merkt meine Freundin an, worauf ich nur ein summen von mir gebe. Natürlich mach ich das.
"Bei Liam hast du nach fünf Minuten etwas gefunden."
"Bei dir hab ich auch lange gebraucht.",murmel ich sofort. Liam ist nunmal einfach. Nicht kompliziert. Mit dem viel zu überteuerten Band irgendeiner Buchreihe, die er mag und die meiner Meinung nach zwar etwas zu kriminell angehaucht ist, dafür, dass wir Jura studieren, wird er auf jeden Fall zufrieden sein. Da bin ich mir ziemlich sicher.
"Ich weiss nicht.",wiederhole ich und schaue mich um.
"Hm?"
"Irgendwie ist es seltsam mit einer Cap an zu kommen, andererseits sind dreißig Dollar ein angemessener Preis für eine Kleinigkeit. Für irgendwas- persönliches kennen wir uns nunmal noch zu wenig."
Hannah seufzt und schiebt mich einfach in Richtung der Kasse, was ich ebenfalls nur mit einem Seufzen hinnehme.
"Kauf sie einfach."
Ich nicke ergeben und schiebe dem Kassierer das Geld passend entgegen. Ich hab mich wirklich zu lange daran aufgehalten. Ich meine, am Ende komm ich mit irgendetwas an und er hat nicht mal einen Gedanken daran verschwendet. Oder er lässt mich schlichtweg sitzen, auch ein vorstellbares Szenario. Klar, mir macht es recht wenig aus, allein meine Serien zu schauen und Essen zu bestellen, ich denke aber, dass ich dann wohl trotzdem irgendwie kurz enttäuscht wäre.
Ich schüttel den Kopf, um nicht wieder nach zu denken. Mit einem kurzen:"Dankeschön.",nehme ich die Tüte entgegen und laufe Hannah hinterher, raus aus dem Geschäft.
"Ich hab keine Lust mehr."
Seufzend lasse ich mich auf die Bank, mitten im Einkaufszentrum, fallen. Wir sind seit sicherlich drei, vielleicht vier Stunden unterwegs. Der Besuch im Nagelstudio hat etwas zu viel Zeit eingenommen, leider, aber zumindest hat es sich gelohnt, das Ergebnis kann sich nämlich sehen lassen. Hannah hatte auf jeden Fall auch noch ein paar Sachen zu besorgen, morgen ganz früh gehts für sie los, zurück zu ihren Eltern, zu ihrer Familie. Liam hingegen ist schon seit vorgestern weg, kommt dafür aber auch noch vor Silvester zurück. Erneut entkommt mir ein seufzen. Vielleicht hätte ich auch nach Hause fahren sollen.
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Maybe.
Teen FictionArbeit. Einer der Hauptbestandteile in Madison's Leben. Die junge Jurastudentin steckt voll und ganz in den Vorbereitungen für das nächste Semester, als sie eines Abends das Haustier ihres Nachbarn auf ihrem Balkon auffindet. Das kleine Kätzchen mac...