"Ich hab mich doch gar nicht verspätet.",murmel ich nur und setze mich auf. Meine Arme verschränken sich vor meiner Brust, weil ich höre, wie Liams Stimme ertönt.
"Nein, aber- Harvey hat wirklich übertrieben.",entgegne ich also und zucke mit meinen Schultern.
"Der Typ mag keinen, mach dir nichts draus."
"Doch doch. Ich muss die nächsten Monate mit ihm klar kommen, vielleicht auch Jahre, wer weiss."
Neben Diane ist Harvey ein richtiger- wie soll ich sagen?- ein richtiger Kotzbrocken. Verhältnismäßig auch noch recht jung, höchstens zweiunddreißig, vielleicht ein- zwei Jahre, Plus oder Minus. Das ist wohl auch der störende Punkt an der Sache. Ich denke, er scheint sich gut vor zu kommen, was leider irgendwie auch kann. Mit Anfang dreißig Partner zu sein ist immerhin etwas, worauf man gut stolz sein kann, denke ich. Nachdem ich gestern früh also ganze drei Minuten zu spät im Büro war, weil der Aufzug auf mehreren Etagen gehalten hat, hab ich von Harvey erstmal eine Verwarnung bekommen, während dieser von Diane ebenfalls eine bekommen hat. Wieso sie ihn überhaupt als Partner in der Kanzlei hat, weiss ich nicht, aber gut. Nachvollziehen können muss ich das ja auch nicht.
"Vielleicht- bleibe ich. Diane hat angemerkt, dass sie- mir danach eine feste Stelle anbieten würde."
"Wann bist du nochmal fertig mit deinem Studium?"
"Vier Jahre."
Umso mehr hat es mich gefreut, dass Diane sowas schon erwähnt hat. Ich meine, es ist nichts selbstverständliches, dass sie nachdenkt darüber, mich danach zu übernehmen, Berufserfahrung hab ich immerhin null.
"Du bist erst ein Jahr hier?"
Ich nicke:"Ja. Ich meine, vier Jahre Studium und zwei Jahre nach den Examen. Oder wie auch immer. Ich hab den Durchblick immernoch nicht, um ehrlich zu sein."
Liam schaut mich an und bleibt still, wie so oft. Ich seufze. Ich weiss wirklich nicht, ob ich mich hier wohl fühle. Klar, es ist in Ordnung, und ich verbringe eigentlich echt ganz gerne Zeit mit Liam, nur eben eher nach der Arbeit, oder wenn wir mit Freunden ausgehen. Vielleicht einfach, weil ich morgens sowieso nicht all zu sozial bin, vielleicht auch nur, weil ich die Tatsachen im Hinterkopf habe. Ich meine, wir sind Kollegen, sozusagen. Mehrere Jahre älter ist er auch noch. Sechs. Also an sich wäre das hier sogar illegal. Zumindest hier. Ich blinzle ein paar Mal, in der Hoffnung, mich nicht mehr auf meine Gedanken zu konzentrieren, ziehe das T-Shirt aber etwas zurecht. Meinen Blick lasse ich durch das sogar recht große Schlafzimmer wandern. Trotzdem würde ich mich wohl immer wieder für mein Apartment entscheiden, geräumig hin oder her. Die große Fensterfront, die ich so liebe, hat Liam hier nämlich nicht. Stattdessen wird die Wand gegenüber von seinem Bett mit einem standardmäßigen Fenster geziert. Seine Wohnung ist trotzdem recht schön, auch, wenn ich es eher schlicht mag und das dunkelrot im zusammenhang mit dem weiß und dem ebenfalls dunklen grün tatsächlich meine Aura stört. Es passt zwar zusammen, auf Farbe stehe ich nunmal aber nicht so wirklich. Rosa ausgenommen. Wobei ich manchmal selbst überlege, ob es falsch war, mich auf rosa und weiß mit etwas Gold in meiner Wohnung zu beziehen, meine Wände zu streichen, würde ich trotzdem nie in betracht ziehen.
Nachdenklich schaue ich auf das schmale Armband um mein Handgelenk. Ich puste Luft aus und lege mich wieder hin, weil mein Unwohlsein nicht verschwindet. Wahrscheinlich sollte ich da wirklich nichtmal dran denken, aber ich wäre deutlich lieber bei Isaac, vedammt. Viel lieber, um ehrlich zu sein. Wohler würde ich mich auf jeden Fall fühlen.
"Liam."
Er schaut mich fragend an, meinen Blick wende ich trotzdem wieder ab.
"Lassen wir das hier, okay? Ich meine-"
"Nur Freunde und Kollegen, ich weiss, Mads."
Dankend summe ich. Nur eine Ausnahme und sicherlich auch irgendwo ein Fehler. Gut, zwei Ausnahmen, aber damit ist dann auch Ende. Eine Beziehung oder sonst was steht nicht auf meinem Plan, Gefühle sind sowieso keine da und davon abgesehen, hab ich vor, mich erstmal auf mein Studium zu konzentrieren.
DU LIEST GERADE
Maybe.
Teen FictionArbeit. Einer der Hauptbestandteile in Madison's Leben. Die junge Jurastudentin steckt voll und ganz in den Vorbereitungen für das nächste Semester, als sie eines Abends das Haustier ihres Nachbarn auf ihrem Balkon auffindet. Das kleine Kätzchen mac...