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Nachdenklich summe ich zu der Stimme von Drake, welche, wie so oft, durch die Box hallt und mit sicherheit in jeder einzelnen Ecke meiner Wohnung zu hören ist.
Ich schnappe mir meinen Laptop und die rosane Kuschelecke von meinem Sofa bevor ich mich suchend in der Küche umschaue. Ich gebe den Rest von der Gemüselasagne von heute Mittag auf den großen Teller und stelle diesen für ein paar Minuten in meine Mikrowelle, erneut zu kochen hab ich wirklich keine Lust. Ich meine, ich würde einfach mal sagen, dass ich wirklich nicht schlecht darin bin, zu kochen. Ein Mal am Tag reicht es nur eben, auf den Teil mit dem aufräumen danach, könnte ich nämlich liebend gerne verzichten. Mit meinen Sachen in der Hand schluffe ich jedenfalls nach draussen auf die große Terrasse und lege alles auf der Außenganitur ab, welche bis vor ein paar Minuten noch mit der Plane zugedeckt war. Ausnahmsweise, muss ich dazu sagen, die meisten Abende vergesse ich das leider vollkommen. Die ein oder anderen Stürme mussten die Polster also schon durch machen. Das Sternchen in meinem Kalender ist auf jeden Fall mächtig stolz auf mich, dass ich gestern daran gedacht habe.
Ich laufe zurück in die Küche und nehme mir eine kleine Flasche Cola aus dem Kühlschrank, eine Gabel aus dem Besteckfach. Es ist Anfang November und somit wird es von Tag zu Tag eigentlich nur noch kälter, dennoch verbringe ich die meisten Abende auf meinem Balkon. Wieso, weiss ich eigentlich gar nicht, von meinem Schlafzimmer aus habe ich nämlich fast die gleiche Aussicht. Ich hole den Teller aus der Mikrowelle und laufe wieder nach draußen. Mit einem Seufzen lasse ich mich auf der Couch nieder. Ich ziehe die Decke über mich und klappe meinen Laptop auf, bereit, Friends weiter zu schauen, fange nebenbei schon mal an, zu essen. Dennoch lasse ich meinen Blick nach draußen gerichtet. Das schmale, weiße Gitter ist die einzige Abtrennung von draußen, die einzige Abtrennung von dem Balkon nebenan. Meine Mundwinkel zucken nach oben. Ich liebe New York. Allein der Blick auf die Dächer, auf die leuchtenden Gebäude rundherum lassen mein Herz höher schlagen, und das um einiges. Diese Wohnung ist perfekt. Die große Fensterfront im Schlafzimmer und der Ausblick vom Balkon aus waren zwar die beiden Hauptgründe, wieso ich mich in diese Wohnung verliebt habe, aber verdammt, etwas schöneres gibt es auch wirklich nicht. Zumindest nicht für mich. Davon abgesehen ist sie tatsächlich locker bezahlbar, die Lage ist perfekt und mit knapp 50qm² ist sie auch mehr als groß genug für mich allein. Meine Aufmerksamkeit wird auf sich gezogen, als ich geraschel nebenan höre. Die kleine, graue Katze welche sich jetzt auf meiner Seite der Terrasse befindet, blickt zu mir rüber und schnüffelt Aufmerksamkeit an der Fassade. Ich schiebe meine Brille ordentlich auf meine Nase, damit ich mehr erkennen kann.
"Oh hi, was machst du denn hier?"
Verwirrt stehe ich auf und hocke mich zu ihr hin. Sie gibt ein paar Geräusche von sich, fast sogar so, als würde sie mir versuchen zu antworten.
"Du hast dich verirrt, hm? Falscher Eingang?"
Vorsichtig hebe ich sie hoch und zucke kurz zusammen, als ich höre wie sich die Balkontür auf schiebt.
"Deine?",frage ich sofort und blicke den jungen Mann vor mir fragend an.
Er nickt nur also reiche ich ihm das kleine Wollknäuel vorsichtig und räuspere mich.
"Ich denke- er- sie- kommt durch die Gitterstäbe.",merke ich leise an und lasse mich wieder auf meinem Sofa nieder.
"Sie versteht noch nicht ganz, wo Ende ist."
Ich nicke. Das sehe ich. Wobei sie sicherlich gerade mal ein paar Wochen alt sein wird, so klein wie sie ist.
Ich ziehe die Decke mehr über mich und mustere meinen Nachbarn, einfach, weil er es auch tut. Die dunkelbraunen Haare hängen wirr auf seine Stirn, an seinen Ohren glitzert es, Ohrstecker, denke ich mal, genauso wie an seinem rechten Nasenflügel. Sein Oberkörper wird nur von der dunkelroten Joggingjacke bedeckt, lässt mir somit freien Blick auf seine wirklich definierten Bauchmuskeln. Erneut räuspere ich mich, nur diesmal, um meinen Blick davon ab zu wenden.
"Wie heißt sie?",will ich wissen und lasse nebenbei meine gefüllte Gabel in meinem Mund verschwinden.
"Fee."
"Zehn wochen alt.",fügt er hinzu weswegen ich schmunzeln muss. Ich sag ja, verdammt klein und kuschelig.
"Süß."
Brummend schiebt er die Türe zu seiner Wohnung auf und lässt sie auf dem Boden ab, ehe Fee nach drinnen huscht.
"Ich mag deine- Blumen."
Er deutet auf die Rosen in der großen Vase in der nächsten Ecke, was ich mit einem Summen kommentiere.
"Hab zwei linke Hände, sind nicht echt.",gestehe ich.
"Dacht ich mir."
"Dein Balkon ist ziemlich- leer."
"Ich brauch keinen Schnickschnack.",entgegnet er schulterzuckend, während er dann doch wieder das kleine Kätzchen auf den Arm nimmt, als sie sich erneut dem Gitter nähert.
Ich auch nicht. Wirklich nicht. Die Rosen waren ein Angebot bei Amazon, mehr als eine Sitzgelegenheit brauche ich bei dem Ausblick hier sowieso nicht.
"Hab dich noch nie gesehen.",bemerke ich. Noch nie. Und das, obwohl ich doch eigentlich wie schon erwähnt etliche Nächte hier verbracht habe
"Steh nicht so drauf zu frieren."
Belustigt nicke ich:"Memme also."
"Vorlaut also."
"Ein bisschen vielleicht."
Von drinnen macht ein lauter knall auf sich aufmerksam, was mich zusammen zucken lässt.
"Also dann, war nett mit dir zu reden-",er hält inne und schaut mich fragend an, so, als würde er darauf warten, den Satz mit meinem Namen beenden zu können.
"Madison."

Maybe.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt