"Nein aber-"
Isaac hält inne und schaut sich kurz konzentriert um, bevor er mich hinter sich her quer über die breite Straße zieht.
"Langsamer, ich kann nicht so schnell.",rufe ich sofort und lasse seine Hand los, um mich nicht seiner Schnelligkeit anpassen zu müssen.
"Hm?"
"Bei meinem Glück falle ich hin.",erkläre ich und schluffe ihm hinterher, bis wir irgendwann endlich wieder den Gehweg erreichen. Der Schnee auf dem Boden ist um einiges Fluffiger, als der, auf der Straße, wahrscheinlich, weil es mittlerweile schon Abend sein sollte und sich nicht mehr so viele Menschen auf den Straßen aufhalten, wie Autos. Wieso auch? Es schneit, und das nicht gerade wenig.
"Erzähl weiter.",fordere ich Isaac auf, weil mir auffällt, dass er seine Erzählung noch nicht beendet hat.
"Also. Ich hab dir erzählt, dass ich mehr-"
"Dass du in der Praxis mehr Verantwortung übernehmen sollst."
Er nickt:"genau. Jedenfalls. Ich denke, mir wird das zugeschoben, weil- also- sie ist wirklich anstrengend, Madison."
Meine Mundwinkel zucken nach oben, weil Isaac gequält sein Gesicht verzieht.
"Wie alt?"
"Unser Alter. Dreiundzwanzig, glaub ich. Sie spricht zwar englisch, größtenteils aber nur Spanisch. Wie soll ich bitte verstehen, was sie will? Meine Chefin meint-"
Wieder bleibt Isaac still und öffnet stattdessen die Autotür, blickt mich auffordernd an, weswegen ich mich mit einem:"dankeschön.",in das Leder des Beifahrersitzes sinken lasse.
Ich warte aufmerksam, bis er sich neben mir nieder lässt und den Motor startet.
"Auf jeden Fall weiß ich nicht, was ich ihr sagen soll, verstehst du?"
"Ich kann spanisch, wenn du willst, antworte ich ihr."
"Was kannst du nicht?"
"Ich kann Spanisch, Italienisch, Deutsch, Englisch und Französisch, wobei Französisch nicht fließend, nur das, was man in der Schule lernt.",erkläre ich schmunzelnd und lehne mich schräg gegen die Türe, um Isaac im Blick zu haben.
"Das- wusste ich nicht."
"Ich weiss, hab dir ja noch nichts davon erzählt."
Er schmunzelt und nimmt, abgelenkt davon, anständig zu fahren, meine Hand wieder in seine, weswegen ich ihn still anlächle.
"Also? Du sagst mir, was ich antworten soll und ich übersetz es dir?"
"Das schlag ich nicht ab."
"Morgen?"
"Morgen ist- gut. Danke, wirklich."
Ich nicke sofort. Morgen ist gut, egal, ob wir eigentlich beide den großteil des Tages arbeiten sind.
Die letzten Stunden haben wir in der Bibliothek mit lernen verbracht und auch, wenn ich mir sicher bin, dass wir nicht mehr weit von Mitternacht entfernt sind, hätte ich nichts dagegen gehabt, noch die ein oder anderen Minuten unterwegs zu sein. Nicht in der Bibliothek, verständlicherweise, ausnahmsweise hätte ich mich aber nicht beschwert, nach Hause laufen zu müssen, vielleicht auch nur, um noch etwas Zeit mit Isaac zu haben.
Mir entkommt ein seufzen:"Isaac?"
"Hm?"
"Ich muss nach der Arbeit noch ins Tattoostudio."
"Wieso? Was lässt du dir stechen?"
Ich blinzle ein paar Mal, um meinen Blick wieder zu schärfen, auf meine Brille hab ich nämlich mal wieder verzichet, genauso, wie auf meine Kontaktlinsen.
"Ich tätowiere."
"Hm?",wiederholt er nur und wirft mir einen kurzen Blick zu, konzentriert sich sofort wieder auf die Straße.
"Ich steche und ich entwerfe Tattoos."
"Auch das wusste ich nicht?"
"Auch hier ist mir bewusst, dass du das nicht wusstest.",entgegne ich schmunzelnd.
"Du tätowierst und hast selbst keine?"
"Ich hätte gerne Tattoos aber- sichtbare sind nicht erlaubt, also lohnt es sich nicht für mich."
Isaac brummt nur einmal nachdenklich vor sich hin:"stimmt."
Trotzdem bin ich wohl jedes Mal kurz davor, mich hin zu setzen und meinem Vorhaben, mich zu tätowieren, nach zu gehen, die Vernunft hält mich nur leider jedes Mal aufs Neue zurück, ich bin mir nämlich ziemlich sicher, dass sowas nicht gern gesehen wird, nicht von Harvey, nicht von Diane und auch von den meisten anderen Juristen nicht.
"Was machst du?",hinterfrage ich skeptisch, weil mir auffällt, dass der Wagen an der Ampel hält, und auch trotz des grünen Signals nicht weiter fährt.
"Ich weiß gerade nicht wo wir sind."
"Ich merke es."
Er fährt weiter, nur um kurz darauf am Straßenrand seinen Platz zu finden.
"Du bist vorhin bestimmt falsch abgebogen.",merke ich an und deute auf das Straßenschild, welches uns verrät, wo genau wir sind.
Abgelenkt nickt er und tippt auf seinem Handy herum, weswegen ich ihn still beobachte. Die Kapuze des roten Hoodies bedeckt seine Haare, welche trotzdem wie so oft wirr auf seine Stirn hinab hängen. Kein Wunder, ganz egal wie schlau Isaac wirkt, gestresst vom lernen scheint er auch zu sein, und genau das haben nunmal seine Haare zu spüren bekommen.
"Wir müssen- zurück. Zwei Straßen. Dann- links rein, von da aus normal weiter. Denke ich. wobei-"
Isaac seufzt und lässt sein Handy in dem Fach am Armaturenbrett verschwinden:"versuchen wir es einfach."
"Ach, egal wo wir landen, versuchen wir es einfach."
Seine vollen Lippen verziehen sich zu einem schmunzeln, was meine ihnen sofort gleich tun.
"Ich mag es, wenn du lächelst."
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Maybe.
Novela JuvenilArbeit. Einer der Hauptbestandteile in Madison's Leben. Die junge Jurastudentin steckt voll und ganz in den Vorbereitungen für das nächste Semester, als sie eines Abends das Haustier ihres Nachbarn auf ihrem Balkon auffindet. Das kleine Kätzchen mac...