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"Woher bist du? Ich meine, du siehst nicht aus, wie-"
"Wie eine Schweizerin?",beende ich Isaacs Satz schmunzelnd, weil er zum Ende hin wieder verstummt und ich mir fast schon sicher bin, dass er seine Erläuterung nicht beendet hätte.
"Genau."
Seine Finger legen sich auf meinen Oberschenkel, fangen wieder an, auf meiner gebräunten Haut herum zu tippen.
"Meine Mama ist Spanierin, hat aber Puerto Ricanische Wurzeln, mein Dad ist Italiener, lebt aber schon Jahrelang in der Schweiz.",erkläre ich und rutsche etwas weg von ihm, nur, um mich richtig hin legen zu können.
"Also bist du- vieles?"
Belustigt nicke ich:"Vieles, genau."
Er brummt und hält mir das Viereck mit in Schokolade gehülltem Puffreis vor, welches sofort in meinem Mund verschwindet.
"Danke. Also. Du bist-"
"Vater Russe, Mutter Amerikanerin."
"Darf ich dich etwas fragen?"
"Du wirst sowieso fragen, Madison."
"Punkt für dich."
Ich rolle mich auf die Seite und lehne meinen Kopf auf seinem Schoß ab. Seine Hand lege ich auf meine Seite, bewege sie ein paar mal hin und her, um ihm zu deuten, dass er mich kitzeln soll. Zufrieden summe ich, weil ich merke, dass er genau dem auch nach geht.
"Du hast kein gutes Verhältnis zu deinen Eltern, oder?"
"Nein."
"Darf ich- wieso?"
"Ist eine lange Geschichte."
"Ich hab Zeit.",entgegne ich sofort und schaue zu Isaac auf, welcher nur ergeben nickt.
"Ich denke, gibt es nicht viel zu sagen. Meine- Mutter war nie sonderlich herzlich und Dad war immer nur arbeiten. Letztendlich hat sie ihn betrogen, Dad ist ausgezogen, ihr neuer Lebensgefährte dafür ein. In meinen Augen hat sie das letzte Bisschen noch hinzugefügt, dass die Familie vollständig kaputt gemacht hat, also-"
"Hast du noch kontakt zu deinen Eltern?"
Er schüttelt den Kopf, nickt dann aber, trotzdem wirkt es so, als wüsste er selbst nicht genau, was er sagen sollte.
"Naja. Mittlerweile ist es noch so, dass meine Schwestern und unsere- Mutter sogut wie gar keinen Bezug mehr zueinander haben, so, wie ich auch nicht. Dad meldet sich auch nur noch an Geburtstagen und mehr, als die Monatliche Überweisung bekomm ich somit nicht zu hören."
Weil ich nichts falsches sagen will, und ich mir zeitgleich auch sicher bin, dass Isaac noch irgendetwas hinzufügen möchte, nicke ich aufmerksam, in der Hoffnung, genau das auch noch hören zu können.
"Ich denke, dass unsere Familie ein typisches Beispiel dafür ist, wenn Eltern mit Geld versuchen, die fehlende Liebe zu kompensieren."
Ich setze mich auf und umarme Isaac sofort.
"Tut mir Leid. Das hört sich nicht gut an. Wie- also- du kommst damit klar?",hinterfrage ich leise, während meine Finger seinen warmen Rücken auf und ab fahren.
"Mir ist das recht egal, Madison. Ich werd Zoey sobald es geht da raus holen und dann werd ich mich zu Hause nicht mehr blicken lassen."
"Wann?"
"Sobald sie mit der Schule fertig ist. Nächsten Sommer."
"Das ist wirklich- lieb."
Er schaut mich still ab und nickt langsam, was ich ihm gleich tue. Meine Lippen verziehen sich zu einem Lächeln, hauptsächlich, weil ich nicht ganz weiss, wie zu reagieren angebracht wäre.
Ruhig beobachte ich Isaac. Es wirkt nicht wirklich so, als wäre er schlecht drauf, nicht so, als würde es ihn stören, mit mir über seine Familie zu reden, ich würde sagen, dass er einfach nur abgelenkt wirkt, und das nicht auf die Art und Weise, als wäre er in seinen Gedanken versunken.
"Ich mag es, wenn du deine Haare so trägst."
Überrascht ziehe ich meine Augenbraue nach oben, sehe, wie sich eine der beiden Haarsträhnen, welche mein Gesicht einrahmen, um seinen Finger wickelt.
"Dankeschön."
Isaac brummt nur kurz, wird aufgehalten von Fee, welche es sich wieder in der schmalen Lücke zwischen uns bequem macht. Schmunzelnd rücke ich etwas von Isaac weg, nicht viel, nur so, dass ich sie nicht erdrücke.
Ich räuspere mich und drehe mich dem Fernseher entgegen, um die Stille zwischen uns doch irgendwie ignorieren zu können.
"Du kannst lauter machen."
"Danke.",rufe ich sofort und stelle die Musik etwas lauter, dessen Musikvideo nebenbei läuft.
"Trommelfell geplatzt."
Ich äffe Isaac kurz nach, weil ich weiss, dass seine Anmerkung sich nicht auf die Lautstärke der Musik bezieht, sondern darauf, dass mein "Danke" vielleicht etwas zu laut und gleichzeitig etwas zu sehr in nähe zu seinem Ohr ausgefallen ist.
"Ich mag das Lied.",murmel ich nur und lehne mich wieder gegen seinen Oberarm. Mein Blick legt sich wieder auf den Sternenhimmel, welcher den Bildschirm des Fernsehers ziert und nach und nach von einer neuen Zeile des Songs beschrieben wird, während Lil Peeps Stimme den Raum, wobei sicherlich die Wohnung durch hallt.
"Ich weiss."
Ich schaue zu Isaac auf und lächel ihn still an.

Maybe.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt