Seufzend packe ich das kleine Buch in meine Tasche zurück, welches sich in den letzten Wochen nach und nach mit aneinandergereihten Buchstaben gefüllt hat. Mehr als die Hälfte ist sicherlich mittlerweile beschriftet, und das auch noch recht ordentlich, wenn man bedenkt, dass ich fünfzig Prozent der Zeit, in der ich darin meine Notizen aufschreibe, eine Reihe hinter Diane oder einem der anderen Anwälte der Kanzlei im Gericht sitze. Die restllichen fünfzig verteilen sich dann wohl auf die Kanzlei selbst, oder auf die Stunden, die ich so oft damit verbringe, selbst für irgendwelche Fälle zu recherchieren.
"Mittag im Seamore?"
Liam erscheint neben mir und schaut mich fragend an, während ich mir den schwarzen Teddymantel über streife, welcher mich zum Glück gut warm hält.
"Ich muss in- einer Dreiviertelstunde zu einer Wohnungsübernahme. 9th Avenue.",erkläre ich, während wir zusammen den Gang zu den Aufzügen entlang laufen.
"Wieso das? Spontaner Umzug?"
"Meine Kollegin zieht um und weil sie aktuell noch bei ihren Eltern ist- muss ich schonmal die Schlüssel beim Vermieter abholen."
Die silbernen Stahltüren des Aufzugs schließen sich vor uns, weswegen ich mich kurz dem leichten Spiegeleffekt darin zu wende, um sicher zu gehen, dass ich noch immer geordnet aussehe. Die letzten sechs Stunden bin ich mit sicherheit zehn Mal hin und her gerast, um Unterlagen zu holen oder irgendetwas weg zu bringen. Eigentlich hab ich nichts dagegen, normalerweise wird die Tatsache, dass ich Studentin bin aber nicht so ernst genommen, herumgescheucht wurde ich bisher so eigentlich noch nicht.
"Zeit für einen Kaffee?"
"Ich bin ohne meinen Wagen unterwegs, Liam, ich muss zufuß.",entgegne ich und seufze.
Flüchtig umarme ich ihn und lächel ihn entschuldigend an, bevor ich mit schnellen Schritten los laufe. Eigentlich hätte ich wirklich nichts dagegen, mit ihm die freie Zeit bis zum nächsten Termin zu verbringen. Eigentlich. Aktuell bevorzuge ich es, einfach nur die Schlüssel ab zu holen und mich mit irgendeiner Kleinigkeit zum Essen in den nächsten Park zu gesellen. Eine Bowl, vielleicht, aus dem Laden, von dem Sadie erzählt hat. Ich nicke. Eine Bowl wäre gut. Das Vibrieren meines Handys zieht meine Aufmerksamkeit auf sich, weswegen ich seufze und es aus meiner Jackentasche ziehe, nur um kurz darauf den Anruf an zu nehmen.
"Ja, Isaac?"
"Ja, Madison?",äfft er mich sofort nach, was mich schmunzeln lässt.
"Du hast angerufen, jetzt komm mir nicht blöd."
"Freundlicher den Anruf abheben könntest du schon."
Ich räuspere mich und schaue mich kurz um, als ich die Straße überquere.
"Guten Morgen, Isaac, ich freu mich wirklich dich zu hören. Wie kann ich dir helfen?",entgegne ich stattdessen nochmal.
"Schon besser. Wo bist du? Hast du nicht Pause?"
"Muss Kylies Schlüssel abholen, hab ich dir doch erzählt."
"Wo?"
"In der Nähe vom Flat Iron, 9th Avenue."
"Und wo bist du?",hinterfragt er wieder.
"Am Gericht."
"Ich komm zu dir."
"Ich hab nicht viel Zeit."
Nicht wirklich. Zwanzig Minuten brauch ich zufuß mit sicherheit, sollte ich ein Taxi finden könnte ich es auch in einer Viertelstunde schaffen. Weil sich der Hunger in mir aber breit macht und ich nach der Schlüsselübergabe keine Zeit mehr habe, um in Ruhe zu essen, sollte ich das wohl vorher noch abharken.
"Hast du schon frei?",will ich stattdessen wissen, weil ich ablenken möchte. Isaac braucht sich immerhin keine Mühe zu machen, auch nicht, wenn er frei hätte.
"Auch nur Pause."
"Weißt du, irgendso ein Idiot hat mich heute morgen zugeparkt."
"Deswegen hab ich dich nicht gesehen.",entgegnet Isaac still, lässt ein verstehendes summen folgen.
"Hab kein Taxi bekommen. Ich meine, wieso sind keine Taxis da? Wir leben in New York."
"Hauptverkehrszeit, nicht nur du fährst zur Arbeit, Madison."
Ich seufze:"Leider."
Leider. Denn auch, wenn mein Weg eigentlich nicht all zu weit ist, sonderlich angetan davon, früh morgens zu laufen bin ich irgendwie nicht. Besonders nicht bei solchen Temperaturen, kalt ist es nämlich immernoch.
"Ich kann- dich abholen."
Meine Mundwinkel zucken nach oben. Wirklich kein Angebot, wo ich nein zu sagen würde, dennoch steht meine Meinung, dass ich nicht will, dass Isaac sich irgendwelche Mühe macht.
"Nicht nötig, ich nehm den Bus- aber dankeschön."
"Wäre ein Weg."
"Nein."
"Nicht?"
"Ich nehm den Bus, Isaac.",wiederhole ich und biege in die nächstbeste Straße ein, weil es mir hier deutlich zu voll ist. Der einzige negative Punkt an New York, zumindest ist es das für mich.
"Du bist echt stur, Madi."
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Maybe.
Teen FictionArbeit. Einer der Hauptbestandteile in Madison's Leben. Die junge Jurastudentin steckt voll und ganz in den Vorbereitungen für das nächste Semester, als sie eines Abends das Haustier ihres Nachbarn auf ihrem Balkon auffindet. Das kleine Kätzchen mac...