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"Ach komm schon, wieso denn nicht?"
Hannah schaut mich verwirrt an, von Liam ernte ich den gleichen Blick.
"Ich hab echt keine Lust."
"Aber du bist doch schon angezogen? Fertig gemacht?",merkt meine Freundin an. Ich lächel Hannah entschuldigend an, in der Hoffnung, sie belässt es dabei. Ihre blonden Haare scheinen frisch gefärbt zu sein und fallen in ordentlich gemachten Locken über ihre Brust. Sie ist wirklich verdammt hübsch, vielleicht etwas blass aber und zu, die größtenteils Veganen Alternativen tun ihr wohl nicht all zu gut, aber solange es nicht krankhaft ist, spielt das eigentlich auch eine recht kleine Rolle.
"Wir können auch was anderes machen.",schlägt Liam vor, worauf Hannah nickt.
"Nein, geht ruhig. Ich hab sowieso noch ein paar Sachen zu erledigen."
"Sicher?"
Ich nicke hastig:"ganz sicher."
Hannah schaut mich an und nickt ebenfalls, wofür ich ihr wirklich ziemlich dankbar bin. Auch, wenn der Plan war, dass wir feiern gehen, in diesen Club, ein paar Kilometer abseits von New York City, welcher gerade in allermans Munde ist. Meine Lust hat sich dann aber doch schon verabschiedet, als ich mich auf der Bank vor meinem Haus nieder gelassen hab. Wieso, weiss ich um ehrlich zu sein nicht.
Von Liam werde ich in eine kurz Umarmung gezogen, kurz darauf auch von Hannah.
"Ruf mich an wenn was ist.",flüstert sie sofort worauf ich erneut nicke.
"Werd ich. Pass auf dich auf und viel Spaß."
Sie lächelt mich an und hängt sich ihre Tasche quer um. Ich muss diese Tasche auch haben, verdammt. Ich muss. Den hohen Preis beachten wir am besten einfach nicht.
Liam drückt mir einen Kuss auf die Wange, bevor er sich von Hannah mit ziehen und mich somit verdutzt zurück lässt.
Ich lasse mich wieder auf die Bank sinken und lehne mich zurück. Ich meine, wieso macht er das immer? Ich steh wirklich nicht auf Körperkontakt. Im Gegenteil. Ich meide jegliche Umarmung mit Leuten, die nicht meinem aller engsten Freundeskreis angehören. Ausnahmen gibt es, bestimmt gibt es das, trotzdem weiss Hannah, und Liam sollte es auch wissen, dass mich solche Situationen stundenlang nachdenklich werden lassen. Seufzend fahre ich durch meine Haare und schaue auf meine Beine. Vielleicht liegt meine Lustlosigkeit auch einfach nur daran, dass ich mich heute an ein etwas auffälligeres Outfit gewagt habe. Die schwarzen Overknees haben einen eher hohen Absatz, der lederartige Stoff hat ein paar silberne Schnallen übereinander an sich und passt eigentlich perfekt zu meiner Shorts. Von mehr als einer durchsichtigen Strumpfhose werden meine Beine ansonsten aber nicht bedeckt. Der einfache, schwarze Langarmbody zeigt hingegen wenig Haut, was zumindest etwas als Ausgleich durch geht. Ich sollte mir ein paar neue Sachen zu legen. Mich mehr trauen, so, dass ich mich in solchen Outfits nicht mehr so verdammt unwohl fühle.
"Alles in Ordnung?"
Ich zucke zusammen und schaue auf, blicke somit geradewegs in Isaacs Gesicht.
"Denke schon.",erwider ich nur. Er lässt sich neben mich auf die kühle Bank fallen und hält mir eine Glasflasche entgegen, welche ich mit fragendem Blick entgegen nehme. Mit einem Nicken deutet er auf die Bar, auf der anderen Straßenseite, die durch die großen Fenster freien Blick hinein lässt.
"Du sitzt seit bestimmt einer halben Stunde hier allein, also dachte ich-"
"Keine halbe Stunde.",entgegne ich sofort.
"Zwanzig Minuten."
"Höchstens Zehn, Stalker."
Ich halte ihm die Flasche nochmal entgegen, damit er diese öffnet, was er wohl auch sofort zu verstehen scheint.
"Dankeschön, das ist- danke.",füge ich noch hinzu und lächel ihn dankend an. Meine Lippen legen sich um die Öffnung der Flasche, um trinken zu können ehe ich sie ihm wieder entgegen halte.
"Wieso sitzt du hier allein? Und dann auch noch so aufgetakelt?"
"Wollte eigentlich- mit ein paar Freunden feiern."
"Aber?"
"Wie du schon gesagt hast: zu aufgetakelt. Fühl mich gerade irgendwie nicht wohl also- hab ich letztenendes doch noch abgesagt.",erkläre ich schulterzuckend.
"Zu sehr, um vor deiner Wohnung zu sitzen.",argumentiert er sofort auf seine vorherige Aussage bezogen.
"Zu viel ist zu viel."
"Mir gefällts."
"Ich seh aus wie ein Grufti, Isaac."
"Du siehst hübsch aus."
Ich lehne mich seufzend nach hinten und ziehe meine Beine an, murmel dabei nur ein:"dankeschön.",vor mich hin.
"Du hast die Balkontür zu gemacht, oder?"
"Natürlich, ist nur offen wenn ich zu Hause bin."
Zufrieden summe ich:"gut."
Am Ende macht Fee es sich noch irgendwo anders bequem, mein Balkon ist da noch die sicherste Möglichkeit.
"Wo wolltest du hin?",will er wissen und steht dann langsam auf.
"Ins Cielo, 12th Street."
"Gehen wir."
Er hält mir seine Hand vor die Nase und schaut mich auffordernd an, weswegen ich seine Hand entgegen nehme und ebenfalls aufstehe.
"Ich bin wirklich nicht mehr in der Stimmung.",murmel ich, während Isaac mich einfach mit in Richtung des nächsten Taxistandes schiebt.
"Du bist."
"Nicht so."
"Du siehst gut aus, spätestens wenn du ankommst, bist du froh."
Ich halte inne und nicke langsam. Wahrscheinlich bin ich das. Erstmal dort hin zu kommen ist aber so eine Sache. Aktuell bin ich nämlich nichts als demotiviert.
Isaac öffnet die Türe des Taxis und hält sie auf, blickt mich erneut abwartend an.
Ich lasse mich in das kühle Leder sinken und lächel ihn an, in der Hoffnung, mir meine Überforderung nicht an merken lassen zu müssen.
"Dankeschön."

Maybe.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt