| 51|

2K 63 0
                                    

"Madison."
Isaacs Geflüster neben mir zieht meine Aufmerksamkeit wieder auf sich. Ich summe auffordernd, weil ich mir sicher bin, dass er noch irgendwas hinzufügen möchte, zumindest denke ich, dass das der Plan ist.
"Wie oft musst du hier her?"
"Alle drei Monate."
"Zur Blutabnahme?"
"Nein. Ich messe ganz normal, nur- Krankenhäuser haben ein anderes Messgerät. Sozusagen- mein Langzeitwert.",erkläre ich und lasse meinen Blick herum wandern. Es ist Vormittag, kurz vor zwölf auf jeden Fall und die letzte gesamte Stunde haben wir schon in dem recht großen und leider auch gut vollen Krankenhaus verbracht. Nicht, weil irgendwas passiert ist, auch nicht, wegen Isaacs Operation, einfach nur, weil ich mal wieder einen Kontrolltermin hinter mich zu bringen habe und Isaac mich begleitet, wofür ich, um ehrlich zu sein, wirklich dankbar bin. Trotzdem würde ich jetzt wohl lieber im Bett liegen.
"Und dann kannst du gehen?"
"Genau. Werte gemessen, Fragebogen überarbeitet und dann- eigentlich gehört noch ein Gespräch dazu, aber weißt du, ich höre sowieso nicht auf den Schwachsinn, den die mir erzählen, also- ja. Danach geh ich meistens."
Mein Kopf lehnt sich gegen seinen Oberarm, aufgehalten werde ich aber von der Türe die sich öffnet.
"Zehn Minuten.",informiere ich Isaac und drücke einen Kuss auf seine Wange.
"Bis gleich."
Ich lasse seine Hand langsam los und verschwinde in dem kleinen Zimmer.
"Wie lang hab ich dich nicht mehr gesehen?"
Bijan grinst mich schief an und lässt die Türe hinter uns zu fallen.
"Ich bin nicht angetan davon hier zu sein.",rechtfertige ich mich und hebe abwehrend meine Hände. Auf dem Stuhl lasse ich mich nieder, begutachte den jungen Arzthelfer vor mir. Wobei ich mir nicht sicher bin, ob Arzthelfer das richtige Wort für das ist, was er macht. In der Diabetesambulanz hat er auf jeden Fall so einiges zutun, Blutabnahmen, Messungen, die 0815 Gespräche mit Patienten zu führen gehört zu seinen Aufgaben hier. Es erleichtert mich wirklich immer wieder aufs Neue, wenn er hier ist, die meisten in diesem Krankenhaus sind nämlich leider nicht all zu freundlich.
"Also, wen hast du da heute mitgebracht?"
Er deutet nach draußen und desinfiziert nebenbei meinen Ringfinger, um schonmal messen zu können.
"Ich- Isaac."
"Dein Freund?"
Überlegend summe ich und spitze meine Lippen:"noch nicht ganz, denke ich."
Das laute Piepsen von dem Gerät ertönt und lässt mich kurz zusammen zucken.
Ich begutachte Bijan kurz. Ich bin mir wirklich nicht mehr sicher, wie alt genau er war, ob 22 oder 23, älter als das aber keinesfalls, in unserem Alter ist er also demnach auf jeden Fall noch. Dass er im Krankenhaus arbeitet würde man auf den ersten Blick nicht ganz erwarten, die schwarzen locken, die glitzernen Piercings, welche sich an seinem Ohr bemerkbar machen, die vielen, dicht aneinander gereihten Tattoos auf seiner braunen Haut, welche unter dem weißen T-Shirt verschwinden.
"Ich könnte dich verkuppeln. Hannah ist wirklich lieb und äußerlich würdet ihr auch zusammen passen.",merke ich an und putze den Tropfen Blut von meinem Finger.
"Ich verzichte, Madison."
Unzufrieden murre ich:"dachte ich mir schon."
"Einmal auf die Waage."
"Muss ich?"
"Du weißt, dass du musst."
Ich fange an zu schmollen und schüttel den Kopf, ernte dafür ein seufzen von Bijan.
"Ist gut. Wir schreiben einfach- zwei Kilo drauf?"
Sofort nicke ich:"dankeschön."
Viel bringt das wiegen sowieso nicht, abgesehen davon, dass mir wieder ins Gedächtnis gerufen wird, wie viel ich eigentlich wiege.

"Irgendetwas verändert? Rauchen, trinken, hormonelle Veränderung, sport?"
"Rauchen nein, trinken nach wie vor nur gelegentlich, Hormone nein und Sport- ich suche zwar noch nach meiner Motivation aber der Plan, jeden zweiten Tag ins Fitnessstudio zu gehen- der steht noch.",entgegne ich schmunzelnd während er nur auf dem Fragebogen herum kritzelt.
"Hab ich schon erwartet."
Wahrscheinlich sollte ich einfach öfter mit Isaac trainieren gehen. Mehr Zeit hab ich immerhin endlich und wenn sein Arm verheilt ist, sollte das Ganze doch hinhauen.
"Und?"
Abwartend schaue ich Bijan an, weil das kleine Licht wieder aufleuchtet, ich aber die Zahl auf dem Gerät nicht erkennen kann, meine Brille liegt nämlich in meiner Handtasche in Isaacs Auto. Da liegt sie richtig. Aber gut.
"7, 6. Da nimmt dein Freund seinen Job als aufpasser wohl ernst."
Meine Mundwinkel zucken nach oben:"ein bisschen zu."

Maybe.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt