𝚘𝚗𝚎 𝚍𝚘𝚘𝚛 𝚊𝚠𝚊𝚢.

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P.o.V.: Aleyna

Auch wenn ich noch ein schlechtes Gefühl habe, kann ich nicht wirklich komplett sauer auf Kerem sein.  Wir sind jetzt in das Auto gestiegen und sind auf dem Weg zu seinen Eltern. Ich bin unglaublich nervös. Ich habe ihren Sohn alleine gelassen und Kanurya bei ihnen gelassen. So viele Umstände habe ich ihnen gemacht. Ich habe ihren Sohn eineinhalb Jahre lang komplett alleine gelassen, in denen er verzweifelt war und sich Sorgen machte. Durch mich bekam er sogar Albträume, die so realistisch waren, dass er sie nicht von der Realität unterscheiden konnte. Ganz ehrlich, wenn er mich betrogen hat oder es jetzt auch immer noch tut, ich könnte ihm nicht wirklich böse sein. Er dachte ich wäre weggelaufen. Ihm das dann noch an den Kopf zu werfen wäre nicht richtig. Eine Hand auf meinem Schoß brachte mich wieder aus meinen Gedanken. »Geht es dir gut?« Kerem sah mich besorgt an. Wir sind angekommen. Ich nickte ihm zu bevor ich meine Gedanken sammelte. »Er müsste schon da sein. Lass dir nochmal Zeit wenn du willst«. Bevor ich aus dem Auto stieg merkte ich, dass ich wieder so nervös war wie beim ersten Mal. Meine Beine fühlten sich kurz so an als würden sie nachgeben als ich aus dem Auto stieg. Kerem kam von hinten und legte einen Arm um mich. Ich weiß nicht was seine Eltern jetzt von mir denken und auch nicht was er denken wird. Nach einundzwanzig Jahren ist heute der Tag gekommen an dem ich meinen Vater treffen werde. Es ist so als würde ich dem Wolf zum fraß geworfen werden. Wenn ich Mutter wäre, hätte mir niemals verziehen also kann es sein, dass es Kerems Mutter auch nicht tut. 

Kerem klingelte, wie beim ersten Mal. Langsam ging die Tür dann wieder auf, wie beim ersten Mal. Dieses Mal war es aber nicht Kerems Vater der uns die Tür öffnete, sondern seine Mutter. Sie schien nicht wütend zu sein als sie mich sah. Das einzige was sie tat war mich in eine tiefe Umarmung zu ziehen. »Es tut mir Leid«, brachte ich in diesem Moment nur heraus. Mir tat so vieles Leid, was ich aber nicht sagen konnte. Es waren einfach zu viele Dinge. »Mir tut es Leid, dass ich nicht auf dich aufpassen konnte. Ich hätte mich schon um dich kümmern müssen als deine Mutter verstarb und dann noch wenigstens jetzt als wir heraus fanden, dass du am Leben bist. Ich hätte dir dieses Mal helfen müssen als du in Schwierigkeiten warst. Es war meine Verantwortung«, sagte sie bedauernd. »Das war sie nicht. Ich hätte besser aufpassen müssen. Und Sie haben schon mehr als genug getan als ich weg war. Sie haben alles getan, was Sie tun konnten«. Ich machte ihr auf gar keinen Fall Vorwürfe. Ganz im Gegenteil, ich war dankbar dafür, dass sie so viel für mich tat. Ich hatte nicht in Betracht gezogen, dass sie Grund hätte sich wegen irgendwas schuldig zu fühlen.  »Bitte Verzeih mir«. »Sie müssen sich für gar nichts entschuldigen. Sie haben alles besser gemacht als ich es hätte tun können. Ich schulde Ihnen so viel. Ich bitte Sie darum mir meine Abwesenheit zu Verzeihen. Die ganze Umstände die ich Ihnen deshalb bereitet habe...« »Ich verzeihe dir wenn du mir verzeihst« »Natürlich verzeihe ich Ihnen. Ich mache Ihnen wirklich keine Vorwürfe«, gab ich dann nach. Es schien so als würde Sie genau diese Worte hören wollen. Das letzte was sie dann sagte war:»Hoffentlich tut das deine Mutter auch«. Die ganze Zeit über dachte ich, dass sie einen Hass auf mich hatte. Ich habe sie immer nur als Kerems Mutter gesehen aber nie bedacht, wie sie sich als die beste Freundin meiner Mutter fühlen würde oder was für Schuldgefühle sie wohl deshalb plagten. »Das tut sie. Ich bin mir sicher. Ich bin hier, mir geht es gut und ich bin so dankbar dafür, dass Sie da waren als ich weg war. Meine Mutter wäre bestimmt auch genau so glücklich in diesem Moment wie ich es gerade bin«. »Naja. Was das angeht, kommst du nicht wirklich nach deiner Mutter. Sie war etwas sturer und hätte nicht so schnell nachgegeben. Und das war immer so anstrengend. Du glaubst es nicht«. Meine Wangen erhitzten sich auf einmal. War es doch keine gute Entscheidung so schnell nachzugeben? Eigentlich nicht, oder? Sie sprach aber dann weiter:»Du kommst da eher nach deinem Vater«, und schon erinnerte ich mich bei dem Durcheinander wieder, weshalb wir hierher kamen. 

Kerems Vater kam in diesem Moment rein.  »Hallo Aleyna!«, begrüßte er mich zuerst bevor er weiter sprach. »Und? Bist du bereit?«, fragte er dann. Ich nickte nur, weil ich kein Wort heraus bekam. »Ich werde dann zuerst rein gehen und ihm dann sagen, dass du hier bist. Also, dass du überhaupt am Leben bist«. »Er weiß es noch nicht?«, fragte ich erstaunt. »Nein. Weil du ihn ja am Anfang nicht treffen wolltest fand ich es besser nichts zu sagen. Ich hatte die Befürchtung, dass es ihn mehr verletzen würde zu wissen dass seine Tochter am Leben ist aber keinen Kontakt zu ihm sucht. Am Telefon dachte ich dann, dass er denken würde dass ich ihn nur verarschen will und deshalb erst recht nicht kommt. Ich rede kurz mit ihm und dann hole ich dich. Ist das in Ordnung?« »Ja. Dankeschön«, antwortete ich nervös darauf. Er nickte mir nur kurz zu bevor er durch die Tür lief. Kerem legte dann seinen Arm um meine Schulter. »Ich weiß ganz genau, dass du jetzt ein schlechtes Gewissen hast, weil du nicht schon von Anfang an deinen kontaktieren wolltest. Erst recht nach dem was mein Vater gerade gesagt hat. Aber das brauchst du wirklich nicht. Ich gebe ganz ehrlich zu, es war bestimmt anstrengend für ihn mit seinem Freund zu reden und das zu verheimlichen aber keiner von uns weiß wie es ist du zu sein. Wir haben nicht dasselbe durchgemacht wie du. Wir waren die meiste Zeit deines Leben nicht einmal bei dir. Keiner macht dir deshalb Vorwürfe«, er gab mir dann einen Kuss auf meine Stirn. »Aber du läufst schon mit mir rein oder?« »Wenn du das willst, dann ja. Es ist nur dein Vater ich kann dich auch alleine lassen wenn du das möchtest«. »Nein! Ich will, dass du mitkommst!« »Ok«, ein Lächeln bildete sich dann in seinem Gesicht. »Was?«, fragte ich ihn dann. »Was ist so witzig?« »Nichts. Nichts ist witzig«, stritt er alles ab. »Ich lach auch jedes Mal wenn etwas nicht witzig ist«, entgegnete ich ihn sarkastisch. Er lachte kurz bevor er dann endlich redete:»Es ist nur, dass es glaub ich das erste Mal ist dass du sagst, dass du etwas willst und es auch selbstsicher sagst. Das letzte Mal als du das gesagt hattest-« »Oh nein bitte nicht. Hör bitte auf zu reden«, sagte ich gespielt genervt und hielt meine Hand an meinen Kopf als hätte ich Kopfschmerzen. Wir beide wussten, dass er von damals sprach als wir beide Ethan besuchten und wir beide zusammen waren und der Strom ausging. »Auf jeden Fall sagst du sonst immer ›Ich möchte...‹. Wie kann ich da ablehnen, wenn du endlich sicher sagst dass du etwas wirklich willst?« Ich verrollte meine Augen und lehnte meine Kopf an ihn an. Ich starrte dann nur noch auf die Tür, hinter der mein Vater saß. Die Tür die mich davon trennte ihn zu sehen. Darauf zu warten bis die Tür aufging war gar nicht so schlimm, weil ich wusste dass Kerem bei mir sein würde. Das dachte ich dann bis die Tür zum Wohnzimmer aufging und ich innerlich fast anfing zu heulen, weil ich nicht wusste was ich tun oder sagen sollte.

𝚗𝚘𝚝𝚑𝚒𝚗𝚐Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt