P.o.V.: Aleyna
Als ich rein lief sah ich, dass Kanurya schon schlief. Kerem saß mit dem Rücken zur Tür und hatte wohl nicht bemerkt, dass ich rein gekommen bin. Ich stieg auf das Bett und umarmte ihn von hinten und vergrub meinen Kopf in seine Halsgrube woraufhin er seinen Kopf nach hinten lehnte. »Wie geht es dir?«, flüsterte er dann um Kanurya nicht aufzuwecken. »Ich bin gerade noch dabei alles zu verarbeiten«. »Es tut mir leid. Ich wünschte ich könnte etwas machen, damit es nicht so schwer für dich ist. Irgendwas um dir die Last abzunehmen...« »Mir geht es gut«. »Lüg mich nicht an«. Ich log ihn nicht an. Es war ja nicht so als ob es mir deshalb jetzt miserabel ging. Es war bloß ein Schock, den ich verarbeiten musste. Ich erzählte, dann was ich alles erfahren hatte. »Deine Mutter hat mir erzählt, dass unsere Eltern befreundet waren. Unsere Mütter waren sogar beste Freunde...« Meine Arme drückte ich fester an ihn im ihm das nächste zu erzählen. »Und... Mein Vater lebt. Ich weiß aber nicht ob ich ihn sehen will«, gab ich zu. »Warum?« »Weil ich nicht weiß, ob er mich sehen will. Man hat mir immer gesagt er wäre tot. Denkst du es ist Zufall, dass er dachte ich wäre es auch?« »Ob das Zufall war oder nicht, weißt du nur wenn du mit ihm redest« Das stimmte zwar aber ich konnte es einfach nicht tun. »Aber auch wenn das kein Zufall war, hat er jetzt ein Leben. Ich kann dann doch nicht einfach reinplatzen«. »Du platzt ganz bestimmt nicht rein. Es ist dein Recht, deinen Vater kennenzulernen. Wenn du das aber nicht willst, ist das auch in Ordnung. Lass dir Zeit um darüber nachzudenken. Du hast es erst heute erfahren. Keiner wird erwarten, dass du dich sofort entscheidest«, beruhigte er mich. »Ich werde darüber nachdenken«, sagte ich als ich mich von ihm löste. Dann fiel mir ein, was ich ihm noch erzählen wollte. »Weißt du noch damals, als wir merkten dass wir uns schon zwei Male kennengelernt hatten und es jedes Mal wieder vergessen hatten?«, fing ich aufgeregt an. »Natürlich«, antwortete er und fing an zu schmunzeln. »Was ist damit?«
Ich holte das Bild aus der kleinen Truhe und hielt es ihm hin. »Es hat sich herausgestellt, dass wir uns sogar noch früher kennengelernt hatten als wir dachten«. Er nahm das Bild und sah es an als könnte er seinen Augen nicht trauen. »Daran erinnere ich mich gar nicht mehr«, sagte er dann traurig. »Kein Wunder. Wie alt warst du da? Vielleicht vier?« Ich zeigte dann auf das Baby auf dem Bild. »Das bin ich und das sind meine Eltern«. Sein Blick verschärfte sich als er meine Eltern ansah. »Ich kenne den Mann«, zuerst überraschte es mich aber das machte irgendwie Sinn. »Wirklich?«, fragte ich dennoch. »Ja. Er ist ein Freund von meinem Vater. Sie haben sich jedes Jahr, zusammen mit meiner Mutter getroffen. Ich dachte er war einfach nur ein Freund. Ich hätte niemals gedacht, dass er dein Vater sein könnte«. »Wie ist er so?« »Ich denke eigentlich sehr nett. Ich habe nur nie mit ihm geredet. Es war irgendwie auch so als würde er das auch nicht wirklich wollen. Er hatte auch nicht viel mit Elmedina geredet aber im Nachhinein macht das auch Sinn. Vielleicht konnte er nach deinem ›Tod‹ nicht mehr so gut mit Kindern umgehen ohne an dich zu denken. Gleichzeitig merkt man aber, dass er auf gar keinen Fall ein schlechter Mensch ist... Aber deine Mutter sieht wirklich aus wie du«, staunte er dann. »Kein Wunder, dass dich meine Mutter direkt erkannte«.
Er drehte sich um, sodass er seine Arme um mich legen konnte und sah mich nur an. »Willst du noch darüber reden?« »Nein. Ich bin eigentlich auch schon etwas müde« Er hinterließ einen Kuss auf meiner Stirn bevor er aufstand. »Falls du etwas brauchst, ich bin in dem nächsten Zimmer auf der rechten Seite«. »Ok. Danke«. »Tut mir leid aber meine Mutter hätte wohl etwas dagegen wenn wir zusammen in einem Zimmer schlafen«, sagte er und zwinkerte mir zu. »Gute Nacht«, sagte ich dann und verdrehte meine Augen. »Gute Nacht. Und nicht vergessen, ich bin nur ein Zimmer weiter wenn du etwas brauchst oder wenn du reden willst. Falls ich schlafe weck mich einfach auf, da brauchst du dir echt keine Gedanken zu machen«. »Danke. Ich weiß, dass du immer für mich da bist« Und schon ging die Tür zu. Ich sah zu Kanurya die auf dem Bett lag und ihre Decke weg getreten hatte, weshalb ich sie wieder zudeckte. Hoffentlich ist sie nicht zu verstört von dem heutigen Tag und hat das nächste Mal wenn sie kommt nicht mehr Angst.
Der Morgen verlief eigentlich ganz normal. Das Frühstück verlief eigentlich schön. Kerems Mutter sagte uns natürlich, dass wir sie bald wieder besuchen sollten und dass sie dieses Mal sogar nicht mehr schreien würde. Darüber musste sogar Kanurya, die sich mittlerweile auch mit Kerems Familie angefreundet hatte, lachen. Kerems Vater, machte auch immer wieder Späße mit ihr, was wirklich schön ist, weil es so aussah als würde sie zur Familie gehören. Nach dem Frühstück half ich Kerems Mutter beim Aufräumen. Sie erzählte mir währenddessen ein paar Sachen über meine Mutter. Ich habe sie auch ein paar Fragen über sie gefragt, wie zum Beispiel was für Musik sie gerne hörte. Sie fing dann nur an zu lachen und sagte dann:»Frag mich nicht, welche Sänger oder Lieder genau denn das weiß ich nicht. Aber deine Mutter hatte den Musik Geschmack einer alten Oma. Es waren glaube ich so Lieder die ab den fünfziger Jahren erschienen sind. Da hat sie gefühlt von allem ein bisschen angehört«. Als ich fertig war gingen wir dieses Mal zu dritt zu den Pferden und Kanurya erzählte mir, was sie das letzte Mal alles von Kerem lernte. Nach dem wir bei den Pferden waren und sogar die Hasen und Hühnern füttern durften, sagte Kerem es wäre wieder Zeit nach Hause zu fahren. Als ich unsere Sachen in den Kofferraum trug, blieb mein Blick bei der Truhe hängen. Der Gedanke das Tagebuch meiner Mutter zu lesen ist zwar komisch, aber ich bin auch sehr neugierig. Was war sie wohl für ein Mensch? Was mochte sie oder was konnte sie gar nicht leiden? Über was machte sie sich wohl Gedanken? Wie ähnlich sind wir und wie ähnlich sind vielleicht unsere Gedanken sogar? Es ist wahrscheinlich die einzige Möglichkeit, wie ich meine Mutter kennenlernen kann.
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Die nächsten Kapitel werden aus den Tagebucheinträgen ihrer Mutter bestehen und auch aus ihrer Sicht geschrieben werden.
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GIF aus dem Film »The Darkest Minds«
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𝚗𝚘𝚝𝚑𝚒𝚗𝚐
RomanceNach Jahren in denen sie im Kinderheim lebte, zog Aleyna mit ihrer kleinen Schwester aus. Sie lebte das erste Jahr ein bescheidenes und dennoch akzeptables Leben bis sich der gesundheitliche Zustand ihrer Schwester extrem verschlechtert und sie alle...