P.o.V.:Aleyna
Heute ist der Tag an dem Kerems Wohltätigkeitsveranstaltung stattfindet. Es werden auch andere Firmen kommen wie die Firma meines Vaters aber auch besondere Gäste die eingeladen wurden. Die Tatsache, dass wir heute zusammen zu dieser Wohltätigkeitsveranstaltung gehen, erinnerte mich an die erste Veranstaltung zu der ich mit Kerem ging. Mein Vater wurde damals auch eingeladen aber damals ging Sergej stellvertretend dorthin. Wäre er damals dorthin gegangen, dann hätte er mich vielleicht schon damals wiedererkannt und alles wäre anders gelaufen. Für heute zog ich ein rotes Kleid an. Normalerweise wäre es mir etwas zu freizügig aber Cora wird auch dort sein, weshalb ich gut aussehen will. So schlimm ist das Kleid nicht denn es ist lang. Es störte mich bloß der Ausschnitt, obwohl es nichts zum gucken gibt was wahrscheinlich auch besser ist. Ich vertraue Kerem in dem Punkt, dass nichts zwischen denen ist aber ich traue ihr nicht. Meiner Meinung nach schreibt sie ihn an einem Tag etwas zu oft an, auch wenn es wegen der Arbeit ist muss sie nicht direkt übertreiben. Als ich fertig war lief ich runter und sah, dass Kerem gerade am telefonieren war. »Hast du deine Rede vorbereitet? Und hast du- Wirklich? Hast du das schon gemacht? Großartig! Vielen Dank! Bis später«, hörte ich bevor er auflegte. »Cora?«, fragte ich dann nach. Er lachte als Antwort und lief dann zu mir hin:»Du siehst wunderschön aus«. Zögernd fragte er mich dann:»Ich will nicht, dass du es falsch verstehst aber willst du dir nicht etwas anderes anziehen?« Um zu riskieren, dass sich jemand an dich ranmacht während ich mich wie ein Müllsack fühle? Nein. Als Antwort auf meine Frage schüttelte ich meinen Kopf. Er gab mir einen flüchtigen Kuss bevor er dann in den Flur lief. Ich lehnte mich an den Türrahmen und sah ihn nur an. »Ist was?«, fragte er verwundert. »Warum hast du mir nicht angeboten eine Rede zu halten? Ich meine ich habe selber Erfahrung damit wie es ist jemanden der an dieser Krankheit erkrankt ist in der Familie zu haben und bei der ganzen Wohltätigkeitsveranstaltung geht es ja darum Geld für diese Krankheit zu sammeln, also verstehe ich nicht weshalb du mich nicht mal in Betracht dafür gezogen hast und mich nicht mal gefragt hast«. Er sah mich an und überlegte kurz bevor er mir antwortete:»Wolltest du eine Rede halten?« »Nein, aber der Punkt ist dass du mich trotzdem hättest fragen können!« »Ja, aber ich dachte du magst es nicht vor einem großen Publikum zu reden...« »Warum hast du dann nicht einfach gefragt, wenn du es doch nicht weißt? Fragen kostet nichts«, auch wenn ich diesen Spruch selber hasse verwendete ich ihn einfach gegen ihn. »Weil du doch Angst hast vor einem großen Publikum zu reden. Also so richtig Angst, Angst hast du davor«, rechtfertigte er sich und betonte das Wort ›Angst‹ dabei. Ok, ich gebe zu er hat Recht. Ich will auch keine Rede halten, mir geht es aber um das Prinzip, dass er mich nicht gefragt hatte. »Woher weißt du das?« »Ich habe mich mal mit Ethan unterhalten und da hatte er es einmal erwähnt...« »Oh, ach so. Tut mir leid ich wollte dich nicht irgendwie angreifen oder auf dich los oder so«, sagte ich verlegen um das Gespräch zu beenden, obwohl ich ihn eigentlich ja damit konfrontieren wollte. Muss er aber nicht wissen, obwohl er das wahrscheinlich schon weiß. Weil es mir so peinlich war zog ich meine Jacke an und nahm meine Tasche. »Ich warte schon im Auto. Bist du auch fast fertig?«, rief ich ihm dann zu. »Ja ich bin gleich soweit. Warte kurz«, rief er zurück und rannte zu mir. »Gehst du mit diesem Kleid?«, fragte er dann nach und zeigte auf das Kleid das ich trug. Genauer gesagt zeigte er auf meinen Ausschnitt. »Gefällt es dir nicht?«, fragte ich dann beunruhigt nach. »Nein, du siehst perfekt aus. Ich habe das nur nicht erwartet. Es ist schön, dass du etwas neues ausprobierst«. Er klopfte einmal an meiner Schulter bevor er aufsprang und wieder weg rannte. »Geh schon vor ich komme gleich nach«, brüllte er dann von oben runter weshalb ich mich dann auf den Weg zum Auto machte. Das war gerade echt komisch. Nach einer Weile in der ich im Auto wartete, kam er endlich und ging erstmal zum Kofferraum um dort etwas abzustellen. Er lief dann nach vorne und ließ sich in den Sitz fallen.
Als er los fuhr versuchte ich dann ein Gespräch anzufangen:»Hat dir Ethan eigentlich auch erzählt, dass er auch selber Angst hat vor Publikum zu reden?« »Ja«. »Hat er dir auch die Geschichte dazu erzählt?« Er fing an zu lachen und zu nicken:»Ja, das hat er. Und ich finde du hast echt einen kühlen Kopf in der Situation bewahrt«. »Schade, ich wollte dir gerade davon erzählen«, schmollte ich enttäuscht. »Du kannst es mir aber trotzdem erzählen und ich tu dann so als ob es das erste Mal wäre, dass ich von dieser Geschichte höre«. Ich überlegte kurz und stimmte ihm zu, weil ich sonst nicht wusste über was ich reden sollte. »Die Geschichte dazu ist, dass Ethan in seinem letzten Schuljahr Schülersprecher war und bei der Abschlussfeier eigentlich eine Rede halten sollte. Er sagte aber, dass er das nicht will weshalb eine andere Person das übernehmen sollte aber wie es das Schicksal wollte war diese Person an diesem Tag krank oder so, ich weiß es nicht mehr, auf jeden Fall war die Person nicht da. So kurzfristig wollte dann keiner einspringen und anstatt dass der Lehrer es einfach gelassen hatte, zwang er Ethan eine Rede zu improvisieren. Auch wenn er sich schon einen Text vorher überlegt hatte, kriegte er kein einziges Wort raus als er auf der Bühne stand. Das schlimmste war, dass er mich dabei die ganze Zeit anstarrte was ich irgendwann einfach nicht mehr aus hielt weshalb ich dann auf die Bühne gegangen und habe dann das gesagt, was er davor geprobt hatte. Ich hatte sogar noch ein bisschen improvisiert, weil ich mir eine Ausrede überlegen musste weshalb ich eine Rede halte obwohl es nicht mein Abschluss war«.
Wieder zurück zu denken, war wirklich schön weshalb ich anfing zu lächeln. »Du hast aber vergessen das Ende zu erzählen, wie du am Ende hinter die Bühne gegangen bist und angefangen hast zu weinen weil du sooooo Angst hattest«, machte er sich dann über mich lustig. Sofort hörte ich mit dem Lachen auf und sah ihn ausdruckslos an:«Ich dachte wir wollten so tun als ob es das erste Mal wäre, dass du diese Geschichte hörst?« »Ja, aber ich kann doch nichts dafür wenn du das Beste weglässt«. Gespielt beleidigt legte ich meine Hand auf die Brust und jammerte dann:»Das ist unfair«. Irgendwie konnte ich aber nicht mehr ernst bleiben und fing dann auch an zu lachen. »Das erinnert mich an die Geschichte die meine Mutter mir einmal erzählte als ich meine Abschlussfeier hatte«. Anstatt weiter zu erzählen überlegte er kurz und runzelte seine Stirn. »Jetzt wo ich darüber nachdenke, glaube ich dass deine Mutter wohl dabei war. Meine Mutter hatte mit ihrer besten Freundin eine Rede an ihrer Abschlussfeier gehalten, weil deine Mutter Klassensprecherin war. Der Stellvertretende Klassensprecher wollte aber keine Rede halten, weshalb deine Mutter dann für ihn einsprang. Also hielten sie zusammen eine Rede. Aber der Grund weshalb sie diesen Tag niemals vergessen wird war weil meine Mutter natürlich auch nervös war. Als sie vorne stand und wie wild versuchte ihre Blätter zu sortieren, merkte sie nicht wie das Mikrofon schon vor ihr aufgestellt worden ist und eröffnete ihre Rede ausversehen mit dem Wort ›Scheiße‹«. »Wirklich?« »Ja. Sie hat vor den ganzen Lehrern und Eltern einfach ›Scheiße‹ gesagt. Nicht einmal eine Begrüßung am Anfang. Du glaubst nicht wie oft Elmedina und ich uns diese Geschichte von ihren Freundinnen anhören mussten die dabei waren und natürlich auch noch von ihr selbst«. »Bestimmt schon oft genug«. »Ja, auf jeden Fall!«, nickte er übertrieben als ob er immer noch damit genervt wird und als ob es das erste Mal war, dass jemand das verstand.
Als wir bei der Halle ankamen, wo die Wohltätigkeitsveranstaltung stattfindet waren schon viele andere dort. Als wir rein liefen hackte ich mich bei Kerem ein und wir wurden dort von jedem dem wir begegneten begrüßt. Nach gefühlt hunderten von Begrüßungen trafen wir endlich Leute die auch ich kannte. Mein Vater und Sergej. »Es ist so schön dich zu sehen«, rief mein Vater schon von weitem und umarmte mich dann als wir uns direkt gegenüber standen. Er zog auch Kerem in eine Umarmung, die er nicht erwartete und unterhielt sich mit ihm. »Wie geht's?«, fragte mich Sergej währenddessen. »Gut. Bist du heute nicht mit deiner Freundin gekommen?«, fragte ich ihn und sah mich um. »Doch aber ihre Eltern wurden auch als Gäste eingeladen und sind auch hier um etwas zu spenden. Sie ist gerade bei ihnen um alle Bekannten zu begrüßen«. Sein Kopf durchsuchte den ganzen Raum bis sein Blick wieder bei mir war. »Keine Ahnung wo sie jetzt sind«, nuschelte er schulterzuckend. Wir wurden aber dann von meinem Vater unterbrochen. »Aleyna, kommst du bitte mit mir mit? Ich möchte dich ein paar Leuten vorstellen. Das ist eine gute Chance um einen guten ersten Eindruck zu gewinnen. Du weißt nie ob die Leute zukünftige Geschäftspartner werden können oder Sponsoren für etwas«. Ich sah entschuldigend zu Kerem der verständnisvoll reagierte und ging dann mit meinem Vater.
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Das Bild ist von Instagram: amandastouchprom
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𝚗𝚘𝚝𝚑𝚒𝚗𝚐
RomanceNach Jahren in denen sie im Kinderheim lebte, zog Aleyna mit ihrer kleinen Schwester aus. Sie lebte das erste Jahr ein bescheidenes und dennoch akzeptables Leben bis sich der gesundheitliche Zustand ihrer Schwester extrem verschlechtert und sie alle...