[Achtundzwanzig] - Welcome back

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Am Freitag stehen wir dann am Gate des Flughafens und warten auf meine Eltern. Dafür haben wir Chester ein wenig früher aus der Schule geholt. Nicht nur, damit er dabei sein kann, sondern auch, weil er sonst zu lange auf uns hätte warten müssen.
Da ich mich nach wie vor weigere, den Tahoe zu fahren, muss Jolene das tun. Mit meinem kleinen Flitzer wäre es wegen des Rollstuhls nichts geworden.
Weil wir aber vier Erwachsene, ein Kind im Kindersitz, ein Rollstuhl und Gepäck für ein paar Wochen befördern müssen, entscheidet sich Jolene dazu, sogar den Hummer zu nehmen; und diesen fahre ich erst recht nicht.
Zumal man mit diesem auffällt, wie ein Löwe in Alaska. Denn der Hummer ist in einem matten Orange, mit einem mattschwarzen Streifen über die rechte Seite der Motorhaube, und auch das Dach, sowie die Felgen sind in einem matten Schwarz.

Ich weiß gar nicht, wer aufgeregter ist: Chester oder ich? Jedenfalls stehen wir beide dort und sehen uns in alle Richtungen um.
»Da.« Letztlich ist es Jolene, die meine Eltern zuerst entdeckt und auf diese zeigt.
»Oma! Opa!«, ruft Chester ganz aufgeregt und rennt auf sie zu. Sofort springt er auf den Schoß meiner Mutter und umarmt sie überschwänglich.
»Wie war euer Flug?«, frage ich, nachdem wir mit unserer äußerst emotionalen Begrüßung fertig sind. Immerhin haben wir uns seit fünf Monaten nicht mehr gesehen. Zuletzt am Geburtstag meiner Mutter im April, wegen dem wir drei Wochen in Deutschland waren.
»Entspannt, bis wir über dem atlantischen Ozean waren«, berichtet Christian. »Dann wurde es etwas turbulent. Anscheinend wütet ein Hurrikan.«
Vermutlich, denn seit zwei Tagen ist es sehr ungemütlich in Miami. Der Wind fegt über die Küste in die Stadt und peitscht den Regen gegen alles, was im Weg steht. Wir hatten sogar die Befürchtung, dass der Flughafen die Flüge streicht, und sie gar nicht bei uns ankommen.
Diese Sorge kann ich nun aber getrost zur Seite schieben.
Mit Tränen in den Augen kann ich meinen Blick gar nicht von meiner Mutter nehmen und halte unentwegt ihre Hand, während Christian die Koffer vor sich her schiebt und Jolene den Rollstuhl meiner Mutter.
Am Auto hilft Christian dieser einzusteigen, während Jolene die Koffer ins Auto belädt.
Chester schiebt seinen Kindersitz in die Mitte der Rückbank, weil er zwischen seinen Großeltern sitzen möchte. Er kann gar nicht mehr aufhören über all das zu reden, was in den letzten Monaten so aufregendes passiert ist, aber Christian und meine Mutter hören ihm geduldig und auch begeistert zu.
Meine Befürchtung, er würde dann wieder in all seiner Unschuld etwas über die intime Beziehung von Jolene und mir ausplaudern, bewahrheitet sich Gott sei Dank nicht, weshalb mir ein hochroter Kopf erspart bleibt.
Dennoch berichtet er davon, eine kleine Schwester auf seinen Wunschzettel an den Weihnachtsmann geschrieben zu haben, und auch, sich schon ganz dolle darüber zu freuen ein großer Bruder zu werden.

Natürlich weiß auch meine Mutter von unserer letzten Niederlage; sie war sogar nach Jolene die Erste, die davon erfahren hat.
Es bedrückt mich, zu sehen, wie sehr sich alle für uns gefreut haben, sowohl beim ersten Versuch, als auch beim Letzten, ebenso aber auch die Enttäuschung, nachdem kein Versuch geglückt ist.
Deshalb habe ich dieses Mal beschlossen, niemanden davon zu erzählen, bis es ganz sicher ist. Naddy lasse ich außen vor, denn die riecht Geheimnisse wie ein Schwein die Trüffel, weshalb ich keine vor ihr haben kann. Johnny und Jessica sind ebenfalls zur Verschwiegenheit verpflichtet worden.
Selbst meiner Mutter werde ich nicht davon erzählen, dass Jolene und ich bereits wieder hibbeln. Auch ihr werde ich es erst sagen, wenn eine Schwangerschaft tatsächlich besteht und die kritische Phase überstanden ist. Bis dahin werden Jolene und ich darüber schweigen - und Naddy hoffentlich auch.
Ich möchte nicht, dass sich alle wieder so sehr für uns freuen und es am Ende doch nur wieder eine Enttäuschung ist. Noch dazu kann und will ich diese mitleidigen Blicke einfach nicht mehr ertragen, falls das Ergebnis negativ ist.
Aber abgesehen davon gehe ich momentan ohnehin davon aus, mich verrechnet zu haben und in Kürze meine Periode zu bekommen. Da gibt es dann erst recht keinen Grund, irgendwem vom erneuten Versuch zu berichten.
Gott sei Dank ist Jolene dahingehend nachsichtig und erlaubt Johnny eine zweite Chance. Wobei es scheint, als habe sie sich mittlerweile mit dem Gedanken angefreundet. Denn es klang so, als hätte sie das Ultimatum gestrichen und Johnny als Spender vollends 'freigegeben' und akzeptiert.

Jolene (+Family)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt