[101] -- Part 2

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Vollkommen erschöpft, aber glücklich liege ich in meinem Krankenzimmer und bewundere das kleine Wesen in meinen Armen, das an meiner Brust liegt und die erste Mahlzeit außerhalb meines Körpers zu sich nimmt.
Das leise Glucksen und Schmatzen hat eine hypnotisierende Wirkung und macht mich etwas schläfrig, zugleich aber unsagbar glücklich.
Mir ist aber auch bewusst, dass ich so schnell nicht zum Schlafen kommen werde. Die Glückshormone strömen noch durch meinen Körper und ich habe das Gefühl, zu viel zu verpassen, wenn ich meine Augen schließe.
Außerdem erwarte ich noch Besuch von meinen Eltern, die Chester zu uns bringen werden.
Jolene liegt dicht neben mir mit im Bett und bewundert mit äußerst verliebtem Blick die Szenerie. Den rechten Arm hat sie um mich gelegt, und mit dem Zeigefinger ihrer linken Hand streicht sie ganz vorsichtig über das dunkle, hauchdünne, aber weiche Babyhaar.
Ihre Augen glitzern sogar ein wenig und zeigen die Tränen der Freude, die sie sich bisher noch erfolgreich verkneifen kann.
»Ich bin unsagbar stolz auf dich, meine süße Versuchung«, haucht sie leise und drückt ihre Lippen in mein noch klammes und zerzaustes Haar.
Jetzt streichelt sie ganz sanft die kleine Hand, dessen zarte Haut noch ein wenig verschrumpelt ist. Das kleine Wunder reagiert darauf und umgreift Jolenes Finger kräftig, was bei ihr einen leisen Ausstoß der Entzückung hervorruft.

»Ich hab' die Wette gewonnen«, sage ich dann und grinse sie an. Damit meine ich die Wette, die Jolene und ich abgeschlossen haben, als es darum ging, ob sie das Geschlecht unseres Kindes vor der Geburt herausfindet - ohne dabei ihre Cyberfähigkeiten zu nutzen.
»Hast du nicht, aber ich schenke dir den Sieg«, erwidert sie mit milder Stimme und einem leichten Lächeln.
Skeptisch sehe ich sie an. »Was soll das heißen? Hat es dir Winnie etwa doch verraten?«
»Nein.« Sie schüttelt den Kopf. »Der Arzt hat es mir gesagt, als ich dich bei deinem Zusammenbruch hier eingeliefert habe. Er wusste natürlich nicht, dass du da ein Geheimnis draus gemacht hast.«
»Und das hast du mir verschwiegen?«, frage ich leicht empört. Immerhin ist dieses Ereignis schon zehn Wochen her.
»Weil es mir nicht so wichtig war. Wichtiger war mir, dass es euch beiden gut geht.« Sie lächelt mich an und streicht mir sanft eine Haarsträhne zur Seite.
»Hast du überhaupt versucht, es herauszufinden?«, hake ich nach. Denn all die Zeit, seit unserer Wette, habe ich nichts derartiges mitbekommen. Weder hat sie es durch fiese Fragen versucht - so wie Morgan - noch hat sie überhaupt irgendwelche Anspielungen in diese Richtung fallen lassen.
»Nein«, antwortet sie immer noch lächelnd. »Aber ich hätte es ganz einfach tun können.«
»Die Einsicht in meine Akte wäre verboten gewesen«, erinnere ich sie.
»In deine Akte hätte ich nicht reinsehen müssen, sondern nur in deine Augen, während ich dir sage, was ich weiß. Und ich wusste von Anfang an, was es wird.«
Überrascht sehe ich sie an. »Woher?«
Ihr linker Mundwinkel hebt sich höher und sie zuckt kurz mit der Schulter. »Intuition.«
Diese Antwort akzeptiere ich diskussionslos, weil Jolene ihre Fähigkeit der Intuition schon oft genug unter Beweis gestellt hat.
Also erwidere ich ihr Lächeln und strecke mich ihr ein wenig entgegen, um ihr zu signalisieren, mich zu küssen. Darauf geht sie ohne zu zögern ein.

Wir genießen die Zeit, die man uns schenkt, um einander kennenzulernen. Es sind nicht nur unglaublich schöne, sondern auch wichtige Stunden, in denen uns der Arzt und das Personal in Ruhe lässt.
Genug Zeit auch, um zu realisieren, was dieser Tag bedeutet.
Mein Leben wurde heute auf so vielen Ebenen bereichert.
Am heutigen Tag ist nicht nur unsere Familie gewachsen, sondern auch meine Liebe zu Jolene - als wäre das überhaupt noch möglich gewesen. Von Anfang an hat sie mein Leben perfekt gemacht und trotzdem schafft sie es, immer noch einen draufzusetzen.
Um das zu beschreiben, muss ich ein berühmtes Zitat von Albert Einstein auf mich anpassen:
Zwei Dinge sind unendlich. Das Universum und meine Liebe zu Jolene. Aber beim Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher.

Im Grunde ist der Weg unserer Liebe mit unendlich vielen Meilensteinen gepflastert.
Und Riley ist einer davon.

Jolene (+Family)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt