Unzufrieden stehe ich vor unserem Bett und mustere die zwei Reisekoffer, die darauf liegen. Mein Fokus liegt allerdings auf den drei Hosen, die mir Jolene heute mitgebracht hat.
Latzhosen. Sie hat mir Latzhosen gekauft!
Ich weiß, wieso sie es getan hat und es ist auch sicherlich nicht verkehrt, aber ich kann mir nicht vorstellen, mich darin wirklich wohlzufühlen.
Wieso sie mir diese mitgebracht hat und wir unsere Koffer gerade packen, liegt an Chester.
Der Gute hat vergangenes Wochenende eine Dokumentation über Cowboys in Colorado gesehen und deshalb entschieden, eines Tages - wenn er groß ist - Cowboy werden zu wollen.
Nichts konnte ihn vom Gegenteil überzeugen, er ist sich ganz sicher, damit ganz viel Geld verdienen zu können, damit er den Kindern in Afrika Süßigkeiten kaufen kann.
Der Junge hat ein genauso gutes Gedächtnis wie seine Mutter. Die vergisst auch nicht, was man irgendwann mal gesagt hat und kann es sogar noch nach Jahren wortwörtlich wiedergeben.
Nachdem er uns dann mit diesem Thema drei Tage lang in den Ohren gelegen hat, hat Jolene - eigentlich nur scherzhaft - vorgeschlagen, zu seinen Großeltern nach Mexiko zu reisen, weil die dort eine Ranch haben.
Leider hat Chester das nicht als Scherz aufgefasst, sondern als Angebot für ein voll cooles Abenteuer. So war es uns also nicht mehr möglich, ihm diese Idee aus dem Kopf zu schlagen. Deshalb rief Jolene dann Johnny an und der wiederum seine Eltern.
Aus dem ganzen Hick-Hack entwickelte sich letztlich der Plan, dass wir ja alle zu Johnnys Eltern nach Mexiko reisen, um dort gemeinsam Thanksgiving zu feiern.
Anfangs dachte ich, seinen Eltern ist nicht bewusst, wen sie da alles einladen, denn es wäre nicht nur Johnnys Familie, sondern auch unsere.
Aber auch das stellte kein Problem dar, denn Johnnys Eltern verfügen auf ihrer Ranch auch über Pensionszimmer für Saisonarbeiter und Touristen.
Als Morgan davon Wind bekam, hat sie alle Hebel in Bewegung gesetzt und Amber davon überzeugt, dieses Jahr das Thanksgiving noch einmal mit uns zu verbringen, denn da Amber die Kinder bei sich hat, wären sie eigentlich bei deren Eltern.
Also reisen wir nun mit neun Erwachsenen und sechs Kindern nach Mexiko. Genauer gesagt nach Cancún im Bundesstaat Quintana Roo.
Die Einzige, die uns nicht begleitet, ist Milly. Da sie nach wie vor nicht viel von Johnny hält und erst recht nichts von seinen Eltern, bevorzugt sie es lieber, Thanksgiving mit ihren Kirchenfrauen zu verbringen. Aber keinen von uns stört das; Jolene fragt sich lediglich, wieso sie nicht schon früher auf die Idee gekommen ist, Thanksgiving in Mexiko zu verbringen.
Jedenfalls: Deshalb stehe ich hier und mustere die Latzhosen mit großer Skepsis. Da ich keine Kleidung für ein Wochenende auf einer Ranch habe, hat mir Jolene diese gekauft. Ich weiß, sie dienen einem bestimmten Zweck, und sollen verhindern, dass ich mir meine guten Sachen schmutzig mache, oder sie kaputt gehen. Trotzdem finde ich Latzhosen nicht ... sexy. Darin sehe ich gewiss schwangerer aus, als ich eigentlich bin.Seufzend klappe ich meinen Koffer zu, nachdem ich als letztes meinen Kulturbeutel hinein gepackt habe.
Jolene ist derweil damit beschäftigt, Chesters Koffer zu packen und muss immer wieder sämtliche Spielsachen auspacken, die er unbedingt mitnehmen will.
All ihre Versuche, ihm zu erklären, dass er diese auf einer Ranch nicht braucht, weil er ohnehin keine Zeit haben wird, damit zu spielen, scheitern an Chesters Argumentationstalent. Letztlich muss sie die Reid herauslassen, was wiederum zu einer lauten Diskussion und bockigem Verhalten von dem Fünfjährigen führt.
Und genau wegen diesem Verhalten wird Jolene dafür sorgen, dass Chester wirklich keine freie Minute hat und in keiner Weise vom harten Cowboy-Leben verschont bleibt.
Sie hat ihm den Welpenbonus aberkannt.
Erneut seufze ich und reibe mir die Augen. Wenn unser Thanksgiving-Wochenende schon mit mies gelaunten Reids beginnt, sind die Aussichten nicht gerade rosig.
Ich vertraue allerdings auf die Reid-Gene, die es nicht zulassen, allzu nachtragend zu sein - und vor allem nicht lange.Mein Vertrauen wird belohnt, als wir am Flughafen auf Morgan und Amber treffen. In dem Moment, den Chester seinen heißgeliebten Cousin entdeckt, ist jegliche schlechte Laune verflogen.
Auch meine Eltern mit meinem Bruder, als auch Johnny mit Anhang stoßen kurz danach zu uns.
Die Stimmung ist richtig gut und alle freuen sich darauf, an diesem Feiertag mal etwas anderes zu machen.
Alle, außer Hazel; Ambers fünfzehnjährige Tochter. Diese wäre am liebsten alleine zuhause geblieben, aber das hat ihr Amber aus gutem Grund nicht erlaubt, aber bei ihrem Vater wollte Hazel auch nicht bleiben. Also reist sie gezwungenermaßen und zähneknirschend mit uns.
Eigentlich warte ich nur auf provozierende Kommentare von Morgan, weil sie es liebt, Hazel diese entgegenzuwerfen, wenn das Mädchen in ihrem pubertären Zustand ist. Aber Morgan schweigt, dennoch erkenne ich, wie sie innerlich mit sich kämpft. Ganz offensichtlich hat sie von Amber einen imaginären Knebel verpasst bekommen.
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Jolene (+Family)
Roman d'amour{ Teil 3 von 'Jolene' } Kinder haben ist nicht schwer - Kinder kriegen dagegen sehr. Oder war es andersrum? Für Cait ist es jedenfalls so. Seit gut einem Jahr versuchen sie und Jolene ein gemeinsames Baby zu bekommen, aber das Glück war ihnen bisher...