Zwar hatten Jolene und ich ausgemacht, dass ich erstmal zu Hause bleibe, um größeren Stress aus dem Weg zu gehen, allerdings ist es mir dort zu ruhig, weshalb ich nun doch in den Räumen von CaddySign bin, um mit Naddy über neue Angestellte zu reden. Die sechs, die wir haben sind ausgelastet, weshalb wir zunächst keine neuen Aufträge mehr annehmen können - aber wir müssen und wir wollen. Vor allem weil bald wieder eines der Events ist, die Jolene immer mal wieder organisiert, um zu sehen, was es so für neue Unternehmen in der Stadt gibt; und dieses Event bringt uns Kunden.
Zusammen arbeiten wir ein Profil aus, welche Voraussetzungen wir an unsere künftigen Angestellten stellen. Dafür sitzen wir in unserem Besprechungszimmer, um die nötige Ruhe zu haben.
Jetzt, da wir neue Büroräume haben und planen können, wissen wir auch, wieviele wir wirklich einstellen können.
Um die Aufträge in der Warteschlange annehmen zu können, benötigen wir mindestens vier neue Leute. Und dann möchte Jolene eine Marketingabteilung bei uns integrieren, die zunächst aus fünf Mitarbeitern bestehen soll.Bei dieser Planung wechseln wir doch irgendwann wieder in die räumliche Planung vom neuen CaddySign Gebäude.
Dort haben wir zwei Etagen zur Verfügung, benötigen vorerst aber nur eine, weshalb wir uns dazu entschließen, die Oberste wegen des Ausblicks zu nehmen und die untere zuvermieten. Dies sichert uns auch weitere Einnahmen.
Außerdem haben wir uns dazu entschieden, neben dem Aufenthaltsraum, in dem sich eine Küche mit Tischen und Stühlen befindet, einen weiteren zu schaffen, in dem sich abschalten lässt. Darin wollen wir Sofas, einen TV mit einer Spielkonsole, einen Tischkicker und auch ein Regal mit Büchern hinstellen.
Etwas, das mir bei Jolenes Unternehmen so gefallen hat, bisher aber wegen des Platzes nicht umsetzbar war.Wir sind noch nicht richtig fertig mit der bisherigen Planung, als mein Handy klingelt. Da Chester nicht in der Schule ist, kann die es schonmal nicht sein. Dennoch gebe ich ein genervtes Stöhnen von mir, als ich Millys Namen lese.
Nie ruft sich mich an, außer es ist was ... mit Chester.
»Da deine Frau schwerer zu erreichen ist als der Papst, rufe ich direkt dich an«, lässt sie mich zunächst wissen. »Chester möchte nach hause, kannst du ihm das bitte ausreden?«
Irritiert blinzle ich. »Was ist vorgefallen?«
»Wenn ich das wüsste! Er sitzt in seinem Zimmer, ist bockig, redet nicht mehr mit mir, außer um mir mitzuteilen, dass er nach Hause möchte. Ich hab noch einen Termin und komme zu spät, wenn er nicht endlich aus seinem Zimmer kommt.« Sie bittet mich um einen Moment und ich kann hören, wie sie an eine Tür klopft und dabei mich erwähnt - wohl in der Hoffnung, dass Chester dann reagiert.
»Mom?« Er klingt bedrückt und sogar ein wenig verzweifelt. »Ich will nachhause.«
»Was ist los, Schatz?«
»Grandma ist voll anstrengend!«, beschwert er sich nun, und ich kann das nicht mal dementieren.
»Was macht sie denn?« Eigentlich eine überflüssige Frage, denn ich weiß es ja bereits von unzählig anderen Erzählungen, weil es immer so abläuft. Zwar freut er sich, Zeit mit seiner Großmutter zu verbringen, aber länger als zwei Tage hält er es meistens nicht aus - es sei denn, sie unternimmt etwas mit ihm, was ihn auch interessiert. Dieses Mal ist das leider nicht der Fall.
»Grandma will in die Kirche. Aber da ist es voll doof und langweilig. Und die reden alle so komisch und fassen mich an.« An seiner Stimme kann ich erkennen, wie er das Gesicht angewidert verzieht. Allerdings kann ich ihm das nicht mal übel nehmen. Auch wenn er ein wirklich süßer Kerl ist, gibt es niemanden das Recht, ihm ständig durch seinen Lockenkopf zu streichen oder ihm die Wange zu tätscheln. Ich selbst finde sowas auch nicht angenehm und ehrlich gesagt gefällt es mir auch nicht, wenn irgendwelche Frauen ständig meinem Sohn ins Gesicht packen - ganz gleich, ob sie es lieb meinen. »Und spielen darf ich da auch nicht, nur sitzen und zuhören. Voll langweilig!«
Im Hintergrund höre ich Milly, die sich rechtfertigt und versucht, Chester milde zu stimmen und zu überreden, mit ihr zu kommen. Aber all' ihre Versuche, ihm den Aufenthalt in der Kirche schmackhaft zu machen, während sie mit ihren Freundinnen irgendwelche Predigen übt, scheitern kläglich.
»Ich will nachhause!!«, brüllt er schon fast, und ich weiß, dass er sich damit Milly zugewandt hat. Und wenn ich das richtig gehört habe, hat er sogar das Telefon weggeworfen.
Inständig hoffe ich, dass er es nicht nach Milly geworfen hat. Denn diese habe ich sogleich am Apparat und höre sie seufzen. Ich warte regelrecht auf eine Predigt von ihr, wie respektlos Chester ist, aber sie schweigt, weshalb er das Telefon vermutlich nur auf den Boden hat fallen lassen.
»Ich hole ihn«, sichere ich ihr zu.
»Ich finde es nicht gut, wie unchristlich ihr ihn erzieht«, beschwert nun sie sich, wenn auch mit unglücklicher Tonlage.
»Wir erziehen ihn nicht unchristlich«, wehre ich mich. »Er hat nur kein Interesse daran.«
»Weil ihr ihm andere Flausen erlaubt!«
»Wenn du es nicht schaffst, ihm Gott näher zu bringen, wie sollen wir es dann tun?«
Milly schweigt, denn diese Frage kann wohl auch sie nicht beantworten. Entsprechend ergibt sie sich ihrem Schicksal.Damit sie nicht zu spät zu ihrem Kirchendienst kommt, vereinbaren wir den Treffpunkt an ihrer Kirche, wo ich ihr dann Chester abnehme.
Zunächst lässt dieser all seinen Unmut aus sich heraus, als er im Auto sitzt und berichtet außerdem, dass die letzten zwei Tage mit Grandma langweilig gewesen wären. Selbst der erste Tag wäre doof gewesen. Zwar war sie mit ihm einkaufen, um alles für seine neue Schule zu besorgen, aber Spielzeug oder Süßigkeiten hätte sie ihm keine erlaubt.
Zu Hause angekommen, stürmt er direkt auf die Couch zu, um Timber zu begrüßen und sich anschließend mit seinem Tablet zu beschäftigen.Als dann Jolene ebenfalls nach Hause kommt, scheint sie wenig verwundert, ihren Sohn vorzufinden, trotzdem aber nicht so wirklich begeistert davon zu sein; denn immerhin haben wir ja noch etwas vor und wollten die Zeit ohne Chester dazu nutzen.
»Was hat Grandma diesmal angestellt?«, raunt sie und verdreht die Augen.
Obwohl es nur eine rethorische Frage ist, antworte ich ihr dennoch darauf.
Sie aber lässt das unkommentiert. Es wären ohnehin nur dieselben Worte wie immer gewesen, die sie zu sagen gehabt hätte.
»Ich werde mit Chester raus gehen, damit er nachher richtig müde ist«, flüstert sie mir dann zu und legt ihre Lippen liebevoll in mein Haar. »Und du solltest ein wenig schlafen, damit du nachher hingegen wach bist«, grinst sie spitzbübisch und zuckt mit ihren Augenbrauen. Um zu verhindern, dass ich mich darüber empöre, küsst sie mich.
»Ches«, ruft sie ihn dann. »Auto. Garage.«
Sofort legt er das Tablet zur Seite und springt von der Couch auf, um seiner Mutter nach draußen zu folgen. Er ist immer Feuer und Flamme, wenn er ihr beim Schrauben an den Autos helfen darf. Und so wie ich sie kenne, wird sie ihn ordentlich auf Trab halten, damit er am Abend wirklich müde ist und in einen tiefen Schlaf fällt.***
Seit Tagen trage ich unentwegt ein Lächeln in meinem Gesicht. So auch heute.
Woher dieses anhaltende Glücksgefühl kommt, kann ich nur erahnen. Hin und wieder höre ich diese kleine fiese Stimme in meinem Kopf, die mir das verbieten will, aber ich ignoriere sie hartnäckig, denn ich möchte es mir diesmal nicht selbst wieder einreden und deshalb vielleicht für einen weiteren Fehlschlag sorgen.
Es ist acht Uhr in der Früh und ich bin gut gelaunt, und das ohne Kaffee. Dafür aber mit einem Teebeutel in der Hand, den ich ins heiße Wasser tunke und einen Moment ziehen lassen.
Zwei Arme schlingen sich von hinten um mich und die Hände legen sich auf meinen Bauch. Die Weichen Lippen meiner Geliebten platzieren sich auf meiner unbedeckten Schulter und küssen mich dort zärtlich.
»Wie geht es dir?«, fragt sie leise, aber liebevoll.
Schmunzelnd drehe ich mich in ihrer Umarmung und lege nun auch meine Arme um sie; sehe ihr dabei in die Augen. »Letzte Nacht war wieder unglaublich schön«, gestehe ich ihr. »Wir hätten es von Anfang an so machen sollen.« Zart lege ich meine Lippen auf ihre. »Es macht auf diese Weise so viel mehr Spaß, als nur auf diesem kalten Stuhl zu sitzen.«
»Ich mache es auch lieber selbst, anstatt nur zuzugucken«, antwortet sie grinsend und zwinkert, um die Zweideutigkeit zu betonen. Dann beugt sie sich zu mir und küsst mich erneut.Chesters Getrampel die Treppe hinunter kündigt den kleinen Klugscheißer an, weshalb Jolene und ich unseren Kuss unterbrechen, dennoch aber nicht aufhören einander verliebt in die Augen zu sehen.
»Wie lange müsst ihr denn noch Liebe machen, bis der Storch kommt?«, will er genervt wissen und mustert uns mit unzufriedenem Ausdruck.
Mir hingegen schießt mal wieder die Röte ins Gesicht, weil er uns damit unbewusst mitteilt, uns letzte Nacht wieder gehört zu haben. Entsprechend winde ich mich aus Jolenes Umarmung und widme mich meinem Tee, bevor er kalt wird.
»Wir werden nie aufhören, Liebe zu machen«, antwortet Jolene amüsiert und schaltet den Kaffeeautomaten an.
»Wollt ihr etwa ganz viele Babys?«, fragt er neugierig. Und weil er sich nun mir gegenüber setzt, kann ich seinen musternden Blick sehen.
»Eins reicht erstmal«, lasse ich ihn mit einem zurückhaltenden Lächeln wissen.
Chester nickt dazu nur. »Ich habe auf meinen Wunschzettel geschrieben, dass ich mir eine kleine Schwester wünsche. So wie du es mir gesagt hast, Mom«, berichtet er. »Und der Weihnachtsmann erfüllt Wünsche, deshalb werde ich eine kleine Schwester kriegen.« Zuversichtlich nickt er und greift nach dem Löffel, den ihm Jolene zusammen mit einer Schale Cornflakes vor die Nase hält.
»Na, dann kann ja nichts mehr schief gehen«, kommentiert Jolene grinsend, strubelt ihrem Sohn durchs Haar und kommt dann um die Kücheninsel herum zu mir, um mir nochmal einen Kuss zu geben. Zwar kurz, aber liebevoll; ihre Hand dabei auf meinem Rücken, den sie sanft mit ihrem Daumen streichelt, während sie mir wieder in die Augen sieht.
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Jolene (+Family)
Romance{ Teil 3 von 'Jolene' } Kinder haben ist nicht schwer - Kinder kriegen dagegen sehr. Oder war es andersrum? Für Cait ist es jedenfalls so. Seit gut einem Jahr versuchen sie und Jolene ein gemeinsames Baby zu bekommen, aber das Glück war ihnen bisher...