Jolene (+Family)

[Sechsundvierzig] - M x C = K?

Am Abend ist unser Haus mal wieder gefüllt mit Freunden und Familie. Nicht nur der übliche Clan ist da, diesmal auch Ian, Cormack und Brandon, sowie Morgan und Amber. Alle, um Jolenes Geburtstag zu feiern - die das eigentlich gar nicht vorhatte.
Ich war äußerst überrascht, als Ian mit Jolenes Schulfreund Zac aufgetaucht ist, und ich dann begriff, dass sie nicht zufällig zur selben Zeit kamen, sondern gemeinsam hier sind.
Meinen fragenden Blick hat Jolene nur mit einem wissenden Augenbrauenzucken beantwortet. Natürlich weiß sie da mal wieder mehr als ich.
Wie sich herausstellte, haben die beiden bereits an unserer Hochzeit miteinander angebandelt. Da Zac aber aufgrund seines Berufes als Soldat der Navy meist im Einsatz ist, war der Kontakt auch nur sporadisch und meist nur zum reinen Vergnügen. Und da Zac dieses Wochenende bei Ian verbringt, nutzt er natürlich die Gelegenheit zum Geburtstag seiner Schulfreundin zu kommen.
Cormack hat ebenfalls seine Freundin dabei. Diese beiden lernten sich vor etwa einem Jahr kennen. Als er sie uns das erste Mal vorgestellt hat, waren wir überrascht, weil sie irgendwie gar nicht zu ihm passt. Sie ist in etwa so groß wie ich, blondierte Haare und verbringt gewiss die Hälfte des Tage vor dem Spiegel.
Wir sind mit ihr bisher auch nicht wirklich warm geworden, weil sie uns das Gefühl gibt, nicht gerne in unserer Gesellschaft zu sein. Sie beteiligt sich nie an Gesprächen und klammert sich regelrecht an Cormack fest, der kaum einen Schritt ohne sie gehen kann.
Johnny, Dennis, Brandon und mein Bruder toben mit den Kindern durch den Garten und spielen Football mit ihnen. Das Lachen der Kinder hallt vermutlich durch die gesamte Nachbarschaft.
Christian und Jonas planen gemeinsam den Bau eines Spielgerüsts für unsere Kinder im Garten ihres neuen Zuhauses.
Naddy und Winnie haben meine Mutter in ihre Mitte genommen und sich zu Morgan und Amber gesetzt, um sich mit ihnen über Gott und die Welt zu unterhalten.
Jessica ist mit Ian, Zac und Cormack ins Gespräch vertieft, während Sandy einfach nur nebendran sitzt und schweigt.

Jolene und ich sind gerade in der Küche. Während ich neue Eiswürfel mache, weil sie die letzten für Cocktails aufgebraucht hat, die sie gerade Naddy, Winnie und Jessica zubereitet, ist ihr Blick immerzu nach draußen gerichtet und wirkt fast schon musternd und abwartend zugleich. Einen Moment beobachte ich sie und folge ihrem Blick.
»Was ist los?«, frage ich, als ich feststelle, dass sie vor allem diese Sandy im Fokus hat.
»Es knallt heute noch«, prophezeit sie.
»Was? Wieso denkst du das?« Verwundert sehe ich zu ihr, dann aber zu Sandy, um eventuell das zu sehen, was Jolene sieht. Aber ich kann keine Auffälligkeit feststellen, außer dass sich Cormacks Freundin nicht sonderlich an irgendwelchen Gesprächen beteiligt und sich regelrecht an ihm festklammert. So wie immer eigentlich und deshalb nicht außergewöhnlich.
»Sie mustert die ganze Zeit Morgan. Und Morgan bekommt das mit. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis die erste Spitze fliegt.«
»Meinst du?«, frage ich überrascht und versuche nun das gleiche Szenario zu sehen. »Glaubst du, weil sie Morgan noch nicht kennt und sie erst einschätzen will?«
»Vielleicht.« Ahnungslos zuckt Jolene mit der Schulter. »Oder weil sie von Morgan und Cormack weiß.«
»Das ist Jahre her und weit vor ihrer Zeit«, gebe ich verständnislos von mir und erhalte von Jolene nur ein freches Schmunzeln.
»Misst hier etwa jemand mit zweierlei Maß?«, fragt sie frech.
»Wieso?«, will ich irritiert wissen.
»Heather.«
Bei diesem Namen stoße ich schon automatisch ein unzufriedenes Raunen aus.
»Das ist auch Jahre her und weit vor deiner Zeit«, führt Jolene weiter aus. »Und trotzdem ...«
»Es gibt da einen Unterschied«, verteidige ich mich. »Heather hört nicht auf, nach dir zu greifen. Morgan aber macht dort gar nichts.« Bedeutend zeige ich nach draußen.
Jolene lässt das unkommentiert und behält ihr Schmunzeln aufrecht.
»Hier wird es heute nicht knallen«, brumme ich schließlich und gehe wieder nach draußen. Dort stütze ich mich auf die Rückenlehne von Morgans Stuhl und führe meine Lippen an deren Ohr. »Egal, wie sehr sie dich provoziert, ignoriere sie bitte.«
Unerschrocken dreht sich Morgan zu mir um und sieht mich fragend an. Dann geht ihr Blick an mir vorbei zu Jolene und wieder zurück zu mir. Wissend grinst sie, als sie begreift, dass es meine Frau war, die die richtigen Schlüsse gezogen hat. Bedeutend hebt sie ihre Hand, die von Ambers gehalten wird. »Ich bin heute handzahm«, verspricht sie mir.
Ich sehe zu Amber und erkenne ihren Blick, auch sie scheint diese sonderbare Spannung mitbekommen zu haben. Kurz lächle ich ihr zu und setze mich wieder neben Morgan auf meinen Stuhl.
Wegen Jolenes Anmerkung komme ich nicht umhin, Sandy hin und wieder zu beobachten. Da Morgan sie aber ignoriert und ihre Aufmerksamkeit vermehrt Amber widmet, scheint Sandy in ihr weniger eine Gefahr zu sehen und entspannt sich ein wenig - nur hin und wieder schenkt sie ihr einen sonderbaren Blick.