Numero Diciannove

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Ethan P.O.V

Überrascht fällt mein Blick auf Cara, die ebenso verblüfft schaut. Hinter ihr erkenne ich Giorgia und auch Vic, die im Türrahmen steht, aber ich kann meine Augen nicht von der jungen, schwarzhaarigen Frau nehmen.

Ihre tollen Locken fallen wild umher, als sie sich wieder aufrichtet und nicht mehr Chili streichelt und auch ich schaffe es wieder mich zu bewegen.

Ein breites Lächeln breitet sich auf meinen Lippen aus und mit wenigen großen Schritten bin ich bei ihr.

„Cara", rufe ich erfreut, sie endlich hier zu haben, ehe sie mir förmlich in die Arme fliegt. Eng presst sie sich an mich und zu gerne behalte ich sie so nah bei mir. Unauffällig inhaliere ich ihren Duft ein und murmle leise: „Ich habe dich vermisst", in ihr Ohr.

„Ich dich auch", antwortet sie eben so leise und ich merke, wie sie sich immer noch wie eine Ertrinkende an ihren Rettungsanker an mich klammert. Nur langsam scheint sich ihre angespannten Muskeln zu lockern und der Stress von ihr abzufallen.

Vorsichtig lösen wir uns etwas voneinander, doch ich halte sie immer noch locker umarmt, so dass ich aber endlich in ihr wunderschönes Gesicht blicken kann.

„Alles in Ordnung?", will ich von ihr wissen und erkenne plötzlich ein Wechselbad an Unruhe und Panik in ihren Augen. Irgendetwas muss vorgefallen sein, die junge Frau wirkt merkwürdig aufgelöst und ihr Atem geht stockend, als sie erzählt.

„Da eben, also da am Bahnhof, da waren", probiert sie ihre Gedanken zu sortieren, aber schließlich bricht sie aufgebracht ab. Anscheinend schwappt das Erlebte jetzt erst über ihr zusammen, Erinnerungen scheinen sie zu durchfluten und plötzlich löst sich eine Träne aus ihrem Augenwinkel. Ich habe Cara noch nie so aufgelöst, geschweige denn weinend gesehen und überfordert ziehe ich sie erneut enger an mich.

„Hey, alles ist gut, Cara, ich bin da", flüstere ich ihr beruhigende Worte zu, während ich ihr über den Rücken streichle und sie leise an meiner Brust schluchzt.

Ich bemerke, wie sich Giorgia und Vic mit einem letzten besorgten Blick von uns entfernen, so dass nur noch wir Beide hier stehen.

Es vergeht eine halbe Ewigkeit, in der ich die Studentin einfach nur halte und probiere, ihr das Gefühl von Geborgenheit zu vermitteln. Ich merke, wie ihre Atmung ruhiger wird und ihr Weinen verstummt.

Langsam löst sie sich etwas von mir und wischt sich einmal ungeschickt über die roten Augen.

„Tut mir leid", entschuldigt sie sich, aber davon will ich nichts wissen.

„Dafür brauchst du dich nicht zu entschuldigen, Cara, hörst du? Niemals!", mache ich ihr klar und meine jedes Wort genauso. Seine Gefühle zu zeigen und zuzulassen ist das Stärkste, was es gibt. Sich dafür entschuldigen zu müssen, ist in meinen Augen ein von der Gesellschaft eingeprägtes Verhalten, der es ja so wichtig ist, immer stark zu sein.

Cara nimmt noch einen tiefen Atemzug, dann berichtet sie mir von ihrem Erlebnis:

„Es lief alles gut mit der Fahrt, aber dann haben wir in Mailand den Bahnhof verlassen und sind von Paparazzi überrannt worden. Es war laut und eng, ich wurde geschubst und ich wusste doch gar nicht, was sie von uns wollten!"

Schockiert höre ich ihr zu und bekomme ein schlechtes Gewissen. Nur wegen mir war sie in diese Lage gekommen und musste diese unschönen Erfahrungen sammeln.

„Oh Cara, hätte ich das gewusst, dann hätte ich dich doch nie überredet herzukommen!", gebe ich mir selbst die Schuld und greife nach ihren kalten Händen.

„Es ist nicht deine schuld!", versichert sie mir. „Ich war nur so unvorbereitet und überfordert, wie kann man Menschen so auflauern", schüttelt sie verstört den Kopf und verzweifelt beiße ich mir auf die Lippe.

Accusa Ingiusta (Ethan Torchio | Måneskin) ✅️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt