2. Kapitel- Geöffnet

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Die warmen Strahlen der Sonnen fielen auf das dunkle Parkett des alten Geschäftes. Ich wischte gerade noch einmal alles durch, damit unsere Gäste nicht im Dreck und Staub stehen mussten. Mein Blick lag auf den Büchern, deren Titel ich nun bereits zum hunderten Mal las. So eine große Vielfalt, die mich jedes Mal aufs neue Staunen ließ. Große, kleine, dicke und dünne. Abenteuer Bücher, Krimis, Thriller, Romane, Theaterstücke, Gedichte und vieles mehr. Einfach beeindruckend.
Ich selbst besaß kein einziges Buch, denn ich wohnte bereits allein und die Miete, sowie Nebenkosten waren sehr hoch, für einen Auszubildenden. Ein Glück gab es ja Bibliotheken, die meine Rettung darstellten.
Es war still, als ich die Putzutensilien hinten, in unserem kleinen Nebenraum, im Schrank verschwinden ließ. Erst, als das Läuten der Gold-umrahmten Wanduhr erklang und die Ruhe brach, wusste ich, es war soweit. Rasch huschte ich zur Tür, drehte das Informationsschild auf 'Geöffnet' und schleppte unseren Aufsteller heraus.
Ich schaute mich einen Moment um, während ich auf dem Fußweg stand. Allmählich wachten die Leute auf, verließen ihre Häuser und machten sich auf zu ihrem gewohnten Weg.
Alltag, so nannten sie es. Ich konnte nichts mit diesem Begriff anfangen, denn für mich blieb jeder Tag besonders. Jeder Tag war ein Geschenk und dies sollten wir dankend annehmen. Schweigend verschwand ich zurück in den Laden meiner Träume und stellte mich hinter die Kasse.
Es dauerte auch nicht lang, bis ich bereits die ersten Kunden grüßte, die interessiert durch die Regalreihen streiften. Morgens und am Vormittag kamen oft nur Senioren, denn sie hatten genug Zeit, mussten nicht mehr arbeiten. Am Nachmittag kamen dann vor allem Jugendliche und Kinder, die- man mag es kaum glauben- sogar sehr lange hier blieben. Die verbreitete Meinung, Kinder würden nicht gern lesen, war totaler Unfug. Ich zumindest kannte jeden unserer Kunden und vor allem mit den Jüngeren, hatte ich schon stundenlange Gespräche über gemeinsame Lieblingsbücher geführt.
Ich schaute zur Eingangstür. Die Glocke über ihr schellte jedes Mal, wenn jemand herein trat oder ging und gerade war sie nur am klingeln. Ein sanftes Lächeln lag auf meinen Lippen, während ich die ganzen Leute beobachtete. Ich tat es gern, Leuten zuschauen. Es war so interessant und man konnte viel über diejenigen lernen.
Zum Beispiel der Mann dort hinten! Er trug einen dunklen Mantel, war etwas mollig und klein. Die Falten in seinem Gesicht waren vor allem auf der Stirn sehr ausgeprägt und er schaute über die Rücken der Werke. Er schien kritisch zu sein, dennoch, wie seine große Hand nach einem der Bücher griff, verriet, dass er sie sehr zu schätzen schien. Ganz vorsichtig war er, beim Betrachten des Kunstwerkes, strich mit dem Zeigefinger sanft über das tief gestanzte Cover. Dieser Mann kam oft hier her, vor kurzem auch noch mit seiner Frau. Diese war jedoch von uns gegangen. Mein Beileid.
Mein Blick wich von ihm, auf eine ältere Dame. Sie trug einen Hut, mit einer großen Kunstblume daran. Sie war geschminkt und das nicht gerade wenig. In der Hand hielt sie ein, mit Schmucksteinen besetztes, Täschchen, nicht größer als ein A4 Blatt. Sie schaute sich um, zog dabei spitze Lippen. Diese Frau kam nicht so oft her. Sie mochte vor allem Krimis, doch hatte sie hohe Ansprüche, die man kaum erfüllen konnte.
Ich hörte, wie die Glocke der Tür zum wiederholten mal schellte, doch diesmal war es kein Kunde, wie es schien. Dort war ein riesiges Paket, getragen von einer Person, dessen Kopf sich dahinter verbarg. Ich war verwirrt, denn eigentlich ließen wir uns nie Bücher direkt hierher bestellten, holten sie lieber direkt vom Sammler ab und selbst, wenn es Mal anders war, hätte mein Chef mir das doch vorher gesagt. Das Paket wurde vor der Kasse abgestellt und ein junger, bildschöner Mann kam zum Vorschein. „Hallo.“, grüßte er und ich blickte ihn an. Er war größer als ich, hatte goldblondes, kurzes Haar und dunkelbraune Augen, doch das markanteste Merkmal an ihm war, dass er mir völlig fremd war. Noch nie hatte ich ihn hier im Laden gesehen, daher schaute ich etwas hilflos. Was wollte dieser Mann hier? „Alles gut? Ich hab euch einige Bücher mitgebracht. Sie sind alle noch in einem guten bis sehr guten Zustand.“, sprach er und beantwortete somit meine Frage. Ich schluckte schwer, brauchte einen Moment um Herr der Situation zu werden und nickte schließlich. Es kam nicht oft vor, dass mich Fremde ansprachen und selbst wenn, ging es dabei meistens nur um Preise und dergleichen. Außerdem schüchterte mich das Aussehen meines Gegenübers zusätzlich ein. Er schaute so seltsam aus, so anders und passte irgendwie überhaupt nicht an diesen Ort.

Liebe?! Lieber nicht! ||Boyslove Yaoi~♡Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt