18. Kapitel- Ey, Isaac!

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Wie ein wild gewordener Stier rannte ich durch die Wohnung, hörte das Wasser noch immer Prasseln und versuchte fieberhaft der Situation zu entfliehen. Ich überlegte, was nun zu tun war und hätte mich nur zu gern in meinem Schlafzimmer verbarrikadiert, doch das wäre wohl alles andere als gastfreundlich gewesen. Zudem hätte ich dann erst recht unter Gewissensbissen gelitten und das tat ich ohnehin bereits. Ich hatte es nicht mit Absicht getan und bereute, Mike so belästigt zu haben. Mir war ich im Moment total egal, ich achtete auch nicht weiter auf das Gefühl in mir, was sich nur zu deutlich zu Erkennen gab. Solches Verlangen verspürte ich noch nie zuvor, doch es war irrelevant. Wichtig war jetzt nur, wie ich mich bei Mike entschuldigen konnte, so, damit er mich nicht hasste oder die Sache von eben sogar an andere preisgab! Es war mir einfach unangenehm. Dennoch, wie sollte ich ihm die Situation erklären? „Sorry, ich dachte, du wärst ein Einbrecher und willst mich töten.' Etwa so?! Wohl kaum, denn wer würde einem das Bitteschön glauben? Ich glaubte es mir ja selbst kaum!
Frustriert ließ ich mich auf mein Sofa fallen und drückte mir ein Kissen auf den Schoß um zu verbergen, was Mike verursacht hatte. Dabei war ich mir nicht mal sicher, ob es überhaupt an ihm lag, wohl eher an der Tatsache, dass er nackt gewesen war und gut aussah. Da hätte doch jeder stehen können, ich hätte dennoch so reagiert.
Kopfschüttelnd verbannte ich diese Gedanken vorerst einmal aus meinem Kopf und konzentrierte mich aufs Wesentliche: Eine plausible und vor allem glaubwürdige Ausrede musste her, sofort!
Vielleicht sollte ich ihm einfach sagen, ich hätte mal nötig auf Toilette gemusst? Oder ich hatte mein Lieblingsbuch im Bad vergessen? Oder ich war krank und musste immer zu einer bestimmten Uhrzeit lebenswichtige Medikamente nehmen und da er gerade zu dieser Zeit im Bad war, ich aber nicht warten konnte, hab ich das Zimmer einfach betreten?!
Ich seufzte auf. Das war doch alles Müll! Ich wollte meinen Freund nicht belügen, allgemein war ich kein Mensch der besonders gern log. Abgesehen davon war ich auch wirklich schlecht im Schwindeln, darum beschloss ich, ihm einfach die Wahrheit zu sagen. Wer weiß, vielleicht würde er es ja auch nicht so ernst nehmen und einfach sagen: 'Schwamm drüber. Ist doch nichts passiert.' Das konnte doch gut möglich sein, oder? Immerhin waren wir beide Männer und schauten einander nichts ab. Er sah doch was die grundlegenden Sachen betraf, genauso aus wie ich. Klar, ich hatte keine Muskeln und dergleichen, aber sonst? Ja, da sollte er sich nicht so haben. Sooo schlimm war das ja nun auch wieder nicht und sterben würde er sicher auch nicht gleich von.
Da bemerkte ich, dass das Prasseln verschwunden war und begann, mich seelisch und moralisch auf das nun folgende Gespräch vorzubereiten. Hoffentlich würde er jetzt nicht ausrasten, doch ganz ehrlich? Ich traute ihm so etwas wie 'Ausrasten' gar nicht recht zu.
Meine Wangen hatten mittlerweile wieder ihre normale Färbung angenommen und meine Lust war auch allmählich abgeklungen- zum Glück. Nun war ich also bereit für das klärende Gespräch und gerade als sich die Klinke der Badezimmertür nach unten bewegte, hörte ich es plötzlich klingeln. Ich zuckte schlagartig zusammen vor Schreck und sprang auf. Wer könnte das denn sein? Der Postbote etwa? Nein, wer würde mir denn ein Paket senden? Langsam tapste ich zur Wohnungstür, während ich weiter überlegte. Könnte es Emi sein? Nein, die hat am Wochenende doch nie Zeit.
Gut, mehr Leute kannte ich auch nicht. Dann konnten es eigentlich nur Nachbarn oder die Hausverwaltung sein, die das Abstellen des Wassers wegen Bauarbeiten oder ähnlichem bekannt gab. So etwas war nicht gerade selten hier. Kein Wunder, wenn man in so einem alten Haus wohnte, wie ich es tat.
Nun sah ich also an mir hinab, bevor ich dem Wartenden öffnen wollte. Ich trug nur eine Unterhose, also griff ich rasch nach der erstbesten Jacke, die meine Hände an dem überfüllten Garderobenhaken zu fassen bekamen und zog sie mir an. Ich schlüpfte in die Jacke und seufzte leise auf. Das war eins der Kleidungsstücke von Alex, welches mir viel zu groß war.
Erneut schellte es, diesmal ein wenig länger, sodass ich mich entschloss, einfach aufzumachen. War doch egal, was ich trug, Hauptsache irgendetwas!
Ein Stich durchfuhr mein Herz und mein Körper zog sich zusammen, als ich sah, wie sehr ich mich mit der Annahme, es sei die Hausverwaltung, getäuscht hatte, denn weder Nachbarn, noch mein Vermieter stand nun vor mir... es war Kai.
Und er schaute mir direkt in die Augen, sodass mein Kopf sich einfach vollständig leerte- von einem Moment zum nächsten- und sein Blick mich so fesselte, dass jede Wehr sinnlos gewesen wäre. Was wollte er hier? Ach egal, er war da und nichts anderes zählte. „Kai, ich..“, begann ich, ohne es auch nur für den Bruchteil einer Sekunde zu wagen, den Blick von ihm abzuwenden, da brüllte auf einmal eine Stimme hinter uns: „Ey Isaac! Was sollte das eben?!“ Ich fuhr zusammen und drehte mich energisch zu Mike um, der nur in Unterhose da stand und mich wütend betrachtete. „Jetzt nicht.“, versuchte ich ihn abzuwürgen, um mich weiter Kai widmen zu können, doch das gab Mike nur noch mehr Anlass zum Schreien. „Dein Ernst?! Isaac, was soll das? Ich meine, wirklich, was sollte das eben?“ Ach man... so viel zu 'vielleicht macht er ja kein großes Ding draus' Und das auch noch vor Kai! Was dachte er sich nur?! „Mann, jetzt nicht!“, fauchte ich weiter, schnappte mir den Wohnungsschlüssel, ging einfach auf den Flur, knallte die Tür hinter mir zu und schloss ab. Puh! Nun war endlich Ruhe.
Seufzend drehte ich mich zu meinem besten Freund. „Beachte den einfach nicht.“, lächelte ich Kai an, dieser jedoch schien, wie so oft in letzter Zeit, alles andere als froh.
Seine Aura wirkte gerade zu tödlich und sein Blick galt nun mehr dem Bodenbelag als mir. „Hey. Was ist denn los?“, fragte ich leise und ging einen Schritt auf ihn zu. Ich streckte die Hand aus, um ihm eine seiner dunklen Haarsträhnen aus dem Gesicht zu streichen, wie ich es schon immer getan hatte, doch er wich zurück.
„Bitte, fass' mich nicht an.“
Und dann ging er, wie so oft in letzter Zeit.
Da stand ich nun, verlassen, allein und voller Enttäuschung und ja...wie schon so oft in letzter Zeit...

Liebe?! Lieber nicht! ||Boyslove Yaoi~♡Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt