„Geh jetzt.", sprach ich leise und blickte zu ihm auf. Es war besser so. Zwar wollten wir kochen, doch würde Kai nun bleiben, käme es wahrscheinlich noch zu einer Schlägerei. Dies wollte ich natürlich vermeiden, weshalb ich es vorzog, meinen besten Freund Heim zu schicken. Ich konnte meinen Gast ja schlecht vor die Tür setzten, ganz abgesehen davon, dass er nirgendwo anders hätte bleiben können. Ich konnte Mike unmöglich in so einer Notlage dermaßen hängen lassen! Und auch wenn es mir schwer fiel, Kai ziehen zu lassen- denn wer wusste schon, ob er je wieder kam oder wie die letzten Wochen einfach verschwunden blieb-, versuchte ich ihm zu vertrauen. Es war immerhin Kai! Der, den ich schon mein ganzes Leben lang kannte und ohne den ich verloren gewesen wäre. Ohne noch große Reden zu schwingen oder gar Widerstand zu leisten, ging Kai. Er verließ meine Wohnung, fuhr mit seinem Auto davon. Es war schon ein komisches Gefühl, als er nun ganz und gar gegangen war, doch er würde wieder kommen, sicher würde er das! Langsam drehte ich mich um, ließ die Haustür ins Schloss fallen. „Was war das eben?!", fragte Mike und sah dabei ziemlich geschockt aus. War meine Reaktion auf diese Situation eben denn so falsch gewesen? Hätte ich meinen besten Freund mit Fackel und Harke auf die Straße treiben müssen? Nein, ich hatte schon richtig reagiert! Zumindest dachte ich das. „Du hättest nicht lachen dürfen.", entgegnete ich scharf und warf ihm einen kurzen aber tödlichen Blick zu. Das war wirklich unfair von Mike gewesen und dessen sollte er sich auch ganz schnell bewusst werden. „Der Typ hat dich abgeleckt! Hat's dir gefallen oder was?!" Ich holte einmal tief Luft, wollte mich verteidigen und sofort kontern, doch dann ließ ich mir seine Worte noch einmal durch den Kopf gehen und stellte fest, ich hatte mich nicht gewehrt. Kai leckt mich an und ich bleibe einfach ruhig stehen?! Wie verrückt ist das denn?! Hätte ich ihn beiseite schubsen müssen? Wäre das angemessener gewesen? Als ich an die nasse Hitze auf meiner Haut dachte und an dieses seltsame Gefühl, fiel mir auf, dass ich seine Aktion als gar nicht so schrecklich empfand. Ich spürte quasi wie meine Wangen sich bei diesem Gedanken röteten und auf einmal war ich mir gar nicht mehr so sicher, ob ich wirklich richtig gehandelt hatte. Ich senkte meinen Blick, traute mich nicht mehr Mike in die Augen zu sehen, so verlegen war ich. Was sollte das denn?! Es war doch nur Kai gewesen! Nur er! Wieso verhielt ich mich dann so? Allgemein sollte ich mir über Mikes Worte doch nicht allzu sehr den Kopf zerbrechen! Der erzählt doch sowieso viel unlogisches Zeug. Er wollte Kai doch nur schlecht machen! Und dennoch... hier stand ich nun, im Flur und meinem Gast gegenüber, mit hochrotem Gesicht und merkte, wie mein Kopf langsam zu Dampfen begann. „Ich geh schlafen!", versuchte ich mich so aus der Situation zu lösen und siehe da, es gelang mir sogar! Mike winkte ab und zog sich zurück, sodass ich rasch in mein Schlafzimmer huschen und von innen die Tür verriegeln konnte. Ich wollte an diesem Tag nicht mehr gestört werden!
Erst am nächsten Morgen verließ ich mein Zimmer erneut. Die Nacht war kraftraubend gewesen. Zu viele Gedanken, über alles und jeden, doch vor allem über die Frage: 'Wieso hat er mich einfach nebenbei, so intensiv berührt?' Eine Antwort fand ich- wie soll man es anders erwarten- nicht, nur noch mehr Fragen und Fragen. Ich stieß also meine Zimmertür mit dem nackten Fuß auf und gähnte einmal genüsslich. So müde wie heute war ich schon lang nicht mehr gewesen, doch dafür war jetzt keine Zeit. Ich musste für mich und meinen Gast Frühstück vorbereiten, immerhin sollte er mir nicht hungrig aus dem Haus gehen. Leise tapste ich durch den Flur, auf die Küche zu, da fiel mein Blick durch den Türrahmen- eine Tür war daran nicht angebracht- ins leerstehenden Wohnzimmer. Huh? Wo war Mike denn hin? Er schlief doch eigentlich hier, auf dem Sofa? Wo war er denn auf einmal? Meine Frühstücks-Pläne schmiss ich über den Haufen und begann damit, die Wohnung nach meinem jüngeren Gast abzusuchen, nur leider sah es schlecht aus, denn ich fand ihn nicht. Schließlich beschloss ich, mir zuerst einmal eine Tasse Kaffee zu genehmigen, um einen klareren Kopf zu bekommen und vollständig wach zu werden. Auf dem Küchentisch stand er dann, ein gefalteter Zettel mit einem einzigen Wort darauf. „Danke.", laß ich vor und zog überrascht die Augenbrauen hoch. Was war das denn bitte? War Mike jetzt wirklich, ohne sich zu Verabschieden, verschwunden? Ich seufzte leise, ließ mich auf einen Küchenstuhl plumpsen. Ein Blick auf die Uhr verriet mir im gleichen Moment, dass es noch zeitig war, sehr zeitig. Gerade einmal um halb sieben. Enttäuschend, dass dieser Junge nicht einmal 'Auf Wiedersehen' sagen konnte! „Schade, da habe ich ihn wohl verpasst.", bedauerte ich. Dabei hätte ich gern noch etwas Zeit mit ihm verbracht, immerhin würde ich ihn ab heute nicht mehr so häufig sehen, denn es war Montag. Moment, Montag?! Ich sprang auf. Oh Gott, meine Arbeit! Ich musste auf Arbeit! Wie ein wild gewordener Stier rannte ich ins Badezimmer, schaute in den Spiegel und erschrak erst einmal kräftig, als ich sah, was die Spuren dieses Wochenendes waren. Tiefe, dunkle Augenringe und meine Haare... oh Mann, konnte man dieses Gebüsch überhaupt noch 'Haare' nennen? Ich sackte förmlich in mir zusammen, setzte mich auf den Wannenrand. „Verdammt.", dachte ich nur leise bei mir und erinnerte mich an die Worte des Arztes; dem, aus dem Krankenhaus . Er meinte doch, ich solle mich auskurieren, krank schreiben lassen. Ach! Das hatte ich total vergessen! Oh nein, wie sollte mein Chef jetzt noch eine Aushilfe finden? Ich war doch sonst nie krank! Ich nahm die Hände vor mein Gesicht und brauchte einen Moment, bevor ich mich aufraffte und zum Hörer griff. „Chef, ich war am Wochenende...", begann ich also meine Schande zu beichten, doch da unterbrach er mich und sprach fröhlich vor sich hin: „Keine Sorge, Isaac, dein Freund hat gestern bei mir angerufen und mir dein Problem erzählt. Also wirklich, ein Zusammenbruch wegen Stress, was dachte ich mir nur dabei, dich so zu belasten? Ja, natürlich bist du die ganze Woche befreit. Du nimmst einfach einige bezahlte Krankentage. Es hat sich eh jemand wegen eines Aushilfsjobs bei uns erkundigt. Eigentlich habe ich das nicht für nötig gehalten, du wirkst immer so voller Elan, doch nun sehe ich es ein! Ruh dich gut aus und wenn du nächste Woche wieder kommst, werde ich dich wo ich kann unterstützten! Es tut mir wirklich leid, Isaac!" Völlig irritiert starrte ich ins Leere und versuchte, das eben gehörte zu verstehen. Kai hatte meinen Chef belogen? Zu meinen Gunsten? Das war ja nicht gerade lobenswert, doch noch eher ich es richtig stellen konnte, legte mein Vorgesetzter schon auf. Der schien heute echt gut drauf zu sein. Und meine Güte, wie konnte er so schnell einen Ersatz für mich finden? Respekt! Und das Beste? Ich begann zu grinsen. „Nun hab ich endlich einmal Zeit für mich und vor allem wieder fürs Lesen!" Ich quiekte glücklich auf und machte mich sofort ans Werk. Nach dem Frühstück nahm ich ein Bad und begann sofort mit dem nächsten Buch. Die ganze Woche verlief so ruhig. Ich bekam keinen Besuch- hoffentlich musste Kai einfach nur lange arbeiten und fand darum keine Zeit für mich-, wurde nicht angerufen oder ähnliches. Ich las sehr sehr viel und holte mein Defizit aus der letzten Woche nach. Ausruhen und Entspannen stand auf dem Plan, woran ich mich auch wirklich hielt. Es war eine ausgesprochen erholsame Woche, muss man schon sagen! Ob ich einsam war? Ja, manchmal fühlte ich mich allein, doch dann schnappte ich mir einfach das nächste Buch und schon war wieder alles toll! Kein Stress, kein Streit, kein Ärger- einfach perfekt! Das hätte ewig so weiter gehen können, doch irgendwann nimmt auch die schönste Zeit ein Ende.
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Liebe?! Lieber nicht! ||Boyslove Yaoi~♡
RomanceIm Leben des jungen Isaac war nichts unvorhersehbar. Er war ein einfacher, doch glücklicher Mann, der seinen Traumberuf gefunden und gute Freunde an seiner Seite zu wissen, hatte. Eigentlich gab es nichts, was ihn in seiner Ruhe hätte stören können...