15 . Kapitel- Hilf mir!

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Ich weiß nicht mehr wie, doch ich wurde heim gebracht. Von wem? Nun, das war mir ebenfalls nicht bekannt. Ich nahm nichts mehr wahr, außer diesen endlosen Schmerz, der sich durch meinen ganzen Körper zog und mich gnadenlos durchbohrte, sowie lähmte. Der Klotz in meinem Hals war so groß geworden, dass er mir die Kehle immer weiter zuschnürte und ich kaum noch bekam Luft.
Ich wurde in mein Bett gelegt und das einzige was ich noch halbwegs mitbekam war, wie die Eingangstür meiner kleinen Wohnung ins Schloss fiel, nicht etwa, wie weich das Kissen oder die Bettdecke war, nicht, wie kalt es im unbeheizten Zimmer war und nicht, wie der Geruch vom frisch gewaschenen Lacken in meine Nase stieg.
Nun war ich allein, ganz allein, doch das war schon gut so, denn ich beschloss erst einmal zu schlafen. Hört sich sicher merkwürdig an- in so einer Situation zu schlafen, meine ich- doch, ich konnte einfach nicht mehr... ich war am Ende und wollte im Moment einfach nur noch Ruhe.

Die nächsten Tage raubten mir immer mehr den Lebensmut. Als Erwachsener im Berufsleben kann man nicht wegen Kummer Zuhaus' bleiben, das wurde mir nun bewusst. Vor allem in einem Zwei-Mann-Unternehmen war einen ganzen Tag fehlen einfach nicht möglich und ich wusste mein Chef hasste sich dafür, doch er konnte einfach nicht auf mich verzichten, auch wenn er sah wie schlecht es mir ging. Ein Grund für meine Anstellung war doch gewesen, dass ich ein Immunsystem aus Stahl hatte und nie krank wurde. Nun ja, jedenfalls konnte ich ihn nicht einfach im Stich lassen, zog die Arbeit also trotz allem ordentlich durch.
Abgesehen davon mied ich es raus zu gehen, mich unter Leute zu mischen. Sogar die Mittagspause verbrachte ich hinten im Nebenraum. Ich hatte Angst, Angst ich würde Mike, Emi oder sogar Kai zu begegnen. Mike hatte mich erst in diese Situation gebracht, auf Emis dämlichen Reden konnte ich gut und gern verzichten, und Kai... vor seinen Reaktionen mir gegenüber fürchtete ich mich mittlerweile viel zu sehr. Es war erschreckend, wie sehr mir dieser Mensch, den ich so gern hatte, weh tun konnte und das, vermutlich ohne es überhaupt zu wollen.

Nun, ein Gutes hatte der heutige Tag zumindest, denn es war Freitag, der letzte Arbeitstag meiner Woche- endlich. Am Wochenende hatte der Laden zu, dies war die Entschädigung dafür, dass ich 'freiwillig' auf die staatlich vorgegebenen Urlaubstage verzichtete. Das musste ich nämlich, denn der Chef schaffte es nicht einen Tag ohne mich das Geschäft zu schmeißen. Irgendwie machte es mich ja auch stolz, so gebraucht zu werden war schön.
Gerade bediente ich die letzten Kunden, denn gleich würden wir schließen. Am Wochenende würde ich sicher nur herumsitzen und nichts tun. Keine Motivation zu irgendwas, ihr wisst sicher wie das ist- im Selbstmitleid versinken und dergleichen-, doch es sollte alles etwas anders kommen, als erwartet. Plötzlich hörte ich nämlich die Ladenglocke und schaute auf.
Mike stand dort in der Tür, mit einem schwarzen Rucksack auf dem Rücken und denselben Klamotten wie vor einigen Tagen bekleidet. Ich wurde bleich. Was sollte das denn? Wieso war der hier? Die Kunden verabschiedeten sich und ich nickte höflich, da trat Mike an die Verkaufstheke. „Woher weißt du, dass ich hier arbeite?", fragte ich trocken und musterte ihn. Statt dass er antwortete, lächelte er mich einfach nur vorsichtig an und seine Augen glitzerten so lieb wie eh und je. Sicher wäre jeder andere dahin geschmolzen, doch ich? Gerade war ich einfach nicht in der Stimmung dazu. Mike nervte mich nur, das tat mir wirklich leid, denn er war so naiv und hatte es ja nicht bös gemeint, doch ich wollte ihn nicht sehen. So drehte ich mich also um, wollte gerade in den Nebenraum, um meine Jacke zu holen- mein Chef war schon gegangen-, da hielt er mich plötzlich am Handgelenk und schaute mich so fest an, wie man es von ihm gar nicht erwartete. „Ich brauch einen Schlafplatz für dieses Wochenende. Bitte Isaac, hilf mir!" Ich hörte seine Stimme in meinen Ohren hallen und augenblicklich schlich mit Besorgnis in den Blick. Er brauchte einen Ort zum Übernachten? Wieso schlief er nicht daheim bei sich und seiner Familie? War er etwa...abgehauen?
Verdammt! Ich konnte ihn doch unmöglich auf der Straße, unter der Brücke, schlafen lassen! Er war doch noch so jung und dazu viel zu niedlich für einen Jungen, da wollte ich mir gar nicht ausmalen, was alles mit ihm passieren könnte! Was blieb mir denn bitte anderes übrig!?

Liebe?! Lieber nicht! ||Boyslove Yaoi~♡Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt