36. Kapitel- Das achte Weltwunder

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Noch immer war ich nicht im Stande, auch nur einen Laut von mir zu geben. Meine Wangen glühten und mein Körper war wie gelähmt. Hatte er das gerade wirklich getan? Hatte mich Alex tatsächlich geküsst?! „Jetzt, bitte hör mir zu.", sprach er und sah mir noch immer direkt in die Augen. Sein Blick war voller Stärke, Ehre und so vieles mehr. Ich hatte es früher nie wahr genommen, doch schien Alex wirklich mehr zu sein, als ein emotionsloser, Stress bringender Fremde, der seine Bücher freiwillig weggab. „Ich wurde als Aushilfe angestellt, für die Woche, in der du gefelt hast. Als dann alles gut lief, fragte dein Chef mich, ob ich Lust hätte, das hier dauerhaft zu machen. Er meinte, sein Angestellter hätte zu viel Stress hier und wäre deshalb krank geworden. Er wollte dich entlasten, dir eine Unterstützung geben.", fing Alex an und ich schluckte schwer. Ja, vermutlich war es anfangs so geplant, doch dann hatte mein Arbeitgeber sicher das Talent für diesen Beruf in Alex gesehen und sich umentschieden, gegen mich. Worüber sonst würde er nur persönlich mit mir reden können?! Gerade wollte ich mich wegdrehen, da hielt er mich am Handgelenk fest. „Ich war noch nicht fertig.", sprach Alex warnend und fuhr daraufhin fort: „Du sollst natürlich hier weiter arbeiten. Mann, der Chef schwärmt doch den ganzen Tag von seinem Zieh-Sohn! Er findet, ohne dich wäre der Laden aufgeschmissen und die eine Woche, in der du nicht da warst, ging es drunter und drüber. Da bin ja sogar ich froh, dass du wieder her kommst!" Bei seinen letzten Worten, huschte kurz ein Lächeln über mein rotes Gesicht. Es war irgendwie ganz niedlich, wenn es so etwas sagte. Vor allem da er es völlig ohne jede Emotion von sich gab, klang es auf eine gewisse Art witzig. „Danke.", gab ich verlegen von mir. Ach Mann, dann hatte ich mich völlig zu Unrecht aufgeregt, wie unangenehm. Ich wandte den Blick ab. Schlimme Worte hatte ich meinem Gegenüber an den Kopf geworfen, dabei hatte ich gar keinen Grund dazu. Eine Welle von Reue überrollte mich sogleich und bereitete mir Bauchschmerzen. Ich hätte nicht so etwas zu Alex sagen sollen. Weder hasste ich ihn oder hielt ich ihn für einen Dieb, im Gegenteil. Seine ernste Art ließ ihn sogar recht seriös wirken, was die Erwachsenen-Kunden sicher freuen würde. Ob Kinder das gut fanden, wusste ich jedoch nicht. „Du Alex, was ich da gesagt hab... Es tut mir leid.", gab ich nun leise von mir, doch traute mich nicht, ihn dabei anzuschauen. „Der Kuss war dein erster, oder?" Ich zuckte überrascht zusammen und verschluckte mich prompt an meiner eigenen Zunge. Wieso kam dieses Thema wieder zu sprechen?! Gerade hatte ich es erfolgreich verdrängt! „J...Ja schon.", gab ich stotternd von mir. „Dann tut es mir leid. Ich wollte dir nicht den ersten Kuss rauben. Muss schlimm für dich sein, vor allem da ich ein Mann bin." Ich sah auf. Was? Nein! Also...", Ich stockte, denn diese Worte hatte meine Gedanken völlig durcheinander gebracht. Was meinte er damit, es täte ihm leid? Was muss einem denn da leid tun?! Bereute er es etwa, es getan zu haben? Aber das sollte er nicht! Ich biss mir auf die Unterlippe und spürte, wie seine Hand mein Gelenk langsam los ließ. „Ich geh wohl besser. Ich wollte wirklich keine Schwierigkeiten bereiten.", sprach Alex leise, doch ich erwiderte nichts. Total durcheinander im Kopf stand ich da, bewegte mich keinen Zentimeter, während Alex seine Jacke holen ging und vorbei zur Eingangstür schritt. Was tat er? Nein, er sollte hier bleiben! Es sollte ihm nicht leid tun und außerdem hatte er sich gar nicht nach Mann angefühlt! Er öffnete die Tür und war gerade dabei den Laden zu verlassen, da legte sich ein Schalter in mir um und endlich, endlich war ich wieder fähig, mich zu rühren. Sofort rannte ich zur Tür und hielt nun ihn am Handgelenk fest. „Warte!", schrie ich schon fast und zog ihn zurück ins Geschäft. Er schien etwas erschreckt, doch war seine Miene dennoch ernst. Was erwartete man auch anderes? „Es soll dir nicht leid tun! Ich fand das gar nicht schlimm!", meinte ich hastig und die Worte überschlugen sich beinah. Da geschah ein wahres Wunder. Wirklich, vergesst die chinesische Mauer, die Pyramiden und den ganzen anderen architektonischen Kram, denn dies hier ist die Wirklichkeit, Menschlichkeit! Tatsächlich geschah es, Alex Mundwinkel zuckten in die Höhe und ein Lächeln bildete sich in seinem Gesicht. Er streckte seine freie Hand aus und wuschelte mir sanft durchs Haar. „Bis morgen, Isaac.", mit diesen Worten verschwand er aus der Tür und ließ einen völlig verwirrten, doch irgendwie glücklichen Mann zurück. Morgen, Montag, würde wirklich ein interessanter Tag werden. Ich freute mich insgeheim, auch wenn ich nicht wusste, was der Chef noch mit mir zu besprechen hatte. Aber jetzt musste ich erst einmal Kai anrufen und ihm von den heutigen Geschehnissen berichten! Da er schwul war, würde er sich sicher nicht daran stören, an wen ich meinen ersten Kuss verloren hatte. Der wird Augen machen!

Liebe?! Lieber nicht! ||Boyslove Yaoi~♡Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt